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Elektromechanische Servolenkung: Elektronik-Kompetenz unerlässlich

31.01.2023 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
ZF Lenksysteme
Elektronikkompetenz erforderlich: Kfz-Werkstätten benötigen immer mehr elektronisches Fachwissen für die Arbeit an Lenksystemen.
© Foto: ZF

Die elektromechanische Servolenkung hat sich in modernen Autos durchgesetzt. Obwohl sie weniger anfällig als hydraulische Systeme ist, muss bei der Fehlersuche und beim Austausch einiges beachtet werden.

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Kurzfassung

Elektromechanische Servolenkungen haben sich in nahezu allen Pkw-Segmenten durchgesetzt. Im Falle eines Fehlers sollten Werkstätten auch die Peripherie der Lenkung überprüfen, denn hier könnte die Ausfallursache liegen.

Wer heutzutage ein Auto kauft, hat im Regelfall eine elektromechanische Servolenkung an Bord. Im Gegensatz zur herkömmlichen Servolenkung fehlt hier die Hydraulikflüssigkeit zur Lenkunterstützung, die wiederum eine Pumpe zum Aufbau des Hydraulikdrucks notwendig macht, die entweder per Riemen mit dem Motor oder über ein elektrohydraulisches System angetrieben wird. Bei der elektromechanischen Servolenkung fällt die Pumpe weg, denn stattdessen sitzt ein Elektromotor entweder direkt am Lenkgetriebe oder an der Lenksäule, um die Lenkunterstützung zu ermöglichen.

Das spart nicht nur Platz, sondern soll auch weniger fehleranfällig sein (siehe Interview mit Martin Höfer unten). Fällt die Lenkunterstützung aufgrund eines Fehlers in der Lenkung oder der Peripherie aus, kann aber immer noch - wenn auch mit deutlich mehr Muskelkraft - gelenkt werden. Einen Schritt weiter gehen die noch wenig verbreiteten Steer-by­-Wire-Systeme, bei denen darüber hinaus die starre Verbindung vom Lenkrad zum Lenkgetriebe fehlt. Diese Systeme sind eine wesentliche Voraussetzung für künftige autonome Fahrfunktionen und ermöglichen es unabhängig vom Fahrer, Lenkmomente zu erzeugen. Hier muss im Falle eines Elektrikausfalls jedoch eine Redundanz vorhanden sein.

Verschiedene Ausfallursachen

Weil elektromechanische Servolenkungen im Gegensatz zu konventionellen Servolenkungen nur dann Strom verbrauchen, wenn tatsächlich eine Lenkbewegung ausgeführt wird, haben sie sich mittlerweile in praktisch allen Pkw-Segmenten etabliert.

Kfz-Werkstätten benötigen daher für Arbeiten an Lenksystemen immer mehr elektronische Kompetenzen. Das beginnt bereits bei der Fehlersuche. Ein Ausfall der Lenkung kann nämlich auch durch Fehler an anderen Fahrzeugkomponenten verursacht werden, beispielsweise durch Schwankungen in der Stromversorgung. Kfz-Mechatroniker sollten deshalb, bevor sie das Lenkgetriebe austauschen, die elektrischen Verbindungen, Massepunkte, Batterie und Generatorleistung überprüfen. Sensoren oder Steuergeräte des Fahrzeugs, die mit dem Lenksystem kommunizieren, können ebenfalls zu Fehlern oder Ausfällen führen. Diese sollten also überprüft werden, vor allem wenn die Fehlerdiagnose nicht eindeutig ist.

Diverse Arbeitsschritte nötig

Reparaturen am Lenkgetriebe selbst sind übrigens nicht möglich: Dieses muss komplett ausgetauscht werden. Hierbei gilt es, die Vielzahl der möglichen Varianten im Blick zu behalten. Auch gibt es für jede Fahrzeugvariante unterschiedliche Softwarestände und Kennfelder. Deshalb können nach dem mechanischen Einbau, je nach Fahrzeugarchitektur, noch verschiedene Arbeitsschritte notwendig sein. Darunter das Anlernen und Abgleichen von Sensoren, das Anmelden des Lenksystems in den unterschiedlichen Steuergeräten des Fahrzeugs, die Kodierung entsprechender Ausstattungsvarianten oder die Auswahl des Kennfelds der Lenkunterstützung. Auch ein Aufspielen oder Aktualisieren der Software des Lenksystems oder anderer Fahrzeugsteuergeräte kann notwendig sein.

