Werkstattsoftware
Das Einlernen in ein neues System, die anstehende Datenübernahme sowie die finanzielle Investition lassen jedoch manchen Anwender vor einem Umstieg auf ein neues DMS zurückschrecken. Denn der Mehrwert eines DMS lässt sich nicht auf den Cent genau errechnen, sondern liegt in der neuen Leistungsstärke, zusätzlichen Informationen, besserem Handling sowie besseren Vernetzungsmöglichkeiten. „DMS werden erst gewechselt, wenn eine andere Fahrzeugmarke bedient werden muss oder wenn Handlungsbedarf aufgrund von Kostendruck besteht“, so Wolfgang Börsch, Vorsitzender des ASA-Arbeitskreises Software & Dienstleistungen, der zur Zeit aufgrund des letztgenannten Grundes eine hohe Wechselwilligkeit bei Autohäusern und Werkstätten sieht.
Prozessoptimierung
Harald Pfau, Geschäftsführer der Werbas AG, stellt fest, dass die Kunden derzeit bei Vergleichen zwischen den einzelnen DMS-Anbietern die Kosten der einzelnen Systeme sowie Wartungs- und Servicekosten oft in den Vordergrund für die Entscheidung eines Systemwechsels stellen. Dabei können schon scheinbar kleine Funktionen eine große Wirkung in puncto Arbeitsentlastung in Werkstatt und Autohaus haben. So wie die SMS-Benachrichtung des Kunden nach der Reparatur. Wie häufig kommt es vor, dass ein Fahrzeughalter telefonisch nicht sofort erreicht wird? Mehrmaliges Anrufen aber bindet Ressourcen, die bei dem Versand einer schnellen SMS aus dem DMS heraus wieder für andere Aufgaben genutzt werden können. Und der Kunde ist schnell und unaufdringlich informiert. Auch an den anstehenden Werkstatttermin kann so schnell erinnert werden. Kein Wunder also, dass die DMS-Anbieter zunehmend diese Funktion in ihre Systeme integriert haben. Der Einsatz dieser scheinbar kleinen Funktion benötigt aber eine Prozessoptimierung innerhalb des Betriebs. Denn nur, wenn die Handynummer auch im DMS hinterlegt ist, kann der Kontakt zum Kunden auf diesem Weg hergestellt werden.
Auch bei der Neu- bzw. Altkundenakquisition kann ein ausgereiftes DMS eine gute Unterstützung bieten. So sollten freie Werkstätten ihre Altkunden, die im Rahmen der sogenannten Abwrackprämie Neuwagen erworben haben, nicht gleich verloren geben. Denn es ist anzunehmen, dass ein großer Teil von ihnen den bisherigen Service in ihrer freien Werkstatt zu schätzen wusste. Wieso sollte man diese Kunden also nicht mit gezielten Angeboten zu Winterreifen, Reifeneinlagerung oder durch sonstige attraktive Service-, Aktions- und Zubehörangebote weiterhin an die eigene Werkstatt binden? Basis dafür ist eine detaillierte Auswertung der Kunden- und Fahrzeugdaten, wobei CRM-Funktionen im DMS ein gutes Werkzeug sind.Voraussetzung dafür sind allerdings auch hier gut gepflegte Daten im Unternehmen und die Bereitschaft, Prozesse zu überdenken. Das Thema DMS wird von Werkstatt zu Werkstatt, von Autohaus zu Autohaus höchst unterschiedlich gehandhabt. Von manchen als bessere Schreibmaschine verstanden, wissen andere das Potenzial eines guten DMS zu schätzen. Immerhin ergab eine aktuelle Umfrage der puls Marktforschung GmbH unter 300 Werkstatt- und Autohausunternehmern, dass 59 Prozent der befragten Betriebe sich tiefer gehende Schulungen bzw. bessere Schulungsangebote von ihren DMS-Anbietern wünschen.
Ohne Schulung kein Erfolg
Doch stellen viele DMS-Anbieter eine Diskrepanz zwischen Wunsch und Praxisalltag fest. Denn gerade an Schulungen für die Mitarbeiter werde noch häufig gespart. So mangelt es laut Wolfgang Börsch in vielen Betrieben bei den Mitarbeitern am Basiswissen. Und es bringe wenig, wenn die Führungsetage alle relevanten Zahlen zuverlässig aus dem System ziehen und auswerten kann, wenn der Mitarbeiter im Lager einen negativen Lagerbestand führt.
