-- Anzeige --

"Hier schlummert noch Potenzial "

19.12.2019 11:00 Uhr
"Hier schlummert noch Potenzial "

-- Anzeige --

Das Reifengeschäft im Autohandel läuft aktuell gut. Arno Bach, Sprecher der Geschäftsleitung und der Finanz-Kopf von RR Team, gibt Auskunft zu Winterreifentrends, Ganzjahresreifen, Reifen für Elektroautos sowie dazu, wie die Autohäuser in dem Geschäftsfeld aufgestellt sind.

asp: Herr Bach, wie hat sich das Reifengeschäft in diesem Jahr entwickelt?

A. Bach: Im Reifengeschäft wird dieses Jahr der Lagerbestand im Handel und in den Autohäusern spürbar abgebaut. Das erkennen wir an den Sell-out-Zahlen (Handel an Verbraucher), die per Ende September mit 2,3 Prozent über dem Vorjahr liegen. Insofern läuft das Geschäft gut! Im Sell-in (Industrie an Handel) zeigt sich dagegen ein anderes Bild, hier liegt die Entwicklung bei minus acht Prozent zum Vorjahr, das heißt, es findet ein deutlicher Lagerabbau statt.

asp: Worauf führen Sie dies zurück?

A. Bach: Die Bereitschaft, sich zu bevorraten, nimmt ab, der Druck im Handel auf Kennziffern und Ergebnisse steigt an. Der Handel verlässt sich darauf, dass im Bedarfsfall ein Lieferant verfügbar sein wird, auch wenn das in der Saison zu Mehraufwand, Wartezeiten und höheren Kosten führt, die jedoch nicht erfasst und bewertet werden. Verlorenes Geschäft wegen fehlender Verfügbarkeit ist in den Bilanzanalysen der Banken und Kreditversicherer keine Kennziffer, Lagerbestand schon.

asp: Gibt es bei Winterrädern noch Chancen, zu wachsen?

A. Bach: Absolut! Das Autohaus hat mit dem Verkauf eines Neuwagens den ersten Zugriff auf den Kunden. Wenn wir ganz grob von einer Umrüstquote von 80 Prozent - regional natürlich unterschiedlich - und einer Marktausschöpfung von 25 bis 45 Prozent für Fahrzeughersteller und Autohäuser ausgehen, ist klar, welches Potenzial hier noch "schlummert".

asp: Sind die Autohäuser inzwischen professionell aufgestellt?

A. Bach: Unser Eindruck ist, dass hier viele Autohäuser inzwischen gut und professionell aufgestellt sind, aber natürlich bei Weitem nicht alle, sonst wäre die Marktausschöpfung deutlich höher. Man muss aber auch sehen, dass manche Geschäftsfelder wie beispielsweise das Flotten- und Leasinggeschäft mit Reifen und Rädern an vielen Fahrzeugherstellern und deren Handelsorganisationen - aufgrund struktureller und prozessualer Probleme - vorbeilaufen.

asp: Die Reifeneinlagerung ist ein wichtiges Kundenbindungsinstrument. Wird da alles richtig gemacht?

A. Bach: Bei Weitem nicht. Es gibt natürlich auch hier sehr gut aufgestellte Autohäuser, die nicht nur Räder einlagern, sondern beim Radwechsel auch die Chance auf Zusatzgeschäft nutzen, so wie wir es mit der Aktion "Boxenstopp" mit verschiedenen Händlern gezeigt und nachgewiesen haben. In der Breite des Marktes ist hier noch viel Luft nach oben, insbesondere, was mögliches Zusatzgeschäft durch Radwechseltage angeht. Hier würden wir uns eine Aufnahme in das verbindliche Trainingsprogramm der Fahrzeughersteller wünschen, um eine flächendeckende Wirkung zu erzielen.

asp: Welche Trends zeichnen sich bei Winterrädern ab?

A. Bach: Es ist ein gewisser Trend zu schwarzen oder anthrazitfarbenen Alufelgen erkennbar, mit dem sich einige Fahrzeughersteller etwas schwertun, hier schnell zu reagieren. Durch mehr E-Autos werden die Räder tendenziell größer und schmaler werden.

asp: In welcher Form beeinflussen die Reifenmarken den Winterräderkauf?

A. Bach: Hier stellen wir fest, dass im Gegensatz zur Vermarktung von losen Reifen bei den Original-Winterkompletträdern die Reifenmarke eine eher nachgelagerte Rolle spielt. Hier wird eher nach Preisklassen (Premium, Quality) gekauft, wobei im Programm der Fahrzeughersteller in der Regel keine Billigreifen verbaut und angeboten werden.

asp: Was tut sich bei der Reifentechnik?

