Chief Richtanlagen
Der amerikanische Richtbank-Hersteller Chief bietet Karosserierichtanlagen und Mess-Systeme an, welche ein zügiges und zugleich präzises Instandsetzen von beschädigten Karosserien ermöglichen.
Wer sich heute mit der Unfallinstandsetzung von Karosserien beschäftigt, sieht sich einer Fülle zum Teil konträrer Anforderungen ausgesetzt. Das ist zum einen die Technik der Karosserien. Fast jedes Fahrzeug verfügt heute über eine andere Kombination unterschiedlicher Karosseriewerkstoffe, welche im Falle einer Reparatur anders zu behandeln sind. Manche Karosserieteile dürfen niemals gerichtet werden, andere nur innerhalb enger Grenzen und im schlimmsten Fall lässt sich ein Teil nicht mal ersetzen. Weil bei Unfallinstandsetzungen fast immer ein Fahrzeugversicherer involviert ist, stellen die Versicherungen gewisse Forderungen, in welchem Rahmen Unfallinstandsetzungen zu erfolgen haben. Schnell muss es gehen, ist eine Devise der Versicherer. Die Werkstatt selbst ist ebenfalls an einer zügigen Abwicklung interessiert, damit die Verrechnung schnell erfolgen kann und das Fahrzeug nicht unnötig lange Platz in der Werkstatt wegnimmt. Nur mit einer modernen Ausstattung, welche sowohl eine präzise Schadensaufnahme als auch ein zügiges Abarbeiten der notwendigen Arbeitsschritte erlaubt, kann eine Werkstatt Karosseriereparaturen heute noch wirtschaftlich ausführen.
Viel Erfahrung investiert
Karosserierichtanlagen von Chief sind in den USA schon seit fast vier Jahrzehnten bekannt. Das Unternehmen gehört seit Langem zum Dover-Konzern, der in Deutschland vor allem durch den Werkstattausrüster BlitzRotary in Bräunlingen bekannt ist. Von Bräunlingen aus wird seit Kurzem auch der europäische Vertrieb für die Chief-Produkte neu aufgebaut, welche zuletzt primär in Frankreich und Osteuropa erhältlich waren. Das Grundprinzip der Chief-Karosserierichtanlagen, welche es in mehreren Varianten und Ausstattungsniveaus wie „Kahuna“ oder „Impulse“ gibt, ist die schnelle, unkomplizierte Aufnahmemöglichkeit für jedes Fahrzeug. Im Idealfall fährt ein beschädigtes Automobil aus eigener Kraft auf eine neigbare Plattform. Anschließend wird die Plattform in die Horizontale gehoben und das Fahrzeug dort mit einigen Handgriffen fest aufgenommen. Mit einem Luftbalg werden nacheinander beide Fahrzeugflanken soweit angehoben, dass sich die Aufnahmeböcke mit den Klammern unter die Schweller schieben lassen. Auf den jeweiligen Fahrzeugtyp abgestimmte Halteklammern lassen sich überall auf der Plattform befestigen. Dabei berücksichtigt das Chief-System auch markenspezifische Besonderheiten wie die Aufnahmebohrungen in den Schwellern bei Mercedes-Benz und BMW. Auch Fahrzeuge mit separatem Rahmen können auf den Chief-Richtanlagen fest verankert werden. Damit ist die Grundlage für den Einsatz der Richttürme geschaffen.
