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Streitfalle Urlaub

19.03.2021 11:00 Uhr
Streitfalle Urlaub

Das deutsche Urlaubsrecht ist maßgeblich geprägt vom Einfluss des Europarechts. Daher gab es in den letzten Jahren zahlreiche Änderungen. Ein Überblick zu den aktuellen Regelungen von der Kanzlei RAW Partner.

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Die Corona-Krise hat in vielen Betrieben Fragen, insbesondere zum Thema Betriebs- und Zwangsurlaub, aufgeworfen. Daher möchten wir Ihnen im Folgenden einen Überblick über die aktuellen Grundlagen geben:

Mindesturlaub

Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf 24 Tage bezahlten Urlaub. Das Gesetz geht von einer Sechs-Tage-Woche aus, sodass der Mindesturlaub bei einer Fünf-Tage-Woche 20 Arbeitstage beträgt (§ 3 Abs. 1 BUrlG). Schwerbehinderte Arbeitnehmer erhalten bei einer Fünf-Tage-Woche fünf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr. Jugendliche haben - gestaffelt nach ihrem Alter - zwischen 30 und 25 Tage Urlaub (§ 19 Jugendarbeitsschutzgesetz).

Urlaub bei Teilzeit

Bei Teilzeitbeschäftigten richtet sich der Urlaub nach der Anzahl der wöchentlichen Arbeitstage und berechnet sich nach der Formel 24/6 x Anzahl der Arbeitstage = Mindesturlaub.

Teilurlaub

Besteht das Arbeitsverhältnis im Eintrittsjahr weniger als sechs Monate, erhält der Arbeitnehmer für jeden vollen Beschäftigungsmonat 1/12 seines Jahresurlaubs (Zwölftelungsprinzip). Der Jahresurlaub wird auch gezwölftelt, wenn das Arbeitsverhältnis nicht länger als sechs Monate besteht. In dem Jahr, in dem das Arbeitsverhältnis endet, gilt ebenfalls das Zwölftelungsprinzip, wenn der Arbeitnehmer in der ersten Hälfte des Kalenderjahres ausscheidet.

Der Jahresurlaub wird nur in den gesetzlich genannten Fällen geteilt. Im Umkehrschluss heißt das, dass bei einem Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte der volle Urlaubsanspruch gewährt werden muss. Es gibt nur ganze Urlaubstage. Bruchteile, die mindestens einen halben Tag ergeben, werden aufgerundet. Der volle Urlaubsanspruch entsteht erstmals nach sechs Monaten seit Beginn des Arbeitsverhältnisses (§ 4 BUrlG). Ist die Wartezeit von sechs Monaten erfüllt, muss der Arbeitgeber den Urlaub gewähren, sofern dem nicht betriebliche Gründe entgegenstehen.

Keine Erstattung von Urlaub

Wer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits mehr Urlaubstage genommen hat, als ihm zustehen würden, muss für die zu viel genommenen Tage weder Arbeit nachholen noch eine Entgeltkürzung hinnehmen.

Auszahlung des Urlaubs

Urlaub dient der Erholung. Deshalb ist der Urlaubsanspruch ein Naturalanspruch, auf den der Arbeitnehmer nicht verzichten kann. Auch eine Auszahlung in Geld ist unzulässig. Eine Urlaubsabgeltung ist nur vorgesehen, wenn Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr genommen werden kann. Die Berechnung erfolgt nach dem gleichen Prinzip wie beim Urlaubsentgelt.

Urlaubsentgelt

Die Vergütung während des Urlaubs (Urlaubsentgelt) bemisst sich nach dem Gehalt der letzten 13 Wochen. Berechnungsformel bei einer Fünf-Tage-Woche: Gesamtverdienst der letzten 13 Wochen/65 Tage = Lohnanspruch pro Tag in Euro. Dieser Euro-Betrag wird dann mit der Anzahl der Urlaubstage multipliziert.

Urlaubsgeld

Das Urlaubsgeld ist eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers (Gratifikation). Eine solche Vergütung ist grundsätzlich nur zu gewähren, wenn sie vereinbart ist oder ein anzuwendender Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung die Zahlung vorsieht. Ein Anspruch kann sich auch aus betrieblicher Übung ergeben.

