Start-Stopp-Systeme
Durch kleine, aber feine Details unterscheiden sich Motoren mit von solchen ohne Start-Stopp-System. Wir zeigen, welche das sind – und welche nicht.
Ein Fahrzeug, dessen Motor über ein Start-Stopp-System verfügt, bietet genau genommen kaum anderes als ein Fahrzeug mit Motor ohne Start-Stopp-System. Will heißen: Der Unterschied liegt eher in der Soft- als in der Hardware, was BMW-Sprecher Manfred Poschenrieder in asp 11/2009 bestätigte, indem er bezüglich 1er, 3er und X1 von „nicht viel Neuem“, sondern von „schlauen Ingenieuren, die Vorhandenes besser verknüpften“, sprach. Während in der genannten Ausgabe das Gesamtsystem und somit die Software beschrieben wurde, soll hier die Hardware beleuchtet werden: Welche Details, die man anfassen kann, unterschieden sich?
Starter und Generator verstärkt
Da wären zunächst Starter und Generator, die beide Verstärkung erfuhren: der Generator an den elektrischen (für schnellere Ladung der Batterie), der Starter an den mechanischen Komponenten (für mehr Startvorgänge). Bosch-Sprecher Stephan Kraus erklärt es genauer: „Prinzipiell werden alle verschleißrelevanten Bauteile eines für Start-Stopp-Systeme ausgelegten
Starters verstärkt. Betroffen sind dabei Lagerstellen, internes Getriebe, Kommutierungssystem, Einspuraktuatorik sowie das Zusammenspiel von Ritzel und Zahnkranz. Darüber hinaus ist aus Komfortgründen eine höhere Starterdynamik für den Start-Stopp-Betrieb gewünscht. Diese wird durch Übersetzungsverhältnis und Auslegung der elektrischen Maschine be- einflusst.“ Weil man das alles von außen nicht sieht, muss bei Startererneuerung nicht nur ein gleich starker, sondern auch ein Starter des gleichen Typs, erkennbar nur am Typenschild, verwendet werden.
Beim Akku handelt es sich, zumindest bei BMW, stets um eine AGM-Version. Das Kürzel steht für Absorbed Glas Mat und bedeutet, dass der Elektrolyt in Glasfasermatten gebunden ist. AGM-Batterien halten mehr und schnelleren Ladezyklen stand und liegen bezüglich Lebensdauer um den Faktor drei über ihren konventionellen Vorgängern. Auch Lebensdauer verlängernd wirken sich Betrieb zwischen 60 und 80 Prozent der Kapazität und Ladung mit erhöhter und gepulster Spannung nach intensiven Entladezyklen aus.
Gleitlager mit Polyamidimid
Auch für andere Bauteile bedeutet die ge- steigerte Zahl von Start- und Stoppvorgängen eine erhöhte Belastung: Kurbelwellen-Lagerschalen und Pleuellager. Hier besteht die Gefahr von Mischreibung und vor-zeitigem Verschleiß. Motoren mit Start-Stopp-System sind für 250.000 bis 300.000 Startzyklen ausgelegt. Weil konventionelle Lagerschalen mit Alu- oder Kupfersubstrat, so die Erfahrung von Federal-Mogul, bereits nach 100.000 Zyklen deutlichen Verschleiß zeigen, hat der Zulieferer ein neues Beschichtungsmaterial entwickelt. Auf den Lagerrücken aus Stahl wird eine Mischung aus Polyamidimid (PAI), Füllstoffen und Festschmierstoffpartikeln auf-gebracht, die laut Hersteller außerordentlich verschleißfest ist. Zudem soll sie auf-grund des