Interview
Dirk Appelt leitet seit Juli 2010 die Bosch Werkstattsysteme in Mitteleuropa. Mit dem „Herrn“ über mehr als 1.600 Konzeptpartner sprachen wir über seine Pläne für die Weiterentwicklung von Bosch Car Service und AutoCrew.
Dirk Appelt nennt sich selbst scherzhaft „ein Kind von Bosch“. Der gebürtige Dortmunder begann seine Karriere im Unternehmen 1991. Als BA-Student war er zu Beginn für den Vertrieb von Elektrowerkzeugen verantwortlich. Nach Abschluss seiner Ausbildung blieb er dem Thema Vertrieb und Bosch Werkzeuge treu und übernahm nach regionalen Vertriebsverantwortungen im Raum Darmstadt den Aufbau der Marke in Zentralamerika. Nach weiteren beruflichen Stationen in Mexiko, Asien und Ostdeutschland trägt er nun seit 1. Juli die Verantwortung für die Werkstattsysteme der Robert Bosch GmbH in der Region Europa Mitte. Die umfasst neben Deutschland, Österreich und der Schweiz auch Polen, Tschechien und die Slowakei. Insgesamt 1.600 Bosch Car Service Betriebe gibt es in dieser Region und rund 300 AutoCrew Partner – noch, denn es sollen deutlich mehr werden. Auch aus diesem Grund hat man AutoCrew wie Bosch Car Service international ausgerichtet.
Herr Appelt, wie viele Bosch Car Service Betriebe gibt es aktuell weltweit?
BCS ist das weltweit größte unabhängige Werkstattsystem mit insgesamt über 14.500 Betrieben, davon derzeit 1.040 in Deutschland. In der Region Europa Mitte, die ich betreue, sind es aktuell rund 1.600. Das Werkstattkonzept AutoCrew, das Bosch 2009 von der ZF Trading (jetzt: ZF Services) übernommen hat, umfasst rund 305 Partner in dieser Region, davon 237 in Deutschland. Wir gehen allerdings von einem sukzessiven Wachstum aus, denn wir werden AutoCrew auch in England, Benelux, der Schweiz, Spanien, Italien und in Südafrika etablieren.
Dem Wachstum voraus ging bei AutoCrew offensichtlich ein deutlicher Verlust an Partnern seit der Übernahme?
Das ist richtig, die Zahl der AutoCrewPartner hat sich seit der Übernahme um rund 180 Betriebe reduziert.
Warum diese hohe Zahl von Kündigern?
Das lässt sich schwer pauschal beantworten. Die Gründe, warum viele ehemalige Partner die neuen Verträge nicht unterschrieben haben, sind vielschichtig. Ausschlaggebend war in einer Zahl von Fällen aber, dass die Partner nicht bereit oder in der Lage waren, unsere hohen Qualitätsanforderungen mit zu tragen. Und die waren und sind für uns nicht verhandelbar, denn auch AutoCrew ist ein System der Robert Bosch GmbH. Und der Name Bosch ist für uns Verpflichtung, weil gerade auch Verbraucher mit der Marke Bosch hohe Qualitätsmaßstäbe verbinden.
Heißt das, Sie sind über das Ausscheiden der 180 Partner nicht traurig?
Das wäre falsch. Natürlich ist es schade, dass viele ehemalige Partner unsere neue Philosophie von AutoCrew nicht mittragen wollten. Aber unter dem Strich ist es sicher für die Betriebe und uns sinnvoller gewesen, solche Partnerschaften gar nicht erst zu beginnen, statt Verträge zu unterzeichnen, die dann nur halbherzig erfüllt werden. Wenn jemand als Grund für eine Kündigung angibt, er möchte nicht mit uns zusammenarbeiten, weil er die Verteilung der Prospekte für die Konzeptwerbung selbst übernehmen möchte, dann stimmt etwas nicht in der Einstellung des Partners zum Konzept. Und dann muss man auch den Mut haben zu sagen: o.k., das passt für uns nicht, das passt für dich als Partner nicht, in dem Fall ist es besser, wir gehen getrennte Wege. Im Umkehrschluss wissen die verbliebenen Partner genau, was wir bieten und fordern und sind auch bereit, diese Anforderungen zu erfüllen. Das tun sie nicht nur aus der Verpflichtung dem Namen Bosch gegenüber. Sie haben verstanden, dass unsere Qualitätsanforderungen dazu beitragen, ihnen Wettbewerbsvorteile im umkämpften Servicemarkt zu verschaffen und damit die eigene Zukunftsfähigkeit zu verbessern.
