100 Jahre ZDK
Das Deutsche Kraftfahrzeuggewerbe feierte in Berlin mit einem großen Fest das 100-jährige Bestehen seines Verbandes. Trotz festlicher Atmosphäre gab es wehmütige Blicke in die Vergangenheit und manch Bangen in die Zukunft.
Damals hat uns der Hersteller die Autos zugeteilt, und wenn Du dem Außendienstler unangenehm aufgefallen bist, dann hast Du den Käfer eben nur in schwarz bekommen.“ ZDK-Ehrenpräsident Fritz Haberl, der als Präsident von 1978 bis 1990 dem Verband vorstand und in dessen Amtszeit die Fusion von Handwerks- und Handelsverband fiel, hielt nicht viel davon, die Vergangenheit zu verklären. In einer Diskussionsrunde mit Moderator Dieter Moor, bekannt als scharfzüngiger Frontmann des ARD-Magazins Titel, Thesen, Temperamente warnte der ZDK-Ehrenpräsident davor, gerade im Handel die Vergangenheit zu rosarot zu betrachten. Nach Gutsherrenart seien die Hersteller früher oft auch mit der Versorgung bei Ersatzteilen oder technischen Informationen verfahren. Im Publikum veranlasste das einige Zuhörer zu der Anmerkung, dass sich dann ja seit Ende der 50er Jahre im Vergleich zu heute nicht viel geändert habe. Dass gerade die Händler aktuell als Folge der Krise und ständig wechselnder Vertriebsstrategien der Automobilhersteller zu leiden haben, hatte zu Beginn der Veranstaltung schon der amtierende ZDK-Präsident Robert Rademacher angemerkt. Die Branche stehe vor einem gravierenden Strukturwandel, den es aktiv zu begleiten gelte, beispielsweise mit neuen Geschäftsmodellen im Vertrieb, die nicht ausschließlich auf Stückzahlen um jeden Preis ausgerichtet seien.
Lachendes und weinendes Auge
Seine Vorstandskollgen Wilhelm Hülsdonk und Ulrich Fromme präsentierten sich denn auch als lachendes und weinendes Auge des ZDK. Wilhelm Hülsdonk hatte gut lachen, weil auch im Jubiläumsjahr das Servicegeschäft trotz Abwrackprämie stabil ist und den Betrieben den nötigen Ertrag zum Überleben in die Kassen spült. Darum warnte er eindringlich davor, Service- und Reparaturarbeiten zu verschleudern. Flatratres, bei denen Reparaturleistungen, Versicherungen, Garantien etc. inkludiert sind, seien Gift für die Wertigkeit der Servicearbeiten insgesamt und für die wichtigste Ertragsstütze im deutschen Kfz-Gewerbe. Wohin das Eingreifen der Hersteller führe, könne man aktuell im Neuwagenhandel beobachten. Da mochte ihm sein Kollege Ulrich Fromme nicht widersprechen. Er repäsentierte am Jubiläumsabend das weinende Auge des ZDK und sparte trotz der feierlichen Stunde nicht mit Kritik an der Vertriebspolitik mancher Automobilhersteller.
Dabei nahm er den anwesenden Ehrengast Dr. Matthias Wissmann, ehemaliger Bundesverkehrsminister und aktueller Präsident des Verbands der Deutschen Automobilindustrie (VDA) beim Wort. Den hatte Moderator Dieter Moor zuvor in seiner Moderation nämlich samt VDA irrtümlich unter das Dach des ZDK eingeordnet. Statt den Fehler zu korrigieren, behauptete Wissmann zu Beginn seiner Grußworte, gut damit leben zu können, unter dem Dach des ZDK eingeordnet zu sein, mit dem sein Verband, der VDA, eine enge Partnerschaft verbinde.
Eine Aussage, die er möglicherweise noch bereuen wird, denn nicht nur Ulrich Fromme, sondern auch ZDK-Präsident Rademacher nahm Wissmannns Worte auf und versprach, den Umgang der Automobilhersteller mit ihren Händlern in den nächsten Wochen und Monaten genau auf Partnerschaftlichkeit überprüfen zu wollen.
