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Die Macher hinter dem Projekt (v.l.): Ludger ...

18.05.2012 12:02 Uhr

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ADAC-Projekt

Der ADAC hat sein Projekt zum Thema Werkstatt-Prozesse abgeschlossen. Welche Erkenntnisse man dabei gewonnen hat und wie diese künftig in der Praxis Anwendung finden, haben wir beim Club nachgefragt.

Vor einem Jahr machte das Gerücht die Runde, der ADAC plane den Aufbau eines eigenen Werkstatt-Netzes. Die Kfz-Branche war in Alarmbereitschaft versetzt. Wir haben damals bei den Verantwortlichen im ADAC nachgefragt, und konnten Entwarnung geben (vgl. asp 8-2011, S. 44).

Zur Motivation für das Projekt stellt Ludger Kersting, Direktor Marketing und Sales Business to Business noch einmal klar: „Es ging immer darum, Wege zu finden, wie wir die Zufriedenheit der ADAC-Mitglieder mit dem Service unserer im Reparatur- und Servicegeschäft aktiven ADAC-Straßendienstpartner weiter steigern können. Auch wenn die Unternehmer unabhängig sind, wird von vielen Kunden die ADAC-Signalisation als Zugehörigkeit zum ADAC interpretiert. Und natürlich ist uns daran gelegen, dass unsere Partner höchste Servicequalität liefern, wenn sie so stark mit der Marke ADAC identifiziert werden.“

Seit ein paar Wochen liegen die Ergebnisse vor und es ist klar, dass die Entwicklung der ADAC-Straßendienstpartner weitergehen wird. „Dazu gilt es die Erkenntnisse aus dem Beratungsprojekt so umzusetzen, dass langfristig ausgewählte ADAC-Straßendienst-Vertragsfirmen davon profitieren können“, erklärt KarlHeinz Kroha, Geschäftsführer der ADAC Service GmbH.

Profitieren heißt in dem Fall, die Ergebnisse des mehrere Monate laufenden Projekts werden in einem Beratungskonzept zusammengefasst und künftig zur Weiterentwicklung der ADAC-Straßendienstpartner genutzt. Der ADAC konzentriert sich dabei auf ausgewählte Mehr-Marken-Betriebe an für den ADAC wichtigen Standorten. Das können sowohl Standorte mit einem hohen Verkehrsvolumen sein, aber auch Standorte, die der Flächendeckung dienen.

„Wir werden Trainings für die Partner anbieten und nach und nach ausgewählte Betriebe systematisch analysieren und dann Maßnahmen zur Verbesserung umsetzen“, beschreibt Mahbod Asgari, unabhängiger Berater, der das Projekt im Auftrag des ADAC durchgeführt hat und an der weiteren Umsetzung des Beratungskonzepts in der Praxis mitarbeiten wird.

In erster Linie diene das Weiterentwicklungs-Konzept, das voraussichtlich ab Herbst 2012 umgesetzt wird, dazu, die Partner dabei zu unterstützen, noch besser, effizienter und unter dem Strich auch wirtschaftlicher zu arbeiten. Dabei orientiert man sich an den Programmen der Automobilhersteller ohne diese allerdings zu kopieren. „Die Automobilhersteller haben in den letzten Jahren schon sehr viel für die Professionalisierung ihrer Servicenetze getan. Das zeigt sich auch in den Top-Platzierungen in allen Werkstatt-Tests der letzten Jahre. Das ist langfristig auch unser Anspruch für das Qualifizierungsprogramm“, beschreibt Asgari. Um den zu erreichen, ist man aktuell dabei eine ADAC-eigene Qualifizierung und Auditierung für die Partner zu entwickeln. „Dabei legen wir aber großen Wert auf Praxisrelevanz und werden nicht stur einen Katalog von Standardvorgaben abprüfen“, so Asgari. Motivation für dieses Projekt waren dabei auch Werkstatttests des ADAC aus den letzten acht Jahren. „Dabei haben die Markenbetriebe der Hersteller immer um ein bis zwei Noten besser abgeschnitten als die meisten Mehrmarkenwerkstätten, egal ob die nun einem Werkstattsystem angehören oder nicht. Und wir wollten auch herausfinden, was der Grund für diese Differenz ist“, verdeutlicht Ludger Kersting.