Sind alle 237 AutoCrew-Partner Altbetriebe?
Nein, darunter sind auch neue Partner, im zweistelligen Bereich. Für Deutschland sind wir weiter in der Akquisition und wollen das System AutoCrew voranbringen. Das gilt selbstverständlich auch für das Lkw-System Truck & Trailer, in dem wir derzeit 40 Partner haben. Wie auf der Automechanika im letzten Jahr zu sehen war, wird das Thema Lkw im Geschäftsbereich Bosch Aftermarket weiter an Bedeutung gewinnen. Das gilt selbstverständlich auch für die Werkstattsysteme.
Was ist für den deutschen Markt Ihr Ziel für AutoCrew; mit 237 Partnern haben Sie noch keine Flächendeckung?
In den nächsten zwei bis drei Jahre peilen wir eine Zahl von 300 bis 400 Betrieben an. Und ich denke, gerade auch mit den Maßnahmen, die für 2011 geplant sind, wird das Interesse am System weiter steigen. Zudem wollen wir AutoCrew natürlich auch international einsetzen und auch im Ausland einen deutlichen Aufbau schaffen.
Bleibt mit der Forderung einheitlich hoher Qualitätsstandards bei Bosch Car Service und AutoCrew nicht die Differenzierung der Systeme auf der Strecke?
Nein, denn die Systeme unterscheiden sich deutlich auch im Auftritt voneinander. Das ist so gewollt. Keine Unterschiede darf es nach unserer Einschätzung bei der Qualität geben, die von den Partnern in den Systemen geliefert wird. Darum sind die für AutoCrew-Partner genauso hoch wie für Bosch Service Partner. Es wäre Kunden nur schwer zu vermitteln, dass zwei Systemmarken aus dem Hause Bosch unter-schiedliche Quali-tätsniveaus erfüllen. Darum noch ein- mal zur Klarstellung: AutoCrew ist kein Bosch Car Service light, wie das vereinzelt behauptet wurde. Es ist ein qualitativ anspruchsvolles hoch- und gleichwertiges System zu Bosch Car Service, unterscheidet sich allerdings in der Ansprache der Kunden deutlich.
Können Sie diese Unterschiede erläutern?
Bei Bosch Car Service steht die Marke Bosch deutlich stärker im Vordergrund. Sie ist Bestandteil des Namens, der CI, der Endverbraucherwerbung etc. Das ist auch historisch gewachsen und lässt sich an ganz einfachen Beispielen festmachen. Wenn sie heute eine wildfremde Person auf der Straße fragen, was ihr zum Namen Bosch einfällt, hören sie wahrscheinlich in 90 Prozent der Fälle: Elektrowerkzeuge, Haushaltsgeräte und den Bosch Dienst. Das meine ich, wenn ich sage unsere Bosch Car Service-Werkstattpartner sind untrennbar mit dem Markennamen Bosch verbunden.
Bei AutoCrew gehört die Marke Bosch auch dazu. Allerdings steht hier der einzelne Partner als Unternehmer in der Außendarstellung und der Wahrnehmung der Kunden stärker im Vordergrund. Also der Mensch, der Inhaber, der professionell arbeitet. Die Professionalität ergibt sich dabei unter anderem aus der Partnerschaft mit Bosch, die Marke steht aber nicht im Mittelpunkt. Bei BCS liegt, bedingt durch die enge Verbindung zur Marke Bosch, der Schwerpunkt in der Darstellung auf der technischen Kompetenz und den Prozessen.
Wie gewährleisten Sie für beide Systeme dauerhaft vergleichbar hohe Qualitätsstandards?
