Auf der Automechanika gab es auch Neuheiten aus dem Bereich Karosseriereparatur zu sehen. Beispielhaft werden hier ein neues Smart-Repair-Werkzeug und zwei neue Klebstoffe vorgestellt. Zuvor die Inhalte einer aktuellen Studie zum Thema negative Leistungseffizienz von Betrieben, die „gesteuerte“ Reparaturaufträge ausführen.
Als „alarmierend“ bezeichnet der Bundesverband der Partnerwerkstätten (BVdP) die Ergebnisse einer eigenen Studie, wonach fast 90 Prozent der einbezogenen Betriebe – solche, die von so genannten Schadensteuerern vermittelte Reparaturaufträge ausführen – mit ihrer handwerklichen Leistung kein Geld mehr verdienen oder sogar draufzahlen. „Wir wollten genau wissen, wie sich die wirtschaftliche Lage der Partnerbetriebe darstellt. Deshalb haben wir eine Studie in Auftrag gegeben, die die Kostensteigerung sowie die Umsatzentwicklung und die Leistungseffizienz in den Betrieben detailliert analysiert“, so BVdP-Geschäftsführer Robert Paintinger. Deren Ergebnis ist niederschmetternd: „Die Situation der Betriebe ist an einem Punkt angekommen, an dem die weitere Leistungs- und Investitionsfähigkeit ernsthaft bedroht ist.“ Bei der Betrachtung der Betriebsleistungseffizienz werden die Betriebskosten (Gesamtkosten pro verkaufter Zeiteinheit) mit dem jeweiligen Stundenverrechnungssatz verglichen. Robert Paintinger: „Das Ergebnis zeigt, dass die Betriebskosten im Jahr 2014 bei 87,5 Prozent der analysierten Betriebe höher oder gleichhoch liegen wie der Stundenverrechnungssatz.“
Mehr Betriebe in den roten Zahlen
Die Studie vergleicht zudem den Zustand dieses Jahres mit dem von 2009. Demnach ist die Zahl der Betriebe mit negati-ver Leistungseffizienz zwischenzeitlich um rund 15 Prozent gestiegen. „Einen Überschuss erwirtschaften Partnerwerkstätten heute überwiegend nur noch mit Ersatzteil- und Materialmargen“, erklärt der BVdP-Geschäftsführer. Als Hintergründe nennt er einerseits die um ca. 14 (ohne Ersatzteile und Material) bzw. 20 Prozent (mit Ersatzteilen und Material) gestiegenen Gesamtkosten der Betriebe und andererseits beispielhaft den Stundensatz eines „wichtigen Steuerers“ (O-Ton), der lediglich um 7,7 (Karosserie) bzw. 5,4 Prozent (Lack) nachzog.
Einnahmesituation verbessern
In der Folge und verständlicherweise ist man in dieser Teilbranche massiv unzufrieden. Vom BVdP nach ihrer Zufriedenheit befragt, äußerten sich 54 Prozent der Partnerbetriebe „sehr unzufrieden“ oder „unzufrieden“. 35 Prozent betrachten die Situation als „gemischt“, nur 11 Prozent sind „zufrieden“. Wohlgemerkt: „Sehr zufrieden“ ist gar kein Betrieb.
Der BVdP kündigte an, die Situation bei den entsprechenden Schadensteuerern und Versicherern „noch stärker und konkreter zu thematisieren als bisher“ (O-Ton). Der BVdP-Vorstandsvorsitzende Reinhard Beyer äußerte sich sehr konkret: „Nur moderat steigende Stundenverrechnungssätze und Kostensteigerungen von 14 Prozent können die Betriebe auch durch große Anstrengungen bei der Prozessoptimierung nicht mehr auffangen. Die Unternehmen haben zudem in den vergangenen Jahren stark in Personal und in moderne Technik investiert und bringen immer mehr Zusatzleistungen. Jetzt ist es an der Zeit, die Einnahmesituation spürbar zu verbessern.“
Vor diesem Hintergrund gilt es umso mehr, Reparaturverfahren und Abläufe in den Werkstätten auf den Prüfstand zu stellen und ggf. zu verbessern. Das gilt für sämtliche Verfahren und Abläufe, auch für Smart Repair, zumal es um dieses Thema nach einem Hype inzwischen relativ ruhig geworden ist.
