34. Internationales Wiener Motorensymposium
Ende April diskutierten beim 34. Internationalen Wiener Motorensymposium rund 1.100 Ingenieure über Kraftfahrzeugantriebe aller Art. Schwerpunkte waren Gasmotoren und die Auferstehung des Zweispannungs-Bordnetzes.
Alle zehn Jahre wieder“, kommentierte Symposiumsleiter Prof. Dr. Hans Peter Lenz einen von zwei Vorträgen zum Thema Zweispannungs-Bordnetz. Tatsächlich stellte man die Mitte der 1990er-Jahre begonnene Entwicklung zum Zweispannungs-Bordnetz vor genau zehn Jahren ein. Allerdings kam zur damals vornehmlich elektrisch begründeten Motivation inzwischen ein zweites Motiv hinzu: Hybridantrieb.
Nach wie vor will man für leistungsschwache elektrische Verbraucher an der unteren Ebene mit zwölf Volt Nennspannung festhalten. Die höhere Spannungsebene liegt jedoch nicht mehr bei 42, sondern bei 48 Volt. Die statische Überspannung beträgt maximal 58 Volt, so dass man auch mit dem neuen Zweispannungs-Bordnetz unterhalb von 60 Volt bleibt, dem Schwellwert, über dem bei Gleichspannung Schutzmaßnahmen gegen direkte Berührung erforderlich werden. Eine Übersicht zu den definierten Spannungsbereichen der 48-Volt-Ebene des Zweispannungs-Bordnetzes enthält dieser Beitrag auf Seite 12.
Audi iHEV: „elektrischer Bi-Turbo“
Audi-Entwickler Dr. Michael Kilger stellte in seinem Symposiumsvortrag einen „iHEV 48 Volt“ genannten Antrieb vor: V6-Diesel mit riemengetriebenem Startergenerator als „Mild-Hybrid“, Abgasturbo- und elektrisch angetriebenem Lader („elektrischer Bi-Turbo“), elek-trisch angetriebenem Klimakompressor sowie ebenfalls elektrisch angetriebener Öl-, Kühlmittel- und Vakuumpumpe. Für jede der beiden Spannungsebenen ist ein Akkumulator vorgesehen, zwischen den Spannungsebenen agiert ein bidirektionaler Gleichspannungswandler (DC/DC-Wandler), der Generator ist sowohl auf der Zwölf-Volt- als auch auf der 48-Volt-Ebene denkbar. Das alles ist in einen Audi A7 3.0 TDI quattro eingebaut. (vgl. Grafik auf Seite 12 oben).
Scheinbar wurden die technischen Probleme des ursprünglichen Zweispannungs-Bordnetzes inzwischen gelöst: elektromagnetische (Un-)Verträglichkeit (DC/DC-Wandler), mit steigender Spannung zunehmende elektrochemische Korrosion, erhöhte Kurzschlussgefahr (gegen Masse und gegen die jeweils andere Spannungsebene), Notwendigkeit getrennter Massepunkte für zwölf und 48 Volt (bei Verlust eines gemeinsamen Massepunkts erfolgt für die Zwölf-Volt-Ebene Spannungsverdreifachung und Polungsumkehr) sowie Lichtbogenbildung bei Verbindungstrennung unter Last. Wann ein Fahrzeug mit 48-Volt-Mild-Hybrid serienreif sein könnte, wurde in Wien nicht kommuniziert.
Ein zweites in mehreren Vorträgen des Internationalen Wiener Motorensymposiums anzutreffendes Thema waren Gasmotoren. Zusammenfassung bekannter Argumente: bewährte Technik, zum Teil vorhandene Infrastruktur, größere Gas- als Ölvorräte, Gasvorräte geopolitisch anders verteilt als Ölvorräte. Nach den Worten von Shell-Chefwissenschaftler Dr. Wolfgang Warneke kann das unter Beibehaltung des aktuellen Verbrauchs noch 230 Jahre lang zur Verfügung stehende Erdgas eine Brückentechnologie für die Mobilität der Zukunft darstellen. So stellte Magna Powertrain in Wien ein Forschungsprojekt mit einem serienmäßigen 7,0-Liter-Dieselmotor und handelsüblichen CNG-Komponenten vor, der zündstrahlgeführt Diesel und Erdgas in Kombination verbrennt, wobei die Gaszumischrate maximal 90 Prozent und durchschnittlich 70 Prozent beträgt. Der Motor erfüllt die Abgasnorm EU VI und erreicht signifikante Senkungen von Verbrauch sowie Emissionen, speziell CO2 und Partikel. Diesem Dual-Fuel-Brennverfahren wird für die Zukunft ein beachtlicher Marktanteil im Güterverkehr auf langen Strecken vorhergesagt.
Den Prototypen eines so genannten Vier-Wege-Katalysators (CO, HC, NOx und Partikel in einer Wabenkomponente) stellte BASF in Wien vor. Um dessen volles Potenzial auszunutzen, sei jedoch eine enge Zusammenarbeit zwischen Katalysatorentwicklern, Substratlieferanten und Automobilherstellern nötig, erklärt eine Mitteilung von BASF. Peter Diehl
Leserservice
Seit 1979 trifft sich alljährlich Ende April, Anfang Mai in Wien, was als Entwickler von Automobilantrieben und deren Peripherie bei Automobilherstellern und Zulieferern weltweit Rang und Namen hat. Veranstaltet vom Österreichischen Verein für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK) und vom Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Kraftfahrzeugbau an der Technischen Universität Wien sowie von Beginn an unter Leitung von Prof. Dr. Hans Peter Lenz, diskutieren Ingenieure über aktuelle und künftige Entwicklungen. Das diesjährige 34. Internationale Wiener Motorensymposium mit rund 1.100 Teilnehmern fand am 25. und 26. April im Kongresszentrum der Wiener Hofburg statt. Sämtliche Vorträge des Symposiums sind bereits als so genannte Fortschritt-Berichte VDI in zwei Bänden einschließ-lich CD und Zusatzheften veröffentlicht und über den ÖVK (www.oevk.at) erhältlich.
Neue Serienantriebe
Daimler: 2,0-l-R4-Ottomotor für den Mercedes-Benz A45 AMG und 3,0-l-V6-Ottomotor mit Direkteinspritzung und Bi-Turbo-Aufladung für Mercedes-Benz-Pkw
Deutz: 3,6-l-R4-Dieselmotor
GM: 1,6-l-R4-Dieselmotor
Honda: 1,6-l-R4-Dieselmotor
Nissan: Antriebsstrang des FF Hybrid mit R4-Kompressormotor und E-Antrieb des Leaf, MJ 2013
Porsche: Antriebsstrang des Porsche Panamera S E-Hybrid
Renault: 0,9-l-R3-Ottomotor mit Turboaufladung
Toyota: 2,5-l-R4-Ottomotor für den Hybrid-Antriebsstrang des Lexus IS 300h
VW: R4-Dieselmotor-Baukasten mit EU6-Emissionseinstufung, E-Antrieb des e-up und An- triebsstrang des Golf Plug-in Hybrid