Bankenschelte vom Minister
Ähnlicher Aufmerksamkeit darf sich künftig auch der neue Wirtschaftsminister Rainer Brüderle sicher sein. Er outete sich beim ZDK als bis in die Wolle gefärbter Mittelständler, verteufelte Subventionen und Staatsgelder für taumelnde Firmen wie Opel, O-Ton: „Freibier macht durstig“, und versprach, sich in seinem Regierungsamt für die Belange der Mittelständler einzusetzen. Eines seiner wichtigsten Anliegen, das aber wohl keine Chance auf Verwirklichung hat, sei die Abschaffung der Erbschaftssteuer. „Die Amerikaner nennen sie die Todessteuer. Ein treffender Name, denn alles, was vererbt wird, wurde schon zigfach besteuert“, so Brüderle.
Hart ins Gericht ging der Wirtschaftsminister mit den Banken. Es könne nicht angehen, dass die Europäische Zentralbank 500 Mrd. Euro für ein Prozent verleihe und die Geschäftsbanken, statt das Geld in Form von Krediten in den Wirtschaftskreislauf zu pumpen, in gut verzinste Staatsanleihen investieren, um mit den Gewinnen ihre eigenen Bilanzen aufzupolieren.
Ganz machtlos sei die Politik angesichts der restriktiven Kreditvergabepolitik der Banken nach Meinung des Wirtschaftsministers aber nicht. „Wenn die Banken auf Dauer nicht mitspielen, müssen wir im Extremfall für einen befristeten Zeitraum das Hausbankprinzip außer Kraft setzen. Dann können Mittelständler direkt Mittel zum Beispiel bei der Kfw-Bank beantragen“, so Brüderle.
Auch Dr. Volker Lange, Präsident des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller e.V. (VDIK), nutzte seine Gastrede zum ZDK-Jubiläum nicht nur zur Überbringung von Glückwünschen. Auch er übte Kritik an den aktuellen Kreditvergabepraktiken der Banken. Die mache auch seinen Verbandsmitgliedern schwer zu schaffen und es sei geradezu hanebüchen, dass die Banken bei der Kreditvergabe heute eine übertriebene Sorgfalt an den Tag legen, die sie in den letzten Jahren bei ihren Investmentgeschäften sträflich vernachlässigt hätten.
Otto Kentzler schließlich, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks e. V., freute sich darüber, dass nicht nur der ZDK, sondern offensichtlich auch der VDA unter das Dach seines Verbands gehören.
Würdige Jahrhundert-Feier
Er bedankte sich beim Wirtschaftsminister für seine in der Rede geäußerte Absicht zur Mittelstandsförderung. In Brüssel, etwa im Rahmen der aktuellen GVO-Verhandlungen, könne er diese aktiv betreiben, indem er dem Kfz-Gewerbe zu den Freiheiten verhelfe, die er zuvor in seiner Rede so nachhaltig gefordert habe.
Außer Politik gab es in Berlin auch eine Zeitreise in Bildern durch ein Jahrhundert Kfz-Gewerbe, die den Wandel und die wachsenden technischen Herausforderungen zeigten. Humoristisch begleitet wurde das in fünf Abschnitte eingeteilte Kfz-Jahrhundert vom Springmaus-Theater aus Bonn und der A-Capella-Gruppe 6-Zylinder aus Münster.
Bereits am Vortag des Jubiläumskongresses hatte in Berlin die 37. Bundesfachtagung des Deutschen Kfz-Gewerbes stattgefunden, bei der erstmals in der Geschichte des Verbands mit Ulrich Fromme ein Vertreter des Handels eine Rede hielt. fs
Unter www.100-jahre-kfzgewerbe.de
können Sie sich selbst noch einmal auf die Zeitreise begeben.
- Ausgabe 12/2009 Seite 71 (338.2 KB, PDF)