A. Bach: Ich denke, wir bewegen uns hier auf sehr hohem Niveau, wenn wir mal Billigreifen außen vor lassen. Es gibt aber nach wie vor Zielkonflikte, was Bereiche wie Rollwiderstand, Haftung, Nässeeigenschaften etc. angeht, die entweder einen guten Allrounder oder einen Spitzenathleten in einer Disziplin ermöglichen. Im Moment entsteht ein bisschen der Eindruck, dass das Thema Runflat-Reifen den Zenit überschritten hat. An Themen wie "Chip im Reifen" oder "intelligenter Reifen" wird seit Jahren gearbeitet, bisher ist davon in der Praxis aber noch nichts angekommen.

asp: Welche Rolle spielen Reifen beim Benzinverbrauch?

A. Bach: Eine ganz wichtige Rolle! So hat TÜV SÜD in einem Test (Juli 2018) festgestellt, dass ein Ganzjahresreifen im Vergleich zum entsprechenden Sommerreifen einen um 18 Prozent höheren Rollwiderstand hat, was sich natürlich massiv auf den Benzinverbrauch auswirkt, das scheint aber bei dem hohen Werbedruck für Ganzjahresreifen nicht so wirklich zu interessieren. Immerhin haben einige Fahrzeughersteller angefangen, aufgrund WLTP Ganzjahresreifen aus der Erstausrüstung herauszunehmen.

asp: Wie haben sich die Ganzjahresreifen in diesem Jahr entwickelt?

A. Bach: Gegen den Markttrend haben Ganzjahresreifen im Sell-in um 12,2 und im Sell-out um 23,7 Prozent zugelegt. Die Entwicklung bei Ganzjahresreifen wird natürlich durch die "milden Winter" beeinflusst, trotzdem sehen wir aufgrund der Lücke in der Marktausschöpfung bei Winterkompletträdern immer noch gute Wachstumschancen, die wir auch durch diverse Business-Development-Maßnahmen wahrnehmen werden.

asp: Sollte man aus Sicherheitsgründen eher auf Ganzjahresreifen verzichten?

A. Bach: Aus unserer Sicht absolut! Alle Tests zeigen, dass Ganzjahresreifen im Vergleich zu Sommer- und Winterreifen deutlich längere Bremswege haben - auch bei trockener und nasser Straße im Sommer. Das Argument "wenn es schneit, fahre ich sowieso nicht" ist also unsinnig! In den Fahrzeugen wird immer mehr Technik entwickelt, um Unfälle zu verhindern. Bei der einzigen Kontaktfläche des Fahrzeuges zur Straße nimmt man dann aber ein schlechteres und auch noch deutlich teureres Produkt in Kauf. Für mich nicht nachvollziehbar, aber so funktioniert Werbung.

asp: Wird es spezielle Reifen für E-Mobile geben?

A. Bach: Natürlich. Die Reifengrößen werden andere sein, deutlich schmalere Laufflächenbreite und größere Zollgrößen, das heißt auch größere Felgen, die Räder werden damit ganz sicher nicht billiger. Auch der Rollwiderstand wird - zumindest bei den Erstausrüster-(Sommer-)Reifen - eine ganz große Rolle spielen.

asp: Ist mit höherem Verschleiß an der Antriebsachse aufgrund des höheren Drehmoments zu rechnen?

A. Bach: Absolut! Wer einmal ein E-Auto gefahren hat, wird von der Beschleunigung begeistert sein, insbesondere beim Anfahren. Dass daraus deutlich höherer Verschleiß entsteht, ist für unser Geschäft natürlich positiv.

asp: Wie lauten Perspektiven für das Reifengeschäft 2020?

A. Bach: Wir gehen von einem relativ stabilen Markt bei Reifen aus und werden weiterhin versuchen, gemeinsam mit unseren Kunden, also Fahrzeugherstellern und Autohäusern, die brachliegenden Potenziale im Rädergeschäft Schritt für Schritt zu heben.

Interview: Ralph M. Meunzel

-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --
-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


asp AUTO SERVICE PRAXIS Online ist der Internetdienst für den Werkstattprofi. Neben tagesaktuellen Nachrichten mit besonderem Fokus auf die Bereiche Werkstatttechnik und Aftersales enthält die Seite eine Datenbank zum Thema RÜCKRUFE. Im neuen Bereich AUTOMOBILE bekommt der Werkstatt-Profi einen Überblick über die wichtigsten Automarken und Automodelle mit allen Nachrichten, Bildergalerien, Videos sowie Rückruf- und Serviceaktionen. Unter #HASHTAG sind alle wichtigen Artikel, Bilder und Videos zu einem Themenspecial zusammengefasst. Außerdem gibt es im asp-Onlineportal alle Heftartikel gratis abrufbar inklusive E-PAPER. Ergänzt wird das Online-Angebot um Techniktipps, Rechtsthemen und Betriebspraxis für die Werkstattentscheider. Ein kostenloser NEWSLETTER fasst werktäglich die aktuellen Branchen-Geschehnisse zusammen. Das richtige Fachpersonal finden Entscheider auf autojob.de, dem Jobportal von AUTOHAUS, asp AUTO SERVICE PRAXIS und Autoflotte.