Die Sicht des Kunden im Fokus

Um zu sehen, ob und wo überhaupt Prozesse in den Betrieben der Verbesserung bedürfen, hat Berater Asgari mit seinem Team in den letzten Monaten vier ADAC-Straßendienstpartner als „Lern-werkstätten“ eng begleitet und deren Serviceleistungen und -prozesse analysiert und getestet. „Wir haben insgesamt rund 30 Werkstatttests von den Testexperten des ADAC in den vier Pilotbetrieben durchführen lassen. Dabei war die erste Erkenntnis, dass die Unternehmen mit einer durchschnittlichen Zielerreichung von über 90 Prozent sehr gut aufgestellt sind“, betont Ludger Kersting. Dennoch stießen die Berater auf typische Fehler, die in allen Tests auffielen und auf Defizite in den Serviceprozessen schließen lassen. Dazu zählen unter anderem Brüche in der Kommunikation zwischen Fahrzeugannahme und dem Werkstattpersonal, das den Auftrag abwickeln soll. Oft auch fehlende Abstimmung des Personals untereinander, wenn mehr als eine Person an einem Auftrag arbeitet.

„Wesentliche Erkenntnis und Haupthinderungsgrund für einen besseren Erfolg der Betriebe, ist aus unserer Sicht die falsche Zielsetzung und Motivation für den Reparaturerfolg aus Kundensicht“, erklärt Asgari und verdeutlicht weiter: „Die Betriebe sind sehr stark von Vorgabezeiten- und Teileumsatz geprägt. Die Sicht des Kunden und dessen Interessen kommen bei der Auftragsbearbeitung nach unseren Erfahrungen oft zu kurz.“ „Ich weiß gar nicht, ob das berechtigt ist, ich verstehe den Kostenvoranschlag nicht, das hat mir keiner erklärt etc.“, sind laut Berater typische Eindrücke der Kunden.

Asgari und sein Team haben diese Dinge bei den Lernwerkstätten verändert und im Nachgang die Eindrücke der Kunden in einer Befragung eingefangen. „Wir haben 1.700 Kunden befragt und rund 800 qualifizierte Antworten erhalten. Dabei haben wir bei Auftragsannahme, Auftragserstellung und in den Bereichen Fahrzeugübergabe und Rechnung hervorragende Bewertungen in der Kundenzufriedenheit erzielt. Vor allem auch das Thema Freundlichkeit, Transparenz, ich werde betreut, Dinge, die man vom ADAC auch erwartet, wurden von den Kunden deutlich besser bewertet als bei Mehrmarkenbetrieben in früheren Tests.“

Erreicht wurde das zum Beispiel durch eine Abkehr vom Diktat der Vorgabezeiten pro Auftrag. Die sind nach Überzeugung des Beraters teilweise so knapp kalkuliert, dass die geforderten Arbeiten in der Zeit kaum zu schaffen sind oder bestimmte Arbeiten mit Blick auf die Uhr einfach unerledigt bleiben. „Wir haben den Betrieben gesagt, die Vorgabezeit ist in der Abrechnung wichtig, aber nicht bei der Leistungserbringung. Will man den Kunden ordentlich bedienen und betreuen, muss man manchmal von den Vorgabezeiten abweichen, sonst ist die Leistung nicht in der Zeit zu schaffen.“ Ludger Kersting vergleicht die Situation der Werkstätten mit denen des Hausarztes. Der bekomme von der Krankenkasse auch nur wenige Minuten pro Patientenberatung bezahlt, nehme sich aber im Sinne einer vernünftigen Patientenbetreuung in der Regel deutlich mehr Zeit für den einzelnen Patienten.

Zweites Thema in den Testbetrieben war die Abkehr von der Fixierung auf die Teileumsatzmaximierung pro Kunde. „Wir haben die Betriebe angehalten, bei der Kundenberatung nicht den Teileabsatz in den Vordergrund zu stellen.“ Nicht das erste Geschäft sei entscheidend, sondern das Folgegeschäft. Dazu bedürfe es mehr Transparenz in der Annahme und stärker kundenorientierter Beratung, beispielsweise bei der Frage ob bestimmte kostenintensive Reparaturen sofort zu erledigen sind oder zu einem späteren Zeitpunkt ausgeführt werden können.

Betreuuungsaufwand steigt

Dass die stärker kundenorientierte Beratung im Service zunächst zu Lasten der Produktivität geht, ist ihm dabei klar. „Unter dem Strich steigt in unserem Konzept der Betreuungsaufwand pro Kunde. Aber dem Mehraufwand steht eine deutlich höhere Kundenzufriedenheit entgegen, die sich mittelfristig auch in höheren Umsätzen niederschlägt. Zudem gelingt es uns durch Prozessoptimierung an anderer Stelle, die zusätzlich für die Beratung aufgewendete Zeit wieder hereinzuholen“, verspricht Kersting.