Auch Harald Pfau bemängelt, dass Kunden, die wechseln wollen, häufig sehr wenig Geld für Schulungsmaßnahmen ausgeben und somit die DMS in ihrem Nutzen und Leistungsumfang gar nicht ausreichend und sinnvoll zur organisatorischen Verbesserung genutzt werden können. „Hierzu sollten die Einsatzmöglichkeiten der bestehenden Software zuerst optimiert werden“, rät Pfau. Derzeit bieten DMS-Hersteller zunehmend Miet- statt Kauflösungen an. Denn einen monatlichen Mietpreis können sich Werkstätten in der Regel eher leisten als eine Einmalanschaffung mit hohen Lizenzkosten. Auch kleinere Lösungen werden unter diesem Aspekt weiter auf den Markt gebracht. So bietet Betzemeier jetzt mit WerWiSmart ein kompaktes Dealer-Management-System als Einstiegslösung für kleinere bis mittlere markengebundene Autohäuser sowie freie Werkstätten. Laut DMS-Anbieter sind in dieser mehrmarken- und filialfähigen Lösung sämtliche für die grundlegenden Prozesse notwendigen Software-Tools im Standard-Umfang vorhanden.Das Thema Mehrmarken- und Firmenfähigkeit gehört mittlerweile zum Standard. Generell ist es so, dass Daten zwischen den Systemen nur begrenzt hin- und her geschoben werden können. Meist werden Auswertungen über Auswertungs- oder Controllingtools zur Konsolidierung der Unternehmenszahlen genutzt. Dafür haben mehrere DMS-Anbieter Lösungen in ihrem Produktportfolio. So bietet beispielsweise Freicon aktuell unter anderem ein internetbasiertes CRM mit Anbindung an jedes DMS – von Marketingaktionen in Presales über Verkäuferaktivitäten bis zu Aftersales-Aktionen, Internetseite, Kontaktformulare und Reporting. Auch das Management-Informationssystem ist laut Unternehmen jetzt für alle DMS verfügbar. „Dies ist besonders für Gruppenbetriebe wichtig, die verschiedene DMS-Systeme einsetzen, die aber ein übergreifendes Business-Intelligence-Tool nutzen wollen“, so Freicon.
Dauerbrenner Vernetzung
Der Datenaustausch zwischen verschiedenen Systemen ist und bleibt also weiterhin Thema, wie das Bestreben im ASA Arbeitskreis Software & Dienstleistungen um ADAM zeigt (siehe Kasten). Dass es mit asanetwork eine Möglichkeit gibt, Werkstattgeräte mit der DMS zu vernetzen, war allerdings 23 Prozent der von Puls befragten Betrieben unbekannt. „Bei den Markenwerkstätten ist der Bekanntheitsgrad von Marke zu Marke unterschiedlich“, erklärt Peter Rehberg, Geschäftsführer der asanetwork GmbH. Die Problematik besteht laut Rehberg darin, dass das asanetwork über keine eigene Vertriebsorganisation verfügt und die Fachgroßhändler für Teile und Werkstattausrüstung sich nicht nur mit der Vermarktung schwertun, sondern immer noch bei den Markenwerkstätten schwach vertreten sind.
Dass die Herausforderungen an den einzelnen Kfz-Reparaturbetrieb mit der technischen Vielfalt und Weiterentwicklung in Kraftfahrzeugen erheblich gestiegen sind sowie ein steigender Wettbewerbsdruck innerhalb des Kfz-Servicemarktes vorliegt, ist laut Bernhard Strauch, Geschäftsführer der Stahlgruber GmbH unstrittig. Auch nach seiner Meinung bilden DMS einen unverzichtbaren Bestandteil zur effizienten Bewältigung des Tagesgeschäfts im modernen Kfz-Betrieb. Dies gelte besonders für das freie Reparaturgewerbe, das sich immer mehr gegen gezielte Kundenbindungsmaßnahmen der Automobilhersteller durchsetzen muss.
Mehrwert betrachten
„Mit den erhöhten Anforderungen in den Betrieben steigen die Ansprüche an den Werkstattpartner in vielen Teilbereichen der Zusammenarbeit“, weiß Strauch. Im Mittelpunkt stehe deshalb, die Kfz-Betriebe zu unterstützen, deren Geschäftsabläufe zu standardisieren, um Aufwand und Kosten zu verringern oder auf niedrigem Niveau zu halten. Gleichzeitig ermöglichen entsprechende DMS dem Werkstattinhaber den Service seinen Kunden gegenüber weiter auszubauen und mit zusätzlichen Geschäftsfeldern, wie zum Beispiel dem Transportergeschäft, den eigenen Betrieb zu stärken.
