Ist das wirklich ein Smart? Diese Frage stellt sich unweigerlich, wenn man das erste Mal vor dem #3 steht. Er ist nicht nur das bislang schönste Modell im noch jungen Smart-Portfolio, sondern tritt als Brabus-Version auch in seiner emotionalsten Ausprägung auf. Mit den früheren Stadtflitzern hat dieser Kraftprotz kaum noch etwas gemein. Daneben wirkt selbst eine Mercedes C-Klasse fast zierlich. Dennoch: So überzeichnet wie viele andere Elektroautos ist der #3 auch wieder nicht. In gewisser Weise trägt er also noch einen Hauch von Smart-DNA in sich.
Was der #3 sein will, bleibt allerdings ein wenig offen. Er tritt als Fünftürer auf, wie es in der Kompaktklasse üblich ist – allerdings eleganter. Das Heck läuft schwungvoll aus, die seitliche Fensterlinie wird nicht durch Pfeiler unterbrochen, die Türen kommen rahmenlos daher, und auch die Türgriffe liegen bündig in der Karosserie. Ein bisschen Kompakter, ein bisschen Coupé, ein bisschen SUV – und dazu eine ordentliche Prise Sportwagen. Abgeschmeckt ist das Ganze mit einer Portion Premium. Smart, wat haste Dir verändert.
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Das gilt auch für die Leistung. Brabus steht bei Smart seit jeher für zusätzlichen Schub. Doch mit Allradantrieb, zwei E-Motoren und 315 kW beziehungsweise 428 PS betritt die Marke neues Terrain, was Fahrdynamik angeht. Möglich macht das moderne Elektroantriebstechnik aus dem Geely-Konzern, der auch Marken wie Polestar und Lotus zu neuen Leistungsdimensionen verholfen hat. Im Fall des #3 geht das ganz ohne Lärm und Abgas. Leise, sauber und auf Wunsch brachial beschleunigt der Stromer, wie ein hungriger Dackel, der das Rascheln der Wurstverpackung hört.
Besonders eindrucksvoll wird das im Brabus-Modus. Der Schub trifft den Fahrer wie ein Tritt in den Rücken, ohne dass sich das Fahrzeug dabei angestrengt anfühlt. Mit entspannter Souveränität setzt der #3 Gasbefehle um und regelt auch bei ambitioniertem Tempo sehr kontrolliert. 3,7 Sekunden sollen für den Sprint auf Tempo 100 genügen, bei 185 km/h wird der Vorwärtsdrang reglementiert. Dabei wirkt der Wagen, als wäre da noch deutlich mehr drin.
Smart #3 Brabus

Besonders gelungen ist die Gesamtabstimmung, die echtes Sportwagenfeeling aufkommen lässt. Der #3 wird in China gebaut, und bei so manchem Kraftpaket aus Fernost wollte die Harmonie zwischen Leistung und Fahrwerk bislang nicht recht aufkommen. Anders hier: Die Vordersitze sind straff, sportlich und langstreckentauglich, die Lenkung vermittelt Präzision und Rückmeldung. Die Straßenlage wirkt satt, der Wagen lässt sich direkt und ohne lästigen Spielraum dirigieren. Kräftig zupackende Bremsen, griffige Michelin-Sportreifen im 20-Zoll-Format und gut abgestimmte Regelsysteme machen das Fahrerlebnis rund. Im direkten Vergleich mit ähnlich starken Kompaktsportlern mit Verbrenner käme der #3 wohl etwas ins Hintertreffen – unterhaltsam bleibt er trotzdem. Beim Ampelstart ist die Konkurrenz aus der Benzinerwelt sogar absolut chancenlos. Dabei bleibt das Fahrwerk bleibt trotz einer ausgeprägt sportlichen Note komfortabel genug für den Alltag.
Das gilt auch für den Innenraum. Der Einstieg könnte etwas großzügiger ausfallen, die Mittelkonsole ist recht breit geraten, doch ansonsten überzeugt das Platzangebot ebenso wie die Einstellmöglichkeiten. Auch im Fond sitzt man bequem, zumal kein Mitteltunnel stört. Der Kofferraum fällt allerdings kleiner aus als versprochen. Die angegebenen 370 Liter sind mehr als optimistisch. Mit umgeklappter Rückbank sollen es 1.160 Liter sein.
Innenraumdesign: Neuer Premiumanspruch
Beim Innenraumdesign steht der #3 für einen neuen Premiumanspruch der Marke Smart. Die Oberflächen wirken hochwertig, die Verarbeitung überzeugt, nichts klappert. Auf klassische Schalter hat Smart im Mitteltunnel komplett verzichtet. Wichtige Funktionen sind rund um das Lenkrad angeordnet, alles Weitere läuft über einen großen Touchscreen. Hier zeigt sich der chinesische Einfluss besonders deutlich. Vieles wirkt verspielt, manches lässt sich nicht intuitiv bedienen. Wer sich mit allen Möglichkeiten vertraut machen will, sollte sich Zeit und das Handbuch zur Hand nehmen. Auch die Assistenzsysteme tragen eine fernöstliche Handschrift. In einigen Situationen reagieren sie etwas streng, während der Abstandstempomat hinsichtlich seiner Regelgüte noch ein wenig „Deutsche Autobahn“-Feinschliff vertragen könnte.
Smart #3 Brabus: Unterhaltsames und zugleich alltagstaugliches Spaßmobil
Apropos Autobahn: Auch das kann der #3. Die nutzbare Batteriekapazität beträgt 62 Kilowattstunden. Bei einem angegebenen Verbrauch von 15 Kilowattstunden wären rechnerisch die 415 Kilometer Reichweite möglich, die der #3 Brabus laut Datenblatt liefern soll. In der Praxis lag der Verbrauch bei moderaten 120 km/h bei etwa 20 Kilowattstunden, was für knapp 300 Kilometer bei sommerlichen Temperaturen reicht. In der Stadt und bei zurückhaltender Fahrweise sind durchaus über 400 Kilometer drin. Das Schnellladen funktioniert bis maximal 150 Kilowatt, wobei die höchste Ladeleistung nur zu Beginn anliegt und schon nach kurzer Zeit abfällt. In acht Minuten konnten wir 17 Kilowattstunden nachladen, in einem anderen Fall waren es in 16 Minuten 30 kWh. Wer viel und weit unterwegs ist, sollte nach E-Autos suchen, die mehr Reichweite bieten und schneller schnell laden.
Der #3 Brabus ist ein unterhaltsames und zugleich alltagstaugliches Spaßmobil und bietet damit eine neue Facette in der Markengeschichte von Smart. Günstig ist er nicht. Mit 53.500 Euro kratzt er an der Grenze zum Premiumsegment. Überraschend für Smart: Der Preis ist fix. Alles ist bereits enthalten. Metallic-Lackierung, 20-Zoll-Räder, Sportsitze, das Panoramaglasdach und die Beats-Audioanlage gehören zum Serienumfang. Optionen gibt es keine mehr. Wünsche bleiben also kaum offen. Nur eines: Ob das noch „smart“ ist, darf man sich angesichts des Preises ruhig fragen.