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Alte Autos - neues Format

30.07.2020 11:00 Uhr
Alte Autos - neues Format

TÜV SÜD Oldtimerexperte Norbert Schröder moderierte zusammen mit Martin Stromberg, Geschäftsführer des Marktbeobachters Classic Data, eine spannende Live-Diskussion im Rahmen der virtuellen Oldtimermesse Classics to Click.

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Kurzfassung

Die Händler waren vom Lockdown besonders betroffen und die für die Szene wichtigen Veranstaltungen sind fast alle auf kommendes Jahr verschoben. Wer ein Auto kauft, will es eben auch anfassen können.

Oldtimermarkt und Corona-Krise - das war das Top-Thema von TÜV SÜD auf der virtuellen Oldtimermesse Classics to Click, die am 19. und 20. Juni online stattfand. Veranstaltet wurde das neue Format vom Spezialversicherer OCC.

In einer Live-Veranstaltung, die im Internet übertragen wurde, diskutierte Norbert Schröder, Leiter TÜV SÜD ClassiC, in der Classic Remise Düsseldorf mit Marktteilnehmern aus den Bereichen Marktdaten und -analysen, An- und Verkauf hochwertiger Fahrzeuge, Leasinggeber, Veranstalter von Oldtimer-Events und Onlineredaktionen über die Auswirkungen der Corona-Beschränkungen auf den Markt. "Was macht Corona mit dem Classic-Markt?" - so lautete die Leitfrage der Runde. Im Anschluss an die einstündige Veranstaltung wurden zudem Zuschauerfragen im Live-Chat beantwortet. Eine Aufzeichnung wurde später online gezeigt (www.classics-to-click.de).

Gleich zu Beginn erläuterte Bernhard Kerkloh, Inhaber des Unternehmens Movendi, wie sich sein Geschäft entwickelt. Das Unternehmen Movendi - The Spirit Of Classic Cars ist seit 2006 in der Düsseldorfer Classic Remise angesiedelt und vermarktet hochwertige Fahrzeuge. Die gute Nachricht: Seit Beendigung des Lockdowns verzeichnet der Händler wieder ein stark anziehendes Geschäft. "Jetzt wo wir wieder geöffnet haben, ist wieder viel Bewegung ins Geschäft gekommen, wir hatten einen sehr guten Mai, sogar besser als die beiden Jahre zuvor", berichtet der automobilbegeisterte Unternehmer. Kerkloh sieht derzeit eine Normalisierung des Preisniveaus bei Oldtimern, nachdem in den Jahren 2016 und 2017 das Preisniveau einen vorläufigen Höchststand erreicht hatte.

Kerkloh: "Wenn man mal zehn Jahre zurückgeht, hatte man jedes Jahr fünf bis acht Prozent Wertzuwachs je nach Autotyp, das war ein verlässlicher und gesunder Wertzuwachs. Aber auf dem Höhepunkt der Preisspirale hatten wir teilweise innerhalb eines Jahres eine Verdoppelung bei den Werten für bestimmte Fahrzeugtypen." Heute sei man wieder auf dem Niveau von 2014.

Marcus Keller, Leiter des Geschäftsbereichs Classic Car bei Comco Leasing, beobachtet derzeit zwei Strömungen: Zum einen gebe es viele Privatsammler, die derzeit eher geneigt seien, ihre Fahrzeuge zu verkaufen, um sich benötigte Liquidität zu verschaffen. Auf der anderen Seite stehe die Fraktion, die auf den Werterhalt setze, auch aus Sorge, dass andere Anlagewerte in der Krise verlieren könnten. "Was uns aber im Moment fehlt, sind die Käufer, die einfach mal aus guter Laune heraus ein schönes Auto kaufen", berichtet Keller.