Neben den stetigen Aktualisierungen und Neuschaffungen von Schnittstellen versuchen einige DMS-Anbieter ihren Kunden durch Partnerschaften mit anderen Unternehmen einen zusätzlichen Mehrwert zu bieten. Vor der Entscheidung für ein neues System ist es deshalb sinnvoll, sich ausführlich beraten zu lassen und sich mit Kollegen über ihre Praxiserfahrungen mit dem potenziellen neuen System auszutauschen. Denn aufgrund einer Demoversion kann das gesamte Dienstleistungsspektrum kaum erfasst werden. Konsequenterweise bieten deshalb immer weniger EDV-Unternehmen eine solche Möglichkeit an. Claudia Kreller
EDV-Umfrage
Systeme im Überblick
Welches System ist für welchen Betrieb das richtige? Sich einen Überblick über die im Markt bestehenden Systeme zu verschaffen, ist nicht einfach. Deshalb hat asp wieder eine umfangreiche Umfrage unter den DMS-Anbietern gemacht, und deren Leistungsumfang erfragt. Die Ergebnisse u. a. von ASC, Attribut, Beracom, Betzemeier, cps, Freicon, KSR, Loco-Soft, MEC, Müßner EDV, PG EDV, Vaps, Vergölst, Weiß-Blau EDV, Werbas sowie den Teilehandelsorganisationen Centro, Coparts, Hans Hess Autoteile und Stahlgruber finden Sie unter www.autoservicepraxis.de/dms
Interview mit Wolfgang Börsch
Schnittstellen im Fokus
Die Aktualisierung und Entwicklung von Schnittstellen bleibt Kernthema für die Anbieter von Dealer Management Systemen (DMS), so Wolfgang Börsch. asp sprach mit dem Vorsitzenden des Arbeitskreises „Software & Dienstleistungen“ im Bundesverband der Hersteller und Importeure von Automobil-Service Ausrüstungen e. V. (ASA) über zukünftige Herausforderungen der DMS-Anbieter und den aktuellen Stand bei der Autohaus-Daten-Austausch-Methode (ADAM).
Herr Börsch, bei unserem letzten Gespräch verwiesen Sie darauf, dass der Wildwuchs der Schnittstellen das größte Problem für DMS-Anbieter und -anwender ist. Hat sich daran mittlerweile etwas geändert?
Leider nein. Aus diesem Grund sind wir weiterhin bemüht, das 2007 von unserem ASA-Arbeitskreis initiierte Projekt ADAM schnell voranzubringen. Nicht nur für die DMS-Anbieter würde dann vieles einfacher. Auch die Autohäuser könnten schneller untereinander Daten austauschen. Wir wollen mit ADAM eine lizenzfreie, einfache und schnell zu implementierende Schnittstelle zum Austausch – insbesondere von Rechnungen – zwischen verschiedenen Autohäusern und Dealer Management Systemen bieten. Ziel von ADAM ist, per Datei Rechnungsdaten von Autohaus zu Autohaus transportieren und die Rechnungsinhalte im Zielsystem automatisch verarbeiten zu lassen. Auch ein Umsteigen von einer DMS auf eine andere wäre für den Anwender durch diese Datenübernahmemöglichkeit um vieles einfacher.
Wie ist der aktuelle Stand von ADAM?
Unser neutrales Datenformat ADAM wurde mittlerweile ins Englische übersetzt, da die Schnittstellentechnik auch für ausländische Firmen nutzbar und verständlich sein soll. So plant der Automobilimporteur SsangYong Deutschland seine Garantieeinreichung darüber abzuwickeln. Allerdings hatten wir gehofft, dass sich mehr DMS-Anbieter beteiligen würden. Jedoch meinen manche Softwarelieferanten, das Umsetzen der Daten in XML sei zu kompliziert. Eine Angst, die aus meiner Sicht unbegründet ist. Wir sollten hier gemeinsam agieren.
Steigen die Anforderungen von Fahrzeugherstellern an die DMS?
Ja. Eine weitere Herausforderung sind die zunehmenden Anforderungen der Fahrzeughersteller bzgl. der Daten ihrer Händler- und Servicebetriebe. Die Hersteller fordern über die DMS quasi durch die Hintertür immer mehr, auch kundenbezogene, Daten der Betriebe und gewinnen zunehmend mehr Einblick in die Betriebe. Dies verlangt nicht nur einen großen Programmieraufwand, den manche DMS-Anbieter nicht mehr kostendeckend anbieten können. Darüber hinaus birgt dies aber auch eine Gefahr für die Autohäuser und Werkstätten. Denn teilweise haben diese Informationen sogar Auswirkungen auf eine Vertragsverlängerung mit dem Autohaus bzw. Servicebetrieb.
- Ausgabe 1/2010 Seite 51 (462.8 KB, PDF)