Videoüberwachung
Unternehmer, die genauer wissen wollen, ob sich Mitarbeiter oder Fremde am Betriebsvermögen zu schaffen machen, greifen zu Videoüberwachungsmaßnahmen. Die Technik hierfür ist heute schnell und günstig installiert, rechtlich ist die Situation dagegen weit weniger simpel.
Videoüberwachung ist ein effektiver und naheliegender Weg, sich vor Straftaten zu schützen und Mitarbeiter zu überwachen. Überwachungssysteme sind preisgünstig zu bekommen und daher inzwischen häufig auch in kleineren Kfz-Betrieben anzutreffen. Dabei gerät schnell außer Acht, dass die rechtliche Dimension der Videoüberwachung komplex ist und Fehler empfindliche Folgen haben können. Für Unternehmer beginnen genau hier die Probleme. Denn die Vorgaben für eine zulässige Videoüberwachung sind weder einem einzigen Paragraphen oder zumindest einem einzelnen Gesetz zu entnehmen. Vielmehr verteilen sich die zu beachtenden Vorschriften über verschiedene Gesetze, sind abstrakt formuliert und werden nur durch Urteile ausreichend konkretisiert.
Mehr Beschwerden
Bei den Landesdatenschutzbehörden – sozusagen die Datenschutzpolizei – ist die Anzahl der Beschwerden und Untersuchungen zur Videoüberwachung sprunghaft angestiegen. Denn die verführerisch einfache und günstige Technik verleitet Unternehmen zum unbedachten Einsatz der Videoüberwachung, und häufig sind damit Verstöße gegen die unverändert komplexe Rechtslage vorprogrammiert. Dabei helfen einige einfache Vorgaben, um Bußgelder oder Schadensersatzklagen zu vermeiden.
Erfahrungsgemäß ist der Wunsch zur Videoüberwachung in öffentlichen Bereichen eines Betriebs am größten. Im Zweifel wollen Unternehmer zumindest die Stellflächen außen, vielleicht auch die Verkaufsräume innen filmen. Das Bundesdatenschutzgesetz regelt den Einsatz von Kameras in „öffentlich zugänglichen Bereichen“ – wozu alle frei zugänglichen Innen- und Außenflächen zählen. Dies betrifft Verkaufsräume, Parkplätze oder auch Lobbys, sofern diese durch Kunden betreten werden sollen. Hausrecht oder Straftatenabwehr rechtfertigen die Videoaufnahmen – sofern die Kameras so installiert werden, dass keine diskreditierenden Aufnahmen entstehen. Allerdings verbietet die Regelung, die dabei angefertigten Aufnahmen für andere Zwecke zu nutzen. Eine Verwendung der Aufnahmen zur Analyse von Kundenströmen oder Kundenverhalten ist also unzulässig. Zudem müssen Schilder auf die Videoüberwachung hinweisen und dabei auch das verantwortliche Unternehmen benennen.
Mitarbeiter
Diese nachvollziehbare Wertung verkompliziert sich, sobald Mitarbeiter von den Videoaufnahmen betroffen sind. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass die oben skizzierte Wertung für Arbeitnehmer so nicht gilt: Es sei zu berücksichtigen, dass die Videoüberwachung Mitarbeiter – anders als Kunden – nicht nur sporadisch, sondern permanent treffe. Es mache aber einen großen Unterschied, ob Kunden nur wenige Minuten durch das Blickfeld der Kameras schlenderten, oder ob Mitarbeiter Arbeitstage mehr oder weniger vollständig überwacht verbringen – Letzteres sei schlicht nicht zulässig. Eine dauerhafte Überwachung von Arbeitnehmern scheidet daher in vielen Situationen aus. Fälle, in denen Kameras permanent auf die Belegschaft gerichtet waren, sehen die Gerichte als rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung. Arbeitgeber müssen mit Schmerzensgeldansprüchen im hohen vier- bis fünfstelligen Bereich je betroffenen Arbeitnehmer rechnen und können das angefertigte Filmmaterial obendrein nicht als Beweismittel verwenden. Aktuell ist eine regelrechte Flut von Entscheidungen zu beobachten, in denen Arbeitsgerichte Mitarbeitern Schmerzensgeld aufgrund unzulässiger Videoüberwachung zusprechen.
Videoüberwachungssysteme sollten Arbeitnehmer daher nur kurzfristig erfassen. Eine Aufnahme des Arbeitnehmers an seinem dauerhaften Arbeitsplatz ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa beim Umgang des Arbeitnehmers mit besonders großen Bargeldmengen oder besonders wertvollen Rohstoffen. Unter diese Ausnahmen fallen beispielsweise Diamantschleifereien oder Wertdruckereien. Ausdrücklich nicht mehr von dieser Aufnahme erfasst sind hingegen Kassierer im Einzelhandel. Gleiches dürfte für Mitarbeiteraufnahmen in Autohäusern und Werkstätten gelten. Allein der Umstand, dass in einem Betrieb Bargeld und hohe Fahrzeugwerte vorhanden sind, rechtfertigt keine Dauerüberwachung der Arbeitnehmer. Will ein Unternehmen gleichwohl etwa im Bereich der Dialogannahme filmen, liegt die Lösung im technischen Bereich: Moderne Systeme erlauben, einzelne Bereiche, etwa speziell den Sitzplatz des Mitarbeiters, auszublenden. Dies ermöglicht beispielsweise eine Aufnahme der Dialogannahme, ohne zugleich die mehrere Stunden dort tätigen Mitarbeiter in ihren Persönlichkeitsrechten zu verletzen.
Drehverbote
Heikler sind Videoaufnahmen von nicht öffentlich zugänglichen Bereichen eines Unternehmens, wie Pausenräume der Mitarbeiter. Eine pauschale Überwachung scheidet hier aus. Videoaufnahmen in diesem Bereich sind nur dann möglich, wenn ein konkreter Tatverdacht gegen einzelne Mitarbeiter besteht, die Straftat nicht anders als durch eine Videoüberwachung aufzuklären ist und ein eventuell vorhandener Betriebsrat zugestimmt hat. In dem Fall sind dann auch heimliche und längerfristige Aufnahmen möglich. Allerdings darf auch dann eine Videoüberwachung nicht in sensiblen und gegen Einblicke besonders geschützten Räumen stattfinden. Hier wäre die Grenze zur Straftat überschritten: Wer Filmaufnahmen in Umkleidekabinen oder Toiletten anfertigt, kann mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe nach dem Strafgesetzbuch (StGB) bestraft werden.
Externe Dienstleister
Eine weitere Facette der Videoüberwachung ist die Einschaltung externer Dienstleister. Für das Autohaus ist dies komfortabel: Um die technischen Aspekte kümmert sich ein Dienstleister, ohne dass eigene Kompetenzen oder Ressourcen erforderlich wären. Sobald das Videosignal allerdings an den Dienstleister übermittelt wird, ist dies datenschutzrechtlich eine Übermittlung personenbezogener Daten. Um Bußgelder zu vermeiden, ist eine Strukturierung notwendig, typischerweise eine sogenannte „Datenverarbeitung im Auftrag“. Hierbei sind wiederum Besonderheiten wie Vertragsinhalte und Prüfpflichten des Unternehmens zu beachten, deren Nichtbeachtung ebenfalls wieder zu Bußgeldern führen kann. Dr. Marc Störing, Rechtsanwalt