Urlaubsansprüche in Elternzeit

Der Arbeitgeber darf nach vorheriger Ankündigung (vor oder während der Elternzeit) den Urlaub für jeden vollen Monat Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Sollte das Arbeitsverhältnis nach der Elternzeit beendet werden, kann die Kürzung nur vor der Beendigung erklärt werden.

Krankheit im Urlaub

Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubs, darf die Zeit der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Urlaub angerechnet werden.

Verfall des Urlaubs

Früher galt: Urlaub, der bis zum Jahresende oder bei Übertragung bis zum 31.03. des Folgejahres nicht genommen wird, verfällt ersatzlos. Nach neuer Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) darf der (Mindest-)Urlaubsanspruch nur noch verfallen, wenn die Arbeitnehmer rechtzeitig schriftlich informiert wurden, dass der Urlaub bis zum 31.12. bzw. bis zum 31.03. genommen werden muss, da er ansonsten erlischt. Beweispflichtig ist der Arbeitgeber.

Urlaub verfällt neuerdings nicht mehr bei Dauererkrankungen, es gibt aber eine Obergrenze: Nach gefestigter Rechtsprechung verfällt der gesetzliche Urlaubsanspruch spätestens 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres.

Urlaubsverfall und Verjährung

Die Hinweispflicht des Arbeitgebers umfasst auch den Urlaub aus Vorjahren. Ob es unionsrechtskonform ist, dass in solchen Fällen der Urlaubsanspruch der gesetzlichen Verjährung unterliegt, soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) klären. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dem EuGH diese Frage vorgelegt, die Entscheidung steht noch aus.

Betriebsferien

Betriebsferien dürfen nur unter Einhaltung einer angemessenen Ankündigungsfrist vom Arbeitgeber angeordnet werden, üblicherweise vor Beginn des Urlaubsjahres, damit sich die Arbeitnehmer darauf einstellen können.

Die Rechtsprechung verlangt zudem, dass nicht der gesamte Urlaub für Betriebsferien verplant werden darf. Die Beschäftigten müssen vielmehr einen wesentlichen Teil ihrer freien Tage übrig behalten, den sie nach den eigenen Bedürfnissen verplanen können. Genaue Quoten gibt es nicht, das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat aber bereits entschieden, dass drei Fünftel des regulären Urlaubs für Betriebsferien verplant werden dürfen.

Es ist unzulässig, Arbeitnehmern, die im ablaufenden Jahr keinen Urlaubsanspruch mehr haben, Betriebsferien auf den Urlaubsanspruch des kommenden Jahres anzurechnen. Der Anspruch ist an das jeweilige Urlaubsjahr gebunden (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG).

Wenn es im Unternehmen einen Betriebsrat gibt, muss dieser beim Thema Betriebsurlaub mitbestimmen.

Zwangsurlaub in der Krise

Wünsche der Arbeitnehmer sind bei der Urlaubserteilung zu berücksichtigen, soweit dringende betriebliche Belange nicht entgegenstehen. Arbeitgeber können daher auch in der Corona-Krise Urlaub nicht einfach einseitig festlegen.

Die kurzfristige Anordnung einer Betriebsschließung unter Gewährung von (Zwangs-)Urlaub dürfte in der aktuellen Situation schon an der Ankündigungsfrist scheitern. Auch wenn Gerichte in der aktuellen Krisensituation möglicherweise kürzere Fristen als "angemessen" ansehen, sollten Arbeitgeber beim Thema Urlaub sinnvollerweise auf einvernehmliche Lösungen setzen.

Kommentar

Das Urlaubsrecht in der Bundesrepublik Deutschland richtet sich nach dem Bundesurlaubsgesetz. Dieses Gesetz regelt Mindestbedingungen für Arbeitnehmer und ist insoweit unabdingbar. Da es sich lediglich um Mindestvorgaben handelt, sehen Einzelarbeitsverträge oder Tarifverträge für Arbeitnehmer oft günstigere Regelungen vor. Generell ist zu konstatieren, dass durch den EuGH die deutsche höchstrichterliche Rechtsprechung der Arbeitsgerichtsbarkeit in den letzten Jahren schon des Öfteren verworfen wurde. Es ist davon auszugehen, dass weitere revolutionäre Urteile des EuGH folgen werden.Maximilian Appelt Rechtsanwalt Steuerberater www.raw-partner.de

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