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10.09.2008 12:02 Uhr
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Behindertengerechter Fahrzeugumbau

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Mobilität ist ein wichtiges Gut. Das wissen nicht zuletzt Servicebetriebe, die sich auf behinderte Autofahrer spezialisiert haben und diesen mit dem Einbau von Behelfsgeräten das Leben erleichtern.

Dem Statistischen Bundesamt zufolge gab es im ersten Halbjahr 2008 auf deutschen Straßen über 190.000 Verletzte. Je nach Versehrtheitsgrad ändert sich das Leben der Betroffenen schlagartig. Eigentlich selbstverständliche Tätigkeiten müssen teilweise neu erlernt werden. Beispielsweise das Autofahren. Natürlich gilt dies nicht nur für Unfallopfer. Auch Schlaganfall oder Amputation kann zu Mobilitäts-einschränkungen führen. Laut den Bundesstatistikern gibt es deutschlandweit 4,5 Millionen Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Um weiterhin (Auto-)mobil zu bleiben, lassen viele Betroffene ihre Fahrzeuge behindertengerecht umrüsten. Selbst für Schwerstbehinderte gebe es mittlerweile Möglichkeiten und Hilfsmittel, erklärt Udo Späker, Sprecher des spezialisierten Einbaubetriebes Reha Group Automotive aus Hilden. Einige Hersteller, etwa Autoadapt aus Schweden oder das italienische Unternehmen Guidosimplex, haben eine Vielzahl Pkw-Umrüstsysteme im Angebot. Servicepartner wie die Reha Group übernehmen Beratung und Einbau der Lösungen, haben allerdings auch eigene Entwicklungen im Angebot.

Spezialisten im Vorteil

Behindertengerechte Fahrzeuge gibt es zwar auch ab Werk, doch haben spezialisierte Einbauer in vielen Fällen die für den Kunden besten Lösungen parat – durch ihren individuelleren Ansatz, so Späker. Die Behinderungsausprägung sei schließlich unterschiedlich und verlange nach maßgeschneiderten Einbauten, bestätigt Franz Lipp vom Betrieb Graf & Lipp aus Peißenberg. "Die Standardlösungen der Automobilhersteller reichen da nicht aus." Spezialanbieter verfügen stattdessen über die notwendige Kombination aus medizinischem und fahrzeugtechnischem Know-how und seien eher in der Lage den Kundenansprüchen zu entsprechen.

Den Peißenberger Betrieb gibt es seit 1994. Die Kfz-Meister Heinrich Graf und Franz Lipp waren davor bei einem Sanitätshaus tätig, beschäftigen sich also seit 25 Jahren mit behindertengerechtem Fahrzeugumbau. Die gemachten Erfahrungen sind essenziell und kommen den Kunden zugute. "Man muss deren Wünsche und Fertigkeiten kennen, erst danach gelangt man zu passenden Lösungen", betont Graf. Aus diesem Grund arbeite man eng mit dem nahe gelegenen Unfallklinikum Murnau zusammen. Die Kooperation nützt allen Beteiligten: Das Krankenhaus ist in der Lage den Patienten einen Ansprechpartner für Mobilitätslösungen im Auto zu vermitteln. Graf & Lipp kann die eigenen Leistungen präsentieren und im Austausch mit medizinischem Personal und Betroffenen passgenaue Lösungen bereitstellen.

Zur individuellen Planung müssen Umrüster erst die Bedienfähigkeit des Anwenders kennen. Mit einem Kraftmessgerät oder einem Fahrsimulator werden Reaktionszeit und die Bewegungsmöglichkeiten der Kunden getestet. Das entscheidet über das Ob und das Wie der Anpassungsmaßnahmen. Nachgefragt werden die Lösungen hauptsächlich von Querschnittgelähmten mit einer Paraplegie (keine Beinfunktion) oder Tetraplegie (Hände sind ebenfalls betroffen). Außerdem bilden Menschen mit einer Halbseitenlähmung, Muskelerkrankte sowie Personen mit einer Amputation die typische Kundschaft. Darüber hinaus benötigen Menschen Assistenzsysteme, die altersbedingt oder aufgrund ihrer Statur Schwierigkeiten beim Autofahren haben.

Quantensprünge in der Technik

Je nach Behinderungsgrad sind unterschiedliche Lösungen sinnvoll. Grundsätzlich bieten die Spezialisten Einstiegs-, Verstau- und Fahrhilfen an. Das Be- und Entsteigen des Autos wird durch die Integration von Auffahrrampen, Rollstuhlhaltesystemen, Hebebühnen sowie Dreh- und Schwenksitzen erleichtert. Typische Fahrhilfen reichen von einer Pedalverlängerung für Kleinwüchsige über leichtgängige Servolenkungen für ältere Autofahrer, denen die Kraft fehlt, bis zu Handsteuergeräten. Für Autofahrer, die nur ihre Hände benutzen können, haben Techniker spezielle Geräte, etwa einen Gasring am Lenkrad oder eine Joystick-Steuerung, entwickelt. Eine besondere Herausforderung für Einbauer stellen die Tetraplegiker dar, bei denen alle vier Gliedmaßen betroffen sind. In manchen Fällen sind jedoch eine Hand oder einzelne Finger bedingt funktionstüchtig. Laut Gesetz muss sich während der Fahrt mindestens eine Hand am Lenker befinden. Die Bedienelemente für Blinker, Hupe und Gas/Bremse, sollten also direkt neben der steuernden Hand am Lenkrad angebracht sein.

Automatische Transport- und Verstauhilfen verhindern, dass mobilitätseingeschränkte Personen Gehhilfen oder Rollstühle umständlich zusammenlegen und in das Fahrzeug wuchten müssen. Autoadapt hat eine so genannte "Roof Spider" entwickelt. Mittels dieser "Dachspinne" wird der Rollstuhl automatisch in einer Dachbox verstaut. Besonders beeindruckend ist ein Einzugs- bzw. Ausfahrsystem, das die Firma Mobilcenter Zawatzky aus Meckesheim im Programm hat. Dabei fährt ein Roboterarm den Rollstuhl automatisch aus dem Kofferraum bis zur Fahrertür (siehe Fotostrecke oben). Der Autofahrer muss sein Hilfsmittel lediglich ausklappen. Der Einbau dieser Produkte ist mit hohen Sicherheitsanforderungen verbunden. Die Firma Autoadapt etwa weist darauf hin, dass die gesamte Arbeit gründlich dokumentiert und die Produkte getestet werden. Nach Angaben von Rudolf Zawatzky, Seniorchef und Gründer des Mobilcenters, werden die Einbauten in enger Zusammenarbeit mit dem TÜV geprüft und bei Notwendigkeit auch Crashtests unterzogen.

Einbauprofis am Werk

Die Reha Group Automotive rüstet seit 1981 Fahrzeuge um. Die Hildener Firma, die als Fahrschule mit Spezialisierung auf behinderte Fahranfänger angefangen hat, weiß um deren Schwierigkeiten, erklärt Unternehmenssprecher Udo Späker. Das Mobilcenter Zawatzky hat eine ähnliche Geschichte: 1962 als Fahrschule gegründet, bieten die Meckesheimer seit 1965 die Ausbildung für mobilitätseingeschränkte Fahranfänger an. Neben dem Fahrschulbetrieb werden seit 1967 in einer eigenen Werkstatt Umbauten realisiert, um Betroffenen ein Stück Lebensqualität zurückzugeben, wie Marketingleiter Bernd Schulz erklärt. Denn darum geht es letztlich: Mobilität ist mehr als lediglich von A nach B zu kommen. Es bedeutet unabhängiger zu sein, am Leben teilnehmen und soziale Kontakte pflegen zu können. Martin Schachtner

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