Serie Teil 9 (letzter Teil)
Ein-Sterne-Hotels haben Ein-Sterne-Kunden. Oder, wer nur mit dem besten Preis wirbt, darf sich nicht wundern,in der Mehrzahl Schnäppchenjäger in der Kundschaft zu haben. Aber auch aus dieser Erfahrung können Werkstätten und Autohäuser von Fastfittern lernen.
Spricht man von den Grenzen der Fastfitter, dann ist damit auch deren grundsätzlicher strategischer Ansatz gemeint. Wenn man sich als günstig präsentiert, dann muss man das auch bis in letzter Konsequenz durchziehen. Kompliment, das machen die Fastfitter hervorragend. Billiges Papier in den Anzeigenblättern. Einfachste Bauweise. Kein aufwändig gestalteter Kundenwartebereich. Keine kostenfreie Bewirtung. „Kaffee? Ja gerne! Da ist der Automat! Haben Sie Kleingeld oder soll ich wechseln?“ Und im Sommer werden die Kunden dann auf den billigen Alustühlen im Außenbereich auch schon mal zwischen den Anhängern platziert. Erstaunlich an diesem Low-Budget-Service ist doch, dass die Kunden das mit sich machen lassen vor dem gedanklichen Hintergrund, eine günstige Leistung zu bekommen.
Man muss sich schon fragen, wie weit es mit der „Geiz ist geil“-Mentalität ist. Oder anders herum. Wie viel ist eigentlich dem Kunden Service wert? Oder sprechen wir hier nur von einer ganz speziellen Klientel. Im Grunde ist es wie im Hotel. Wer nur ein Bett haben will, der legt keinen Wert auf Sauna, Fitnessbereich und Hotelbar. Aber – und hier zeigt sich der Unterschied: Der kann auch direkt bewerten, was er bekommt. Gastfreundschaft ist es jedenfalls nicht unbedingt, was man bei Fastfittern erwarten kann. Vielmehr ist es vielfach das Gefühl oder die Not, etwas billiger zu bekommen, die Menschen zu Billigangeboten treibt. Und so erlebt man in manchen Verkaufsräumen und Werkstätten ein buntes Treiben der verschiedensten Kundenklientelen auf der Suche nach Schnäppchen.
Wenn´s eng wird, wird´s frustig
Dass dies nicht immer funktioniert, ist dann die Folge, mit der sich die Mitarbeiter rumschlagen müssen. Denn wenn das Haushaltsbudget geknackt ist, dann wird um jeden Euro gefeilscht, dann wird nicht mehr so sonderlich sachlich argumentiert. Wohl dem, der da mit Augenmaß und nicht um jeden Preis verkaufen muss. Hier zeigen sich ganz deutlich auch die schlimmen Seiten eines tagaktuellen Controlling. Wenn, wie in vielen großen Unternehmen praktiziert, an jedem Tag des Jahres als Vergleich der Tagesumsatz gleichen Datums des letzten Jahres herhalten muss, natürlich um die Steigerungsraten ergänzt, dann erzeugt das entweder Druck oder Frust. Denn dann sieht man sich mitunter zweistelligen Abweichungen – in beide Richtungen – gegenüber. Wobei der verantwortungsbewusste Mitarbeiter bei einem Tagesumsatzminus von 15 Prozent reflexartig diese Scharte am nächsten Tag wieder auswetzen will. Diese Praktiken sind z.B. an den Fleischtheken von Supermärkten übliche Methoden. Aber wenn man sich mit den Vorgesetzten und Mitarbeitern in solchen Arbeitsbereichen unterhält, dann geht es in keinem Fall um den Kunden. Dort reduziert sich der Kunde auf die Gesäßtasche oder den Einkaufskorb mit dem Geldbeutel.
