Hybrid-Allrad-Pkw auf Rollenprüfständen
Dritter Verhaltenstest eines Hybrid-Allrad-Pkw mit Verbrennungsmotor an der Vorder- und Elektromotor an der Hinterachse auf einem Funktions- und Leistungsprüfstand. Diesmal stand das neue Sport Utility Vehicle (SUV) Mitsubishi Outlander Plug-in Hybrid auf dem Allrad-Scheitelrollenprüfstand MSR 500/2 von MAHA.
Bei höherem Tempo oder Leistungsbedarf aktiviert das System den Parallelhybrid-Modus ‚Parallel Hybrid Mode‘. In dieser Konfiguration stellt der Benzinmotor aufgrund seiner Effizienzvorteile die Hauptantriebskraft bereit und treibt die Vorderräder direkt über eine Kupplung an“, erklärt der Importeur MMD Automobile GmbH. Das klingt vage und nach kaum möglicher Reproduzierbarkeit des Verhaltens auf dem Funktions- und Leistungsprüfstand. Die Realität auf dem Allrad-Scheitelrollenprüfstand MSR 500/2 von MAHA sah ganz anders aus: ein stets berechenbares und reproduzierbares Verhalten, nerviges Dauerpiepen, zum Teil aus nicht erkennbarem Grund, eingeschlossen. Dazu später mehr. Zunächst zum besseren Verständnis der Aufbau und die Funktion des Hybrid-Allradantriebsstrangs.
Antriebsstrang ohne Kardanwelle
Beim Antriebsstrang, den Mitsubishi als Eigenentwicklung bezeichnet, handelt es sich um einen mechanisch-elektrischen Allrad-Antriebsstrang ohne Verbindung der Achsen, also ohne Kardanwelle. An der Vorderachse sitzen ein Verbrennungsmotor, ein Elektromotor und ein Generator, die Hinterachse hat sich mit einem Elektromotor zu begnügen. Im Detail betrachtet, kommen diese fünf Baugruppen zum Einsatz:
R4-Ottomotor mit 2,0 l Hubraum,
190 Nm und 89 kW vorn rechts
permanent erregter Synchronmotor
mit 137 Nm und 60 kW + Inverter
(Wechselrichter) vorn links
Generator mit 70 kW, auch vorn links
permanent erregter Synchronmotor
mit 195 Nm und 60 kW + Inverter
(Wechselrichter) hinten
Lithium-Ionen-Hochvoltakku mit
80 Zellen, zwölf kWh Kapazität und
300 V Betriebsspannung, positioniert
mittig am Fahrzeugboden
Letzteres schränkt zwar den Innen- und Gepäckraum nicht ein, was den Insassen zugutekommt, wohl aber die Geländetauglichkeit. Die Unterflur-Positionierung des Hochvoltakkus macht aus dem als Sport Utility Vehicle (SUV) bezeichneten Outlander Plug-in Hybrid einen Kombi, der vermutlich bereits auf einer ordentlich nassen Wiese aufsetzt.
Als „Gehirn“ des Hybrid-Allradantriebsstrangs fungiert das Betriebssystem, genannt Mitsubishi innovative Electric Ve-hicle Operating System (MiEV OS). Es unterteilt die Funktion des Antriebsstrangs in die folgenden drei Modi, von denen nur der erste Modus vom Fahrer aktiv angewählt werden kann.
Betriebssystem mit drei Modi
EV Drive Mode: das Fahrzeug wird allein durch die beiden Elektromotoren angetrieben und ist so emissionsfrei unterwegs; die in diesem Modus erreichbare Höchstgeschwindigkeit beträgt 120 km/h, die rein elektrische Reichweite liegt bei 52 km – ein sehr theoretischer Wert (die asp-Redaktion kam auch bei vollem Akku und zurückhaltendster Fahrweise nicht über 38 km hinaus)
Series Hybrid Mode: bei erhöhter Leistungsanforderung, beispielsweise bei Beschleunigungs- oder Überholvorgängen sowie an größeren Steigungen, ebenso im Geschwindigkeitsbereich oberhalb 120 km/h, schaltet das Betriebssystem in diesen Modus, in dem der Verbrennungsmotor über Generator und Hochvoltakku zusätzliche An-triebsenergie zur Verfügung stellt
Parallel Hybrid Mode: in diesem Modus schaltet eine Kupplung den Verbrennungsmotor zu den Vorderrädern durch, wobei die beiden Elektromotoren vorn und hinten bei Bedarf unterstützend wirken und der Verbrennungsmotor einen Teil seines Drehmoments an den Generator abgibt, wodurch der Hochvoltakku geladen wird und was den Wirkungsgrad des Verbrennungsmotors verbessert; wie eingangs erwähnt, soll dieser Modus „bei höherem Tempo oder Leistungsbedarf“ aktiviert werden
Hochvoltakku-Lademöglichkeiten
Nun noch ein paar Worte zu den Lademöglichkeiten des Hochvoltakkus, von denen die folgenden vier bestehen.