Fragen an ...

Martin Höfer
Martin Höfer, Produktmanager für wiederaufbereitete Lenksysteme bei der ZF Friedrichshafen AG
© Foto: ZF

asp: Herr Höfer, was für Fehler können bei einer elektromechanischen Servolenkung auftreten?

Martin Höfer: Die Lenkung selbst kann aufgrund eines Defekts ausfallen, es kann aber auch die Peripherie einen Fehler aufweisen, sodass die Lenkung nicht mehr richtig arbeitet. Das passiert beispielsweise, wenn die Spannungsversorgung nicht ausreicht oder ausfällt. Eine weitere Fehlerquelle könnte ein Problem in der Kommunikation mit dem Steuergerät der Lenkung sein. Denn die Lenkung braucht zusätzliche Informationen wie beispielsweise die Fahrzeuggeschwindigkeit und den Lenkwinkel. Es gibt aber Schutzmechanismen in der Software der Lenkung, die bei einer gestörten Kommunikation oder Spannungsversorgung in einen Fehlermodus schalten beziehungsweise die elektrische Lenkunterstützung deaktivieren. Im letzteren Fall geht das Lenken dann schwerer, die Lenkung würde aber noch funktionieren und das Fahrzeug bleibt lenkbar.

asp: Gibt es eine erhöhte Fehleranfälligkeit im Vergleich zu konventionellen Servolenkungen?

M. Höfer: Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass die elektromechanische Servolenkung nicht so sensibel wie eine hydraulische Servolenkung ist, da die Hydraulik als Fehlerquelle nicht mehr vorhanden ist. Bei hydraulischen Servolenkungen kann aufgrund von Undichtigkeiten Öl austreten und die Lenkunterstützung ausfallen. Das kann jetzt nicht mehr passieren, weil in elektromechanischen Servolenkungen kein Öl mehr vorhanden ist.

asp: Wie soll die Werkstatt bei der Fehlersuche an einer defekten Lenkung vorgehen?

M. Höfer: Das kommt auf den Fehler und das System im Fahrzeug an. Mit dem Auslesen des Fehlerspeichers mittels Diagnosegerät bekommt man meistens einen Anhaltspunkt, welcher Fehler vorliegen könnte. Herausfordernder wird es natürlich, wenn Fehlermeldungen ausgespuckt werden, die nicht genau zuzuordnen oder unplausibel sind. Spätestens hier sollte man hellhörig werden und den Blick ein wenig weiten, um den Fehler an der richtigen Stelle zu suchen. Im Grunde sollte sich die Werkstatt darüber Gedanken machen, was die Lenkung braucht, damit sie funktioniert. Zuerst sollte sie überprüfen, ob die Spannungsversorgung des Bauteils gegeben ist, die elektrischen Steckverbindungen und Massepunkte fest und korrosionsfrei sind sowie alle Signale ankommen. Werkstätten sollten sich generell nach den Reparaturleitfäden der Fahrzeug- und Teilehersteller richten. ZF Aftermarket bietet über das Werkstattkonzept ZF ProTech seinen Partnern alle wichtigen Informationen für den Werkstattalltag wie fahrzeugspezifische Montagehinweise oder Serviceinformationen über das Online-Portal an.

asp: Was muss nach dem Einbau eines neuen Lenkgetriebes programmiert werden?

M. Höfer: Das ist von Fahrzeug zu Fahrzeug oder je nach Hersteller sehr unterschiedlich. Gewöhnlich gibt das Diagnosegerät vor, welche Schritte durchzuführen sind. Es wird zunächst einen Fehlercode ausgeben, wenn die Lenkung nicht initialisiert ist oder Parameter nicht hinterlegt sind. Im Regelfall gibt es dann eine geführte Programmierung und ein Anlernen des Produkts. Das kann von einer Lenkwinkelkalibration bis hin zu Software-Updates oder Aufspielen von Kennlinien reichen.

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