Wer immer nur auf günstig macht, der muss sich auch daran messen lassen. Und so kommen die Fastfitter, was die Preisfindung angeht, vielfach nicht so gut weg, wenn ihre Preise mit denen anderer Anbieter verglichen werden. Wer sich nur und ausschließlich über den Preis definiert, der braucht auch Kunden, die nichts anderes wollen. Aber wollen Kunden ausschließlich den günstigsten Preis? Glücklicherweise gibt es nicht „die“ Kunden. Aber – und das ist die wirklich gute Nachricht: Es gibt immer noch viele Kunden, die mehr wollen als nur einen Preis. Und auch die Fastfitter können es sich nicht mehr erlauben, Kunden jeweils nur noch ein Mal zu sehen. Von daher darf man gespannt sein, welche Strategie nach dem reinen Preisverkauf kommt.
Service kostet Geld
Wenn man seine Kunden auch über die Gefühlsebene erreichen will, dann muss man Service bieten. Immer mehr! Das geht weit über den Kaffee hinaus. Es gab mal die Dresdner Bank, die nannte sich selbst die Beraterbank. Bis zu dem Moment, als sie von einem Versicherer gekauft wurde. Von da an wurde die Länge der Beratungsgespräche genau analysiert und limitiert. Nicht Beratung, sondern Abschlussstärke waren angesagt. Heute spricht keiner mehr von der Bank. Und wenn die großen Fastfitter heute im Besitz von Investmentgesellschaften sind, dann ist Profitmaximierung für die Investoren der größte Treiber. Nicht mehr und nicht weniger. Dann hängt die emotionale Qualität des Besuchs davon ab, ob man auf einen engagierten Men-schenfreund trifft. Was aber ist guter Ser-vice? Sicherlich auch eine lange Öffnungszeit und Samstagsdienst, wie ihn viele Fastfitter anbieten. Aber wenn man sich anschaut, was guter Service insbesondere ist, dann kann man diese drei Dinge feststellen:
guter Service ist flexibel
guter Service ist individuell pro Kunde
guter Service ist immer auch Dienst am Menschen
Der Kunde ist nun mal nicht nur der „Mitbeschleunigte Beobachter“ seines Fahrzeugs. Der Kunde ist es, der sich entscheidet, die Werkstatt anzusteuern. Er ist es, der sich entscheidet, Geld auszugeben. Er entscheidet, ob er das, was er gefühlsmäßig erlebt hat, gut findet. Und nicht zuletzt ist er es, der die Werkstatt seines Vertrauens auf seine persönliche Favoritenliste setzt.
Hier hat persönlicher und menschlicher Service, natürlich auch mit dem Hintergrund Geld zu verdienen seinen Platz. Das ist die Domäne von Werkstätten, die Kundenbindung jenseits von Schnäppchen betreiben. Georg Hensch
Zum Nachlesen
Serie komplett
Mit Teil 9 endete unsere Service-Serie zu den Konzepten und Strategien der Fast-Fit-Anbieter und was Werkstätten und Autohäuser davon lernen können. Eschienen sind folgende Beiträge:
Teil 1: asp 10-2010, S. 52; „Falsche Feindbilder“, Einführungsbeitrag ins Thema
Teil 2: asp11-2010, S. 44; „Ein Haus alles drin“ über die Vorteile, dies sich aus der Kombination von Werkstatt sowie Teile- und Zubehörshop unter einem Dach ergeben“
Teil 3: asp 12-2010, S. 54; „Eilige Kunden“ über das Konzept Schnell- und Sofortreparaturen anzubieten
Teil 4: asp1-2011, S. 52; „Komm wieder Kunde“ über die Strategie, umfangreiche Reparaturen in einem separaten Vorabcheck zu klären
Teil 5: asp 2-2011, S. 66; „Die Leistung zählt“ über die Strategie Reparaturen vor allem in Form von Paketpreisen anzubieten
Teil 6: asp 3-2011, S.62; „Kompetent beraten“ über die richtige Nutzenargumentation beim Verkauf von Serviceleistungen
Teil 7: asp 4-2011, S. 58; „Hauptsache eckig“ über die spartanische, aber funktionale Bauweise von Fast-Fit-Betrieben
Teil 8: asp 5-2011, S.56; „Speed-Controlling“ über wichtige Kennzahlen, die in Fast-Fit-Betrieben tagesaktuell ermittelt werden