Im ersten Schritt vermessen
Die Richttürme lassen sich je nach Richtbankmodell frei um die Richtbank herum fahren. Auf Knopfdruck fahren die Hydraulikzylinder nach oben aus und lenken dabei eine Kette um. Im Prinzip ist es dem Anwender völlig freigestellt, ob er nach oben, nach unten, zur Seite oder gleichzeitig mit zwei Türmen in zwei Richtungen zieht. Mit einer solchen Ausstattung lassen sich auch kniffelige Fälle lösen. Doch bis es soweit ist, müssen erst die Messwerte für die Karosserie vorliegen. Und dafür bietet Chief ein modernes Mess-System an, welches alle Messwerte in Echtzeit anzeigen kann. Dieses Mess-System, es ist ebenfalls in mehreren Varianten und Ausstattungsumfängen lieferbar, besteht aus dem zentralen Terminal mit PC und Schubladen für die Adapter und Targets, sowie einem Laser-Scanner. Der Laser-Scanner wir quer unter einem zu vermessenden Fahrzeug angeordnet. Das kann für eine Eingangsvermessung auch mit Hilfe eines Stativs geschehen, wenn das Fahrzeug auf einer Zwei-Säulenbühne angehoben ist. Für den Einsatz mit den Richtbänken wird der Laser-Scanner auf einem Träger quer unter eine Karosserie geschoben. An beiden Enden des Laser-Scanners ist je ein rotierender Laserstrahler mit Sensor angebracht. Gemäß einem für jedes Fahrzeugmodell individuell hinterlegten Plan muss der Anwender für jede Vermessung mindestens acht Targets und maximal bis 20 Targets unter der Karosserie befestigen. Die Software gibt dabei genau vor, mit welchem Magnetadapter welchesTarget an einer bestimmten Bohrung oder auf einem Schraubenkopf zu befestigen ist. Sobald Laserstrahlen eines der Targets treffen, erfassen Sensoren die Reflektion. Das passiert so schnell hintereinander, dass die Messwerte in Echtzeit ausgegeben werden können. Weil jedes Target von zwei Laserstrahlen erfasst wird und das erfasste Balkencode-Signal die Höhenposition mit enthält – der Balkencode variiert mit der Höhe etwas – wird jeder Messpunkt dreidimensional erfasst. Wie stark eine Karosserie deformiert ist, zeigt das Mess-System bereits Minuten nach seinem Aufbau an. Damit eignet es sich auch für Gutachter, die nur kurze Zeit für eine Vermessung zur Verfügung haben.
Ausgetüftelt bis ins Detail
Doch das Chief-Reparatursystem bietet dem Anwender noch mehr. So gibt die Software anhand der Messwerte Empfehlungen wie und wie weit gezogen werden muss. Dabei berücksichtigt die Software auch den Werkstoff des verschobenen Teils und liefert bei Bedarf, wenn die Verformung zu groß ist, eine entsprechende Information. Dass die diesem System zugrunde liegenden Daten stets korrekt sind, wird durch regelmäßige Softwareupdates sichergestellt. Auf den ersten Blick mögen die Chief-Karosserie-Richtanlagen etwas grob und nur für amerikanische Fahrzeuge geeignet erscheinen. Doch alleine in unserem Nachbarland Frankreich, wo auch die Bilder für diesen Beitrag entstanden, stehen 400 Chief-Richtanlagen und liegen Freigaben aller drei einheimischen Automarken vor. Vor allem die Schnelligkeit der Anwendung sowohl des Mess-Systems als auch der Richtanlagen sowie deren Variabilität sprechen für sich. Gut 20 Chief-Patente sind in die Anlagen eingeflossen. Dabei wurde an jedes Detail gedacht, welches im Rahmen einer Karosseriereparatur auftreten könnte. So ist ein zusätzlicher Rahmen für die Oberbauvermessung erhältlich, mit welchem die Montagepunkte für die Anbauteile überprüft werden sollten, denn so wird vermieden, dass ein Fahrzeug zwar gerichtet wurde, die Anbauteile aber kaum passen. In der Summe bietet das Chief-System mit seinen vielen Hilfsmöglichkeiten eine überraschend enge Verzahnung zwischen Richtbank und Mess-System. Dabei muss sich der Anwender nicht mit komplizierten Vorgaben beschäftigen, sondern kann sich von Anfang an voll um die gestellte Arbeitsaufgabe und deren Lösung kümmern. Bernd Reich