Veranstaltungen verschoben

Der Wegfall vieler Veranstaltungen und Messen betrifft die Classic-Szene in besonderem Maße. Stephan Lehnen, Geschäftsführer Deutscher Oldtimer Club, beklagte die Absage vieler Szene-Veranstaltungen: "Die Corona-Krise hat die Clubszene besonders hart getroffen, weil man auf die regionalen Veranstaltungen gänzlich verzichten musste." Bereits langfristig geplante Rallyes und Ausstellungen konnten nicht stattfinden. Marcus Herford, Geschäftsführer Classic Days Oldtimer- und Motorsport GmbH: "Nach den strengen Beschränkungen Mitte März war allen klar, dass es bis Ende August keine Großveranstaltungen geben darf. Damit ist der Sommer für uns gelaufen, denn im September stehen wir ja schon wieder kurz vor der Einmottung der Autos für den Winter." Daher habe man die Classic Days, eine renommierte Veranstaltung in der Szene, komplett auf den Sommer im kommenden Jahr verschoben.

Trend zu digitalen Formaten

Kai Haffner, Betreiber Online-Plattform Collectorscarworld, sieht einen Trend zu digitalen Formaten: "Wir stellen fest, dass viele Auktionshäuser ihr Geschäftsmodell komplett auf Online umgestellt haben. Erste Auktionen waren ganz erfolgversprechend." Allerdings gebe es Grenzen: "Es ist nicht so leicht, wenn man etwas kaufen soll, das man gar nicht live gesehen hat." Die wirklich besonderen Autos seien daher nicht gut über Online-Auktionen zu verkaufen. Das Format funktioniere aber bei Standard-Fahrzeugen.

Perspektivisch könnte es zu einer Event-Bereinigung kommen, da waren sich die Diskussionsteilnehmer weitgehend einig. Die ausgefallenen Veranstaltungen könnten zwar im kommenden Jahr nachgeholt werden, Kai Haffner glaubt aber nicht, dass wirklich alle Events überleben, die sich nicht bereits im Markt etabliert haben.

Haben Online-Veranstaltungen eine Zukunft, wollte TÜV SÜD-Experte Norbert Schröder von den Diskutanten wissen? Ja, aber eher als Ergänzung, nicht als Ersatz, so der Tenor. Marcus Herford (Classic Days Oldtimer- und Motorsport GmbH): "Das Live-Erlebnis lässt sich nicht in eine Konserve packen, man kann aber Veranstaltungen durch digitale Formate in den sozialen Medien begleiten, um Reichweite zu erhöhen."

Viele Aussteller werden künftig genauer nachrechnen und sich fragen, welche Messe man mit Stand besucht und was auch digital geht. Stephan Lehnen (Oldtimerclub) sieht große Chancen für digitale Formate zur reinen Informationsvermittlung: "Einige Präsenzveranstaltungen können in digitale Formate überführt werden, vor allem wenn es um Informationsveranstaltungen geht, wo nicht der Fahrspaß im Mittelpunkt steht."

Verjüngung der Branche

Marcus Herford (Classic Days Oldtimer- und Motorsport GmbH) wünscht sich mehr Raum für das Engagement eines neuen jungen Publikums in der Klassik-Szene, die eine Vorliebe für Autos haben, die nicht unbedingt in der ganz hohen Preisklasse liegen: "Ich würde mir wünschen, dass es neue Veranstaltungen gibt, wo sich junge Menschen an diesen Autos begeistern, wo sie ihr Hobby verfolgen können, mit einem hohen Maß an Authentizität." Hier könnten ganz neue Formate an den Start gehen. "Wir brauchen frisches Blut!", so sein Fazit.

Das Konzept Classics to Click

Die virtuelle Messe bot nicht nur Live-Übertragungen. In zwei virtuellen Messehallen buhlten zahlreiche "Aussteller" aus der Klassik-Szene um die Aufmerksamkeit der registrierten Online-Gäste, neben TÜV SÜD in Halle 1 unter anderem Leasinganbieter, Oldtimer-Händler, Fachzeitschriften, Datendienstleiter sowie Automobilclubs.Angemeldete Teilnehmer konnten sich am virtuellen Stand von TÜV SÜD zu verschiedenen Classic-Themen informieren: Zustandsnoten und neue Regeln bei der Bewertung originalgetreuer Fahrzeuge, H-Kennzeichen, Import, Umbauten und Tuning, der TÜV SÜD- Datenblattservice sowie eine Live-Begutachtung eines Alfa Romeo Giulia Spider."Mit der Teilnahme an der Classics to Click reagieren wir auf die vielen ausgefallenen Oldtimer-Veranstaltungen der letzten Wochen. Und auch wenn ein Online-Forum nicht dasselbe ist: Wir bieten Oldtimer-Begeisterten eine Plattform und beantworten Fragen, die derzeit vielen auf der Seele brennen", sagt Norbert Schroeder, Oldtimer-Experte von TÜV SÜD. Neben den zwei Tagen mit Live-Programm waren alle Inhalte der Messe noch bis zum 10. Juli unter der Adresse www.classics-to-click.de abrufbar.