Dabei hat Berater Asgari in den Lernwerkstätten an drei Punkten angesetzt. „Punkt eins ist die elektronische Auftragsabwicklung mit dem IT-System. Wenn der Auftrag in der Annahme geschrieben wird, sollten dabei so viele Informationen wie möglich zu dem Auftrag mit aufgenommen werden, um damit auch die nachgelagerten Prozesse zu sichern.“ So ginge in Werkstätten viel Zeit dadurch verloren, dass man Auftragsumfänge nicht von vornherein klar mit dem Kunden festgelegt hat. „Nachtelefonieren kostet viel Zeit, insbesondere dann, wenn man keine aktuelle Telefonnummer vom Kunden hat.“ Punkt zwei hat ebenfalls mit der Auftragserfassung zu tun. „Wenn die Betriebe den Auftrag exakt erfassen und die nachgelagerten Prozesse entsprechend einsteuern, dann reicht ein Knopfdruck, um aus dem Auftrag eine Rechnung zu machen, und diese dem Kunden bei der Fahrzeugabholung zu erläutern und gleich mit zu übergeben.“

Der dritte Punkt betrifft die Teilebestellung. „Nach unseren Erfahrungen aus dem Projekt empfehlen wir den Betrieben grundsätzlich, sich auf einen Teilelieferanten zu konzentrieren. Nur dann besteht die Chance, die Werkstattprozesse und die Prozesse des Teilelieferanten genau aufeinander abzustimmen“, so Asgari. Wer hingegen mit mehreren Lieferanten arbeite, könne nie zweifelsfrei feststellen, ob Fehler im Lieferprozess durch unzureichende Teileverfügbarkeit, Fehler in der Disposition beim Teilehändler oder Fehlbestellungen des eigenen Personals verursacht seien. Um solche Fehler grundsätzlich zu vermeiden, empfiehlt der Berater außerdem, alle für eine Reparatur erforderlichen Ersatzteile schon nach der telefonischen Auftragsannahme zu bestellen. „Unsere Pilotwerkstätten haben für ausgewählte Leistungen alle Ersatzteile auftragsbezogen in einer Kiste vorkommissioniert bekommen. Wartezeiten, durch Teilebeschaffungen, wenn das Auto bereits auf der Bühne steht, entfallen so.“

Strategische Partner entwickeln

Von den Erkenntnissen, die man in den letzten Monaten im Pilotprojekt mit den ausgewählten vier Pilot-Partnern gewonnen hat, sollen langfristig ausgewählte Straßendienstpartner profitieren. Dazu wird man die Ergebnisse in einem Beratungskonzept zusammenfassen, geeignete Trainingsprogramme und eine Auditierung entwickeln. Im ersten Schritt konzentriert man sich bei der Qualifizierung auf Partner in Ballungsgebieten mit mehr als 100.000 Einwohnern. „Dabei wählen wir solche Mehr-Marken-Partner aus, die schon jetzt eine hohe Zahl von ADAC-Mitgliedern betreuen.“ Diese voraussichtlich 50 bis 60 Partner, die man in den nächsten Jahren qualifizieren möchte, haben aufgrund ihrer Lage und des hohen Volumens an betreuten Kunden für den ADAC auch eine strategische Bedeutung. „Dabei geht es nicht nur darum, die Qualität der Kundenprozesse, sondern auch die wirtschaftliche Situation der Betriebe durch die Prozessoptimierung zu verbessern. Denn natürlich ist dem ADAC an wirtschaftlich gesunden Partnern mit hoher Qualität gelegen, durchaus auch aus Eigennutz, denn der Aufbau neuer Partner ist unverhältnismäßig teurer als einen bestehenden zu entwickeln“, erklärt Kersting. Die Kosten für die Qualifizierungsmaßnahme kann er noch nicht genau beziffern.

An der Qualifizierungsmaßnahme werden die teilnehmenden Betriebe sich sicher finanziell beteiligen müssen. Grundsätzlich seien die Gebühren für den ADAC kein Einnahmemodell, sondern eine Art Schutzgebühr und auch eine Vermarktung des Qualifizierungskonzepts außerhalb des ADAC-Straßendienst-Partner-Netzes sei nicht angedacht.

Frank Schlieben

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