Womöglich lässt sich das Thema mit einem neuen Werkzeug wiederbeleben, das während der Automechanika präsentiert wurde: Plastic Fusion. Entwickelt vom Schweizer Smart-Repair-Spezialisten Betag Innovation, lassen sich damit Kunststoffteile, zum Beispiel Stoßfänger, andere Anbauteile oder Halter, einfach und kostengünstig instandsetzen.
Gedanklicher Hintergrund der Entwicklung des Teams um Ralph Meichtry ist der Umstand, dass zwar viele Kunststoffteile am Auto aus Thermoplast bestehen, jedoch Thermoplast und Thermoplast längst nicht dasselbe sind. So kam es zur Entwicklung eines Werkzeugs, mit dem es keine Rolle spielt, aus welchem Thermoplast-Werkstoff das Kunststoffteil besteht, denn es wird mit eigenen Mitteln repariert, vergleichbar mit der Hautverpflanzung in der Humanmedizin. Auch beim Plastic-Fusion-Verfahren wird an einer Stelle Material entnommen, um es an anderer Stelle einzusetzen, was an einer unauffälligen, von außen uneinsehbaren Stelle erfolgen sollte, zum Beispiel an einer Umbördelung oder Versteifung eines Stoßfängers.
Die einzelnen Schritte des Reparaturverfahrens zeigen die Bilder unten am Beispiel eines eingerissenen Stoßfängers, wobei der erste Schritt, die Entnahme des Materials, nicht im Bild gezeigt wird und die beiden Bilder auf Seite 14 aus optischem Grund vertauscht wurden.
Plastic-Fusion-Verfahren im Detail
Entnahme eines Materialstreifens an einer unauffälligen Stelle, Reinigung
Riss mit mindestens einer Klammer exakt „tackern“ (Bild 2)
Riss mit einem Teil des entnommenen Materialstreifens, gemeinsam mit dem Bauteil erhitzt durch eine Heißluftpistole, zunächst auf der Rückseite des Bauteils schließen (Bild 1)
Klammer entfernen (Bild 3)
Bauteilriss mit dem zweiten Teil des entnommenen Materials nun auch auf der Vorderseite schließen (Bild 4)
Nicht vergessen werden darf, dass die Schadenstelle zuvor gereinigt und an-geschliffen, danach feinbearbeitet und ggf. lackiert werden muss.
www.betaginnovation.com/de
Für unterschiedliche Anwendungen gibt es Plastic Fusion in ebensolchen Ausführungen: vom Einzelgerät ohne Zubehör bis zum Komplettsystem mit Fahrwagen und sämtlichem Zubehör. Dazu zählen u. a. Cutter, Tacker, Schleifer und Zange sowie Möglichkeiten zum Schweißen mit Stickstoff und zur chemischen Reparatur (Kleben). Zudem werden weitere Sets mit Lötkolben und anderen Werkzeugen für die zeitwertgerechte Instandsetzung von Kunststoffteilen angeboten. Der Anbieter ist im Internet mit dieser Adresse erreichbar: www.betaginnovation.com.
Natürlich reicht es nicht, ein solches Reparatursystem in der Werkstatt stehen zu haben. Die Dienstleistung muss aktiv an-geboten werden, besonders dann, wenn der Kunde aus finanziellem Grund keine Reparatur in Erwägung zieht. Zeit- und Kostenaufwand sind schnell berechnet, die Argumentation gegenüber dem Kunden sollte angesichts des großen Preisunterschieds zwischen Neuteil und Smart-Repair-Verfahren nicht schwerfallen. Kurzum: Im Bereich Smart Repair steckt noch jede Menge Potenzial.