"Das war eine Premiere" Norbert Schröder, Leiter TÜV SÜD ClassiC

asp: Die Messe war der Versuch, die Branche virtuell zu erreichen. Hat das geklappt?N. Schröder: Eine virtuelle Classic-Messe hat es vorher noch nie gegeben. Daher sind wir ohne bestimmte Erwartungen an das Projekt herangegangen. Wir hatten allerdings als TÜV SÜD den Anspruch, mit einem vernünftigen virtuellen Stand vertreten zu sein und das so gut wie möglich interaktiv und informativ darzustellen. Das Feedback auf die Veranstaltung war tatsächlich sehr positiv.asp: Wie wurde das interaktive Informationsangebot angenommen?N. Schröder: Ganz unterschiedlich. Wir hatten Besucher, die waren eine Stunde bei uns am Stand und haben im Livechat auch konkrete Fragen gestellt, beispielsweise zum Import von Klassikfahrzeugen oder zum Thema Zustandsnoten. Unsere Wahrnehmung deckt sich mit den Erfahrungen der anderen Teilnehmer: Alles, was virtuell funktioniert, wird gut angenommen. Es ist wichtig, die Informationsvermittlung möglichst lebendig zu gestalten, deshalb haben wir uns auch dazu entschieden, eine Live-Diskussion vor Ort zu machen.asp: Wir hart trifft Corona den Classic-Markt?N. Schröder: Anfangs, als der Lockdown beschlossen wurde, waren wir alle sehr geschockt. Die Remise war geschlossen, ein Verkauf von Fahrzeugen vor Ort konnte nicht mehr stattfinden. In der Folge brachen die Verkäufe komplett ein, weil die Leute die Fahrzeuge natürlich gerne in Augenschein nehmen und sich auch gerne mal reinsetzen. Seit Mitte Mai ist die Remise wieder offen und das Geschäft nimmt wieder zaghaft Schwung auf.asp: Können Sie wieder Begutachtungen in den Werkstätten machen?N. Schröder: Anfangs haben wir alle Termine abgesagt. Seit Mitte Mai haben wir wieder Termine wahrgenommen, wenn auch unter Auflagen und mit allen Vorsichtsmaßnahmen. Anfangs fanden Schlüsselübergaben auf Parkplätzen im Freien statt. Man hat die notwendige Korrespondenz im Vorfeld per E-Mail erledigt und sich dann nur für die physische Übergabe verabredet. Mittlerweile machen wir jetzt wieder Besichtigungen in den Werkstätten. Ich würde sagen, man ist jetzt fast wieder auf Normallevel.asp: Wen hat Corona am stärksten betroffen?N. Schröder: Bezogen auf den Handel muss man sagen, dass es die etablierten und namhaften Händler am Markt weitaus weniger hart getroffen hat als die Newcomer. Viele derartige Händler sind in den letzten Jahren mit Massenware auf den Markt gekommen, aber ohne das Geschäft nachhaltig zu entwickeln.asp: Die Preise haben sich normalisiert. Tut das dem Markt gut?N. Schröder: Ja, unbedingt, wir hatten teilweise unerwartete Höhenflüge, die zum Teil rational nicht nachvollziehbar waren. Aber schon ab 2017 hat sich das verändert und es gab deutliche Anzeichen für die Trendwende. Ein überhitzter Markt hat sich damit ein Stück weit normalisiert. Im Spitzenbereich, bei ganz besonderen Fahrzeugen, sehen wir aber immer noch deutliche Wertentwicklungen nach oben.

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