EU will Reifenabrieb regulieren: Streit um Messmethode für Euro 7-Norm

08.10.2025 14:31 Uhr | Lesezeit: 5 min
Reifenabrieb
Die Reifenbranche ist sich uneinig, wie Gummiabrieb künftig gemessen werden soll.
© Foto: Michelin

Mit Euro 7 rückt erstmals auch der Reifenabrieb in den Fokus der EU-Abgasnorm. Während die Politik klare Vorgaben macht, ringen Industrie und Fachgremien noch um die passende Prüfmethode. Die Entscheidung hat große Bedeutung für Hersteller, Umwelt und Verbraucher.

Reifen hinterlassen Spuren – nicht nur auf der Straße. Feine Partikel aus Gummi und Asphalt gelangen in Luft, Boden und Gewässer. Mit der neuen Euro-7-Norm bezieht die EU erstmals auch nicht-auspuffbedingte Emissionen in die Regulierung ein. Neben Bremsstaub steht damit künftig auch der Reifenabrieb unter Beobachtung.
Bis Februar 2026 soll unter dem Dach der UNECE eine einheitliche Prüfmethode festgelegt werden, damit Hersteller rechtzeitig vor dem geplanten Start der Regelung konforme Produkte entwickeln können. Der Zeitplan ist ambitioniert: In Europa fallen laut Branchenschätzungen jährlich rund eine halbe Million Tonnen Reifenabrieb an.

Straßentest versus Labor

Im Zentrum der Debatte stehen zwei konkurrierende Ansätze. Die Befürworter der sogenannten On-road-Methode setzen auf Praxistests mit mehreren Fahrzeugen, die definierte Strecken unter realen Bedingungen absolvieren. Ein Referenzreifen läuft parallel, um äußere Einflüsse auszugleichen. Der Abrieb wird über eine Massenbilanz bestimmt und als Milligramm pro Kilometer und Tonne Fahrzeuggewicht ausgewiesen. Der Laboransatz dagegen nutzt Trommelprüfstände mit simuliertem Asphalt, konstanter Temperatur und geregelter Last. Seine Stärke ist die Reproduzierbarkeit, doch die Ergebnisse gelten bislang als uneinheitlich.

Michelin warnt vor Fehlinterpretationen

Cyrille Roget, Direktor für Wissenschafts- und Innovationskommunikation bei Michelin, warnt vor vorschnellen Entscheidungen zugunsten des Labors. „Wir sehen teils starke Fehlkorrelationen: Reifen, die auf der Straße gut sind, schneiden auf der Trommel schlecht ab – und umgekehrt“, sagt Roget. Für den französischen Reifenhersteller ist die On-road-Methode der einzige Weg, realistische Ergebnisse zu erhalten. Auch andere Branchenvertreter plädieren für einen Stufenansatz: zunächst Straßentest, später Labor – sobald die Methode validiert ist.

Position der Industrieverbände

Die europäischen Reifenverbände ETRTO und ETRMA schlagen in einem Papier an die UNECE einen Kompromiss vor. Demnach soll die Trommelmethode nur als alternative Prüfmethode zugelassen werden, wenn ihre Vergleichbarkeit mit dem Straßentest nachgewiesen ist. Auch sie sehen den Straßentest als Ausgangspunkt der Regulierung. Die technische und wirtschaftliche Komplexität des Laborverfahrens – etwa durch abrasive Beschichtungen oder Zusatzstoffe – sei derzeit zu hoch für eine breite Anwendung.

Folgen für Verbraucher

Für den Reifenkauf bedeutet das Thema schon heute mehr Aufmerksamkeit. Neben Rollwiderstand, Nasshaftung und Geräusch spielt künftig auch der Abriebwert eine Rolle. Je schwerer das Fahrzeug und je dynamischer der Fahrstil, desto höher der Verschleiß. Vorausschauendes Fahren und eine bewusste Reifenwahl können die Belastung senken. Mit dem geplanten Start der Euro-7-Regelung ab 2027 sollen Grenzwerte und Prüfstandards europaweit vereinheitlicht werden – ein Schritt hin zu mehr Transparenz für Hersteller, Handel und Verbraucher.


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