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Prüfungsangst

23.03.2012 12:02 Uhr

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Serviceberater Serie Teil 5

Die Direktannahme gleicht häufig einer Prüfungssituation, bei der der Kunde die gnadenlose Zustandsbeschreibung und Fehleranalyse seines Fahrzeugs ertragen muss. Die Bewertung gipfelt in einem wenig positiven Reparaturauftrag – doch es geht auch anders.

Können Sie sich noch an die alten Zeiten erinnern, als es die gefürchteten TÜV-Prüfer gab? Die Herren, die mit dem großen Schraubenzieher oder gar dem Montiereisen bewaffnet dann tief in die Eingeweide des rostigen Schwellers vorstießen und einem mit einem lauten „total faul“ mitteilten, dass man sich das mit der Plakette abschminken könne. Es war die Zeit, als der Vater mit dem Parken in der Einfahrt signalisierte, wie die Prüfung gelaufen ist. Vorwärts – Plakette. Rückwärts – kein Urlaub, da Reparatur!

Selbst wer das nicht erlebt hat, kann sich sicher vorstellen, wie sich Menschen in solchen Situationen fühlen: Völlig hilflos! Nicht ganz so schlimm, aber eben immer noch beprüft, fühlen sich Kunden, die ihr Fahrzeug in der Direktannahme erleben. Welches der Serviceberater mit Klemmbrett und Checkliste bewaffnet umrundet und Häkchen macht, etwas notiert, prüfende Blicke entlang des Fahrzeugs wirft, die Taschenlampe zückt und ganz genau hinschaut, was denn da wohl locker ist oder nicht mehr den Regeln entspricht. Eine solche Vorgehensweise provoziert beim Kunden einen deutlichen Adrenalinausstoß. Er wartet quasi auf das Urteil. Ein solcher Gemütszustand bei unseren Kunden ist eine schlechte Grundlage, über Geld zu verhandeln.

Meister, zieh den Kittel aus

Wie war das noch mit der Direktannahme: Die soll das Vertrauen des Kunden stärken. Sie soll dem Kunden die Entscheidung erleichtern, einen Auftrag zur Instandsetzung seines Fahrzeuges zu erteilen. Dafür ist es aber zunächst notwendig, wenn der Kunden im Serviceberater keinen Prüfer sieht, dessen Aufgabe es ist, ganz bestimmt was zu finden. Der Serviceberater muss es schaffen, Vertrauter des Kunden zu sein. Dazu zieht er am besten als Allererstes mal den Kittel aus. Denn ein Kittel, das ist noch das gelebte „Ich weiß besser Bescheid als du“. Das ist die geforderte Ehrerbietung und das damit eingeforderte Folgen der Ratschläge des Serviceberaters. Im Kern alles Schnee von gestern. Vielmehr muss sich heute der Serviceberater darüber Gedanken machen, was der Kunde denn in Bezug auf die Werkstatt assoziiert. Welche Gedanken gehen dem Kunden durch den Kopf, wenn er an Werkstatt denkt. Doch zunächst einmal immer Kosten, Verzicht, Aufwand und vielleicht auch Ärger. Das alles sind Ansichten, die ein Serviceberater ihm nicht nehmen kann. Aber – er kann durch sein Verhalten dafür sorgen, dass der Kunde durch die Nutzung der Direktannahme zu der Erkenntnis kommt, dass der Serviceberater auch dafür sorgt, dass es nicht zu teuer wird, dass der Verzicht möglichst klein ausfällt, der Aufwand gering und Ärger gänzlich ausbleibt. Daher sollte der Ser-viceberater sich eben nicht durch die Insignien eines Meisters wie Kittel und drei Kugelschreiber vom Kunden unterscheiden.

Checkliste gemeinsam ausfüllen

Als außerordentlich wirksam hat es sich erwiesen, die Checkliste während der Begutachtungsrunde um das Fahrzeug einfach wegzulassen und mit dem Kunden vielmehr über die Vorzüge des Fahrzeugs zu sprechen. Ob es nun sehr gepflegt ist oder für seine Laufleistung noch gut in Schuss, ist für die zu erzielende Wirkung völlig unerheblich. Und selbst wenn das Fahrzeug als Firmenwagen einen total geschundenen Eindruck macht. Dann „kann der was ab“ oder „der ist sein Geld wert“. Der Kunde hört wie wir alle nun mal gerne ein Lob über seinen Besitz oder über sein Verhalten. Und die Mängel, die man entdeckt, die kann man kurz im Gespräch erörtern und sie sich dann merken. Und dann, wenn die Runde um das Fahrzeug beendet ist, dann geht der Serviceberater gemeinsam mit dem Kunden zu einem Stehpult in der Direktannahme, auf dem die Checkliste liegt. Hier geht er mit dem Kunden gemeinsam die Checkliste durch und kommentiert jeden Haken für einen positiven Prüfpunkt mit einem lauten und deutlichen „In Ordnung“. Kein Fahrzeug ist so schlecht, als dass da nicht eine ganze Menge positiver Punkte zusammen- kommen. Es geht in erster Linie darum, dem Kunden zu zeigen, dass sein Auto im Großen und Ganzen und in Abhängigkeit seines Einsatzes in Ordnung ist. Das schafft Vertrauen. Das lässt den Kunden entspannen, da ja das Urteil scheinbar dann doch nicht so verheerend ausfällt. Verkaufen Sie dem Kunden erst das, was in Ordnung ist. Es tut gut und kostet ihn kein Geld. Wieso sollte er das nicht mögen?

Wunsch nach Vollkommenheit

Gehen Sie dann erst dazu über, die festgestellten Mängel zu benennen. Der Kunde wird merken, dass es im Verhältnis zu den positiven Punkten gar nicht so viele sind. Auf der Checkliste wird das dann sehr bildhaft deutlich. Und wenn der Kunde erst mal sieht: Da sind zwei oder drei Punkte, die nicht in Ordnung sind, dann entwickelt er den Wunsch, dass auch diese Punkte repariert werden sollten, damit das Fahrzeug wieder rundherum in Ordnung ist. Lassen Sie ihn die Frage stellen, was die Behebung denn kosten werde und sagen Sie erst dann einen Preis.

Wenn wir stattdessen direkt auf dem Auftrag nur die Punkte auflisten, welche nicht in Ordnung sind, dann bekommt der Kunde diese negative Grundeinstellung, die ihn nachher die Rechnung nicht toll finden lässt. Wenn also der Kunde jetzt den Wunsch hat, dass die festgestellten Mängel behoben werden sollten, erst dann werden diese auf dem Auftrag übernommen. So bekommt der Kunde mit, wie aus der Befundung und seinem Wunsch nach Reparatur der Auftrag wird, den er dann unterschreibt. Unter diesen Voraussetzungen beginnt die Rechnungserläuterung mit der Direktannahme-Checkliste!

Georg Hensch

▶ Die Direktannahme rein auf die Fehlersuche zu beschränken, fördert beim Kunden negative Assoziationen

▶ Der Serviceberater hat es in der Hand, ob der Kunde die Direktannahme als Fluch oder Segen empfindet

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