Ebenfalls in der Schweiz ist der Sitz der Europazentrale von Dow angesiedelt. Der Automotive-Bereich des Chemieunterkonzerns zeigte auf der Automechanika erstmals einen Klebstoff zur Reparatur von Karosserieteilen aus kohlefaserverstärktem Kunststoff (CFK). Fahrzeuge mit derartigen Karosserien oder Karosserieteilen kommen seit geraumer Zeit verstärkt auf den Markt, verunfallen und müssen instandgesetzt werden. Hierzu hat Dow Automotive den Polyurethan-Strukturklebstoff Betaforce 2850 S, ein Zwei-Komponenten-System, entwickelt. Die Kompetenz für das Reparaturmaterial stammt aus der Entwicklung und Produktion entsprechender Klebstoffe für die Erstausrüstung.
Das gilt ebenso für die zweite auf der Automechanika vorgestellte Neuheit, den Scheibenklebstoff Betaseal 1590 CT. Für Lkw, Busse, Land- und Baumaschinen vorgesehen, muss er Anforderungen der Fahrzeuge, Fahrzeughalter und -instandsetzer erfüllen, was sich u. a. in langer Offen- und kurzer Wegfahrzeug äußert. Die Eigenschaften im Detail:
der Scheibenkleber ist neun Monate lagerfähig und bei Außentemperaturen zwischen minus 20 und plus 50 Grad Celsius sowie Materialtemperaturen zwischen minus 5 und plus 40 Grad Celsius verwendbar
vereinfachte Applikation: der Kleber kann ohne Primer oder Aktivator direkt auf die frisch geschnittene Polyurethan-Raupe aufgetragen werden
auch das Verfugen von Scheiben ist mit diesem Kleber möglich
die Verarbeitungszeit, bei Klebstoffen Offenzeit genannt, beträgt bei einer Umgebungstemperatur bis 30 Grad Celsius 25 Minuten und oberhalb 30 Grad Celsius 15 Minuten
die Zeit bis zum Wiedereinsatz des instandgesetzten Fahrzeugs, Wegfahrzeit genannt, beträgt zwei Stunden
Um so genannte Silikonverunreinigungen an den Ersatzscheiben, die deren Verklebungen beeinträchtigen und zu Reklamationen führen können, zu verhindern, empfiehlt man bei Dow Automotive zuerst den Reiniger Betabrade F1 und danach, auch zur Kontrolle des Reinigungsergebnisses, das Produkt Beta-clean 3300. Den Zusammenhang zwischen Scheibensauberkeit und Verklebungsqualität erklärt der Artikel „Glasklare Ansage“ in der asp-Ausgabe 5/2014, ab Seite 16. Edwin Züger, Kleberexperte von Dow Automotive, erklärt darin unmissverständlich: „Wer nicht reinigt, sollte nicht kleben.“ Peter Diehl
Wohin mit den demontierten Teilen, beispielsweise bei der Reparatur eines Unfallschadens? In vielen Betrieben stehen hierzu Regale in Werkstatt oder Lager, manchmal werden auch vergitterte Karren, wie man sie von Post oder Paketdiensten kennt, genutzt. Bei Platzproblemen wird auch schon mal das jeweilige Kundenfahrzeug als Ablage missbraucht. Helmut Niemeyer (Heni, www.heni.de) liefert zu diesem Zweck ab sofort eine professionelle und vergrößerte Version des klassischen Herrendieners, genannt Guardian. Der Aufbewahrungswagen basiert auf einem trapezförmigen Fahrgestell mit vier Lenkrollen, von denen sich zwei als Feststellbremse fixieren lassen. Darauf baut eine von beiden Seiten nutzbare Gitterwand auf, an der sich drei Ablageböden, zwei Halterohre, ein Kleinteilefach, vier Haken und eine Auftragstasche befestigen lassen. Die Ablageböden besitzen Schutzmatten und die Halterohre Hüllen aus Kunststoff, so dass die demontierten Teile nicht beschädigt werden. Alle genannten Details lassen sich flexibel, also bedarfsgerecht montieren. Eine optionale Bodenauflage mit zwei weiteren Lenkrollen und Rungen (vgl. Bild rechts) nimmt Karosseriegroßteile auf. Sollen die demontierten Teile über Nacht oder über das Wochenende unter Verschluss aufbewahrt werden, passt der Guardian mit 80 Zentimeter Tiefe auch durch Türen. Durch die Trapezform des Fahrgestells können mehrere Aufbewahrungswagen im ungenutzten Zustand ineinandergeschoben werden.