Unternehmen, die ohne ihr Wissen in einen Mehrwertsteuer-Betrug verwickelt sind, können dafür nicht vom Fiskus haftbar gemacht werden. Das entschied das höchste europäische Gericht, der Europäische Gerichtshof (EuGH), in einem am Donnerstag in Luxemburg veröffentlichten Urteil. Das Gericht urteilte, dass Unternehmen ein Recht haben, gezahlte Mehrwertsteuer von der eigenen Steuerschuld abzuziehen, auch wenn es in der Lieferkette zuvor – ohne Kenntnis der Firma – zu einem Mehrwertsteuerbetrug kam. Das Urteil ist wichtig, da es bei diesen Steuerbetrügereien um so genannte Karussellgeschäfte geht, bei denen Waren zwischen EU-Ländern hin- und hergeschoben werden. Nach Schätzungen von Experten entstehen dadurch Schäden für den Fiskus in Europa von jährlich bis zu 100 Mrd. Euro. In der EU sind Lieferungen über die Binnengrenzen umsatzsteuerfrei. Die Art von Betrug, um die es in der Entscheidung geht, besteht laut EuGH in Ketten von Warenlieferungen, an denen ein Händler beteiligt ist, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt. Entweder sei der Händler mehrwertsteuerpflichtig und verschwinde, ohne die Mehrwertsteuer an die Steuerbehörden zu entrichten, oder er verwende eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm nicht gehöre. In Europa wächst inzwischen die Bereitschaft, das Umsatzsteuersystem zu ändern. Deutschland und Österreich befürworten dabei ein Modell, wonach der Steuerschuldner nicht die liefernde, sondern die kaufende Firma ist. (Az.: C-354/03; C-355/03; C-484/03) (dpa/pg)
Unwissenheit bei Mehrwertsteuer-Betrug schützt vor Haftung
EuGH: Fiskus kann Unternehmen, die unwissend in einen Betrugsfall verwickelt sind, nicht belangen