Zum einen über die von uns definierten Standards, die im Detail Anforderungen an und die Leistungen für Systempartner beschreiben. Jeder Interessent weiß vor Vertragsabschluss, was von ihm erwartet wird. Diese Standards sind für uns nicht verhandelbar, wobei wir einem Partner durchaus die Chance geben, sich auf dieses Niveau zu entwickeln, wenn das Potenzial für diese Entwicklung erkennbar ist.
Wie sieht Qualitätssicherung im Alltag aus?
Wir führen für beide Konzepte in regelmäßigen Abständen verdeckte Werkstatttests mit externen Dienstleistern durch. Innerhalb von zwei, bei AutoCrew drei Jahren wird jeder Partner mindestens einmal getestet. Außerdem wird jeder Bosch Car Service und AutoCrew-Partner durch Spezialisten in seinen Prozessen überprüft. Inhaltlich geht es dabei um Serviceangebot, Kundenorientierung und generell um die zukunftsorientierte Aufstellung, bei der die allgemeine Befähigung der Werkstatt-Mitarbeiter eine entscheidende Rolle spielt.
Wie zufrieden sind Sie mit den erreichten Qualitätsstandards und welche Konsequenzen haben schlechte Testergebnisse für Partner?
Die Tests sind wesentlicher Bestandteil der Qualitätssicherung und werden aus den Systemgebühren der Partner finanziert. Wir haben jetzt bei AutoCrew die ersten Tests durchgeführt und waren sehr erfreut über die Ergebnisse. Den angestrebten Durchschnitt von 80 Prozent haben nahezu alle Partner übertroffen und lagen damit fast gleichauf mit den BCS-Partnern.
Was das Thema Konsequenzen anbetrifft: Ich bin schon der Meinung, dass man die Partnerschaft mit einem Werkstattunternehmer ernsthaft überdenken sollte, wenn dieser wiederholt bei Werkstatttests deutlich unter dem Durchschnitt abschneidet, weil er sich Maßnahmen zur Qualitätsverbesserung verweigert.
In erster Linie sehe ich die Tests aber als ein Werkzeug, um Partnern, aber auch uns in der Zentrale Schwächen in Prozessen und Abläufen aufzuzeigen, die wir gemeinsam verbessern und uns so dem Ziel nach 100-prozentiger Qualität näher- bringen. Denn nur Qualität wird die Position unserer Partner im Wettbewerb dauerhaft sichern – nicht nur bei den deutschen Partnern, sondern rund um den Globus. Darum streben wir an, diese hohen Teststandards weltweit umzusetzen.
Zur Qualität gehört auch, dass man den Wettbewerb im eigenen Haus in Grenzen hält. Ihre Systeme bieten auch Teilegroßhändler an. Agieren die bei der Partnersuche autark?
Nein, die finale Entscheidung, wer Bosch Car Service- oder AutoCrew-Partner wird, fällt im Hause Bosch, das entscheiden nicht unsere Vertriebspartner. Naturgemäß konzentrieren diese sich auf ihre Verkaufsgebiete, während wir als Systemzentrale die Gesamtentwicklung betrachten.
Bewerben sich heute verstärkt Markenhändler als Partner für BCS oder AutoCrew?
Ja, definitiv. Die Zahl der Bewerber, die sich aus dem Bereich des ehemaligen Markenhandels bei uns melden, steigt spürbar. Ich denke, dass auch die enge Markenführung durch die Bosch-Zentrale von den ehemaligen Markenbetrieben durchaus gewünscht wird.
Welche Themen stehen 2011 im Mittelpunkt Ihrer Aktivitäten für BCS und AutoCrew?
2011 ist für Bosch ein besonderes Jahr. Zum einen feiern wir 125 Jahre Bosch. Zum anderen wird der Bosch Service 90 Jahre alt. Damit sind wir weltweit nicht nur das größte, sondern auch das älteste unabhängige Werkstatt-Partner-Netz. Das werden wir mit unseren Partnern und deren Kunden gebührend feiern. Beispielsweise mit besonderen Jubiläumsangeboten, Gewinnspielen und Aktionen.
Herr Appelt, vielen Dank
für das Gespräch.
Frank Schlieben