Schnellladung mit 400 V: innerhalb von 30 min sollen 80 % der Kapazität erreicht sein, wie lang die vollständige Ladung dauert, bleibt offen
Normalladung an der Haushaltssteckdose (230 V/zehn A): dieser Vorgang soll rund fünf Stunden dauern
aktive Ladung während der Fahrt: mit der „Charge“-Funktion (der Verbrennungsmotor treibt auch den Generator an, der den Akku lädt) werden innerhalb 40 min bis zu 80 % der Kapazität des Hochvoltakkus erreicht (diese Möglichkeit ist notfalls auch auf dem Prüfstand gegeben)
passive Ladung während der Fahrt: im Schiebebetrieb und beim Betätigen der Betriebsbremse wird der Akku per Rekuperation geladen, indem die Elektromotoren zu Generatoren umgepolt werden, die kinetische in elektrische Energie verwandeln (im Schiebebetrieb lässt sich die Rekuperation, ähnlich einem Retarder in Nutzfahrzeugen, in fünf Stufen regulieren)
Power-Box = DC/AC-Wandler
Interessant ist die Möglichkeit, aus dem Hochvoltakku Energie, zum Beispiel für professionelle Gartenwerkzeuge oder den Elektrogrill, zu entnehmen. Hierzu soll demnächst eine so genannte Power-Box (ein DC/AC-Wandler) angeboten werden (vgl. Beitrag „Hausmeisters Liebling“ in asp-Ausgabe 06/2014, Seiten 19 bis 21).
Zum Verhalten auf dem Funktions- und Leistungsprüfstand. Um ein solches Fahrzeug mit modernen Assistenzsystemen testen zu können, muss es zunächst konditioniert werden: genug Kraftstoff im Tank, Hochvoltakku möglichst vollständig geladen, Klimaanlage aus, ebenso Assistenzsysteme, die den Test stören könnten. Im konkreten Fall betrifft das ESP, Adaptive Cruise Control (ACC) und Forward Collision Mitigation (FCM), wo-bei trotz Abschaltung noch eine Restfunktion spürbar war, indem im Kom-biinstrument die Warnung „Bremsen!“ erschien. Eines der beiden Assistenzsysteme – welches, blieb unklar – hatte das Kühlgebläse des Prüfstands als vermeintliches Hindernis erkannt, jedoch ohne aktiv einzugreifen (vgl. Bilder Seiten 12 und 13). Sieht man von diesem verzeih-lichen Detail und einer weiteren, ebenfalls kleinen Unstimmigkeit ab, verhielt sich der Mitsubishi Outlander Plug-in Hybrid stets harmlos und berechenbar. Die zweite Unstimmigkeit bezieht sich auf die Differenz zwischen Theorie und Praxis, die Modi des Betriebssystems betreffend. Die Theorie besagt, dass der Modus „Series Hybrid Mode“ zunächst auch im Geschwindigkeitsbereich oberhalb 120 km/h aktiv ist, um dann „bei höherem Tempo oder Leistungsbedarf“ an den Modus „Parallel Hybrid Mode“ zu übergeben. In der Praxis geschah der Wechsel zum Modus „Parallel Hybrid Mode“ bereits bei exakt 120 km/h, und das nicht nur in einzelnen Fällen, sondern reproduzierbar in jedem Fall. Gut möglich, dass das an der Prüfstandssituation mit erhöhter Leistungsanforderung lag und im normalen Fahrbetrieb eher selten oder gar nicht vorkommt.
Systemleistung: 111,4 kW/151,5 PS
Dass ein Fahrzeug, welches bereits im normalen Fahrbetrieb jede Menge Piepgeräusche von sich gibt, ohne dass sich die fachlich ausgebildeten Insassen das in jedem Fall erklären können, diese Verhaltensweise auf einem Funktions- und Leistungsprüfstand noch verstärkt, muss wohl hingenommen werden.
Der Verlauf des Leistungstests des Allrad-Hybridantriebstrangs ist im Diagramm links erfasst. Bis 120 km/h treiben nur die beiden Elektromotoren das Fahrzeug an, erkennbar an den bereits zuvor abfallenden Kurven für Motor- und Radleistung. Dann schaltet die Kupplung den Verbrennungsmotor direkt auf die Vorderräder, was die nun wieder steigenden Kurven verdeutlichen. Die beiden Elektromotoren wirken noch unterstützend, wodurch an den Rädern eine Systemleistung von immerhin 111,4 kW oder 151,5 PS erreicht wird. Der Importeur gibt keine Systemleistung an.
Fazit: Der Mitsubishi Outlander Plug-in Hybrid lässt sich auf einem Funktions- und Leistungsprüfstand in Allradausführung prüfen. Das gilt wohlgemerkt nicht für die Einachs-Version eines solchen Prüfstands, wie zuvor von der MMD Automobile GmbH zu hören war. Auch die Bremsenprüfung auf einem Einachs-Rollenprüfstand ist freigegeben.
Von allen drei bisher geprüften Fahrzeugen mit Hybrid-Allradantriebsstrang – Lexus RX 400h, Peugeot 3008 Hybrid4 und eben Mitsubishi Outlander Plug-in Hybrid – verhielt sich Letzterer am besten nachvollziehbar und somit am unauffälligsten. Der Lexus war regelrecht bockig und ließ sich nur zweimal beschleunigen, bevor er den Dienst verweigerte. Sein Problem ist der eigene Querbeschleunigungssensor, der das Verharren in einer Position erkennt und als undefinierten Zustand einstuft. Daran konnte auch die Deaktivierung des Fahrdynamikregelsystems VDIM durch Überbrücken der Pins 4 und 12 an der OBD-Steckdose per Break-Out-Box nichts ändern.
Zuschalten des Generators?
Beim Peugeot fiel eine Drehmoment- und Leistungsdelle von 3.100 und 3.600/min auf. MAHA und asp vermuten das Zuschalten des Generators als Ursache. Der Importeur hat die Anfrage nach Frankreich weitergegeben. Peter Diehl