Motorkapselung, thermoelektrischer Generator
Um die Effizienz des Verbrennungsmotors zu steigern, entwickelt man bei BMW an mehreren Systemen, die den Motor isolieren und die Wärmeenergie des Abgasmassenstroms nutzen.
Jeder Kfz-Mechatroniker lernt, dass nur etwa ein Drittel der im Krafstoff enthaltenen chemischen Energie vom Verbrennungsmotor in kinetische Energie umgesetzt werden kann. Das zweite Drittel verschwindet durch die Abgasanlage, das letzte Drittel durch das Kühlsystem. Zwar konnte insbesondere in den letzten Jahren einiges an Effizienzsteigerung erzielt werden, Pi mal Daumen stimmt die genannte Einteilung aber noch immer.
Bei BMW entwickelt man einerseits an Systemen, die den Motor isolieren, so dass dieser nach dem Abstellen weniger schnell auskühlt, und andererseits an der Nutzung des nicht zu verhindernden Abgasmassenstroms als doppelte Energiequelle.
Vollständige Motorkapselung
„Um die Temperatur im Motorraum mög-lichst lange möglichst hoch zu halten und die Warmlaufphase nicht bei der Umgebungstemperatur beginnen zu müssen, wird der Motor vollständig eingekapselt. Abgesehen von den bereits seit 2007 mit BMW Efficient Dynamics eingeführten Luftklappen hinter der BMW Niere, ist der Motor des Prototypen komplett von aus-gekleideten Schottwänden umgeben. Als Isolationsmaterial greifen die Ingenieure dabei auf bereits bewährte Materialien aus dem Fahrzeugunterboden zurück. Auf-grund des von Haus aus sehr wirkungsvollen Kühlsystems droht auch trotz der Isolierung keine Überhitzung. Im Gegenteil: Bisher nur mit erheblichem Aufwand gekühlte Bauteile im Motorraum werden von der Kapselung besser vor der Motorabwärme geschützt. Durch die Kapselung kühlt ein 80 Grad Celsius warmer Motor nach der Fahrt nun deutlich langsamer ab und ist selbst nach zwölf Stunden immer noch ca. 40 Grad Celsius warm. Dabei haben Untersuchungen gezeigt, dass im Kundenbetrieb nur ca. zwölf Prozent der Abstellzeiten mehr als 16 Stunden betragen“, so die Erfahrungen der Entwickler. Die hiermit erzielbare Verbrauchsreduzierung benennt BMW mit bis zu 0,2 Prozent pro Grad Celsius Temperaturerhalt. Ne-beneffekte: Manche Maßnahmen zur Ge-räuschdämmung werden überflüssig, was Gewicht spart, und weil auch das Kühl-mittel warm gehalten wird, verbessert sich der Temperaturkomfort beim Start.
Bei der Nutzung des Abgasmassenstroms geht es neben der Wärmerückgewinnung auch um elektrische Energie. Um bei Fahrzeugen mit Dieselmotor einen Zuheizer und den damit verbundenen Mehrverbrauch zu vermeiden, kann BMW zufolge „das heiße Abgas durch den Ein-satz eines Wärmetauschers, der möglichst nahe an Katalysator und DPF angebracht ist, als zusätzliche Wärmequelle für die Innenraumheizung genutzt werden. Die Verlustwärme aus dem Abgasstrang trägt so zur zusätzlichen Beheizung des Fahrzeuginnenraums bei. Bei geeigneter Kons-truktion sind Heizleistungen möglich, die mit der von elektrischen Zusatzheizungen vergleichbar sind. Elektrische Heizmodule, die zusätzlichen Kraftstoff kosten, sind damit überflüssig.“
Thermoelektrischer Generator
Allerdings lässt sich dieser Effekt nicht eins zu eins auf Ottomotoren übertragen: „Das größere Einsparpotential des Abgaswärmetauschers liegt bei Dieselmotoren in der zusätzlichen Beheizung des Innenraums, während er bei Ottomotoren zur Verkürzung der Warmlaufphase beiträgt.“
Die Möglichkeit, die Wärmeenergie des Abgasmassenstroms in elektrische Energie zu verwandeln, eröffnet der thermoelektrische Generator (TEG). Vorgestellt als Unterboden-Einbaulösung (asp 6/2008, Seite 8), bestand die nächste Entwicklungsstufe in der Integration des TEG in den AGR-Kühler. Dort erzeugt er bis zu 250 Watt, was laut BMW ungefähr der Hälfte des Bordverbrauchs eines 5er sowie Ver-brauchs- und Emissionsvorteilen von bis zu zwei Prozent entspricht. Thermoelektrische Generatoren wurden bereits seit den 1960er Jahren zur Erzeugung elektrischer Energie in Raumsonden genutzt:
Effekte: Seebeck und Peltier
„Die Technologie macht sich den Effekt zu Nutze, dass in thermoelektrischen Halbleiterelementen durch ein Temperaturgefälle eine elektrische Spannung entsteht (Seebeck-Effekt). Je größer die Temperaturdifferenz ist, desto höher ist die erzeugte Spannung. Da abhängig vom Lastzustand an der heißen Seite des Generators die Abgastemperatur zwischen 300 und 900 Grad Celsius liegt, werden im TEG Hoch- und Niedertemperatur-Module gekoppelt, um die Stromerzeugung über einen möglichst breit gefächerten Bereich sicherzustellen. Für die kalte Seite des thermo-elektrischen Generators wird wie bisher das Kühlmittel des Motors verwendet.“ Abgegriffen wird das Abgas zwischen Krümmer und Turbolader, wo es die höchste Temperatur aufweist. Weil im AGR-System nur ein Teil des Abgases zur Verfügung steht, wird mit der dortigen Integration des TEG nicht sein volles Potenzial genutzt. Des-halb will man den TEG künftig in die Abgasanlage integrieren – „als Unterbodenlösung oder direkt integriert in den Katalysator. Diese Lösung ist jedoch be-deutend aufwändiger und mit deutlich mehr Konstruktionsaufwand verbunden, als die in die Abgasrückführung integrierte Lösung. Für die Zukunft ist die Integration in den Hauptabgasstrang jedoch attraktiv, da hier aufgrund der höheren Massenströme nicht nur deutlich mehr Strom erzeugt werden könnte. Kehrt man nämlich den Energiegewinnungsprozess um, sprich leitet Strom aus einer Batterie in die Halbleiter (Peltier-Effekt), könnte das Stromaggregat auch als Katalysatorheizung dienen, um die Rohemissionen beim Kaltstart zu verringern. Sobald das Abgas heiß genug ist und der Katalysator seine Be-triebstemperatur erreicht hat, wird der Prozess umgekehrt, um wieder Strom zu erzeugen. Insgesamt liegt hier ein Potential zur Verbrauchssenkung von bis zu fünf Prozent im Kundenbetrieb.“ Bereits im September 2008 wurde der TEG mit dem „Öko Globe“ für besonders umweltverträgliche Innovationen ausgezeichnet.
Peter Diehl
- Ausgabe 3/2010 Seite 10 (336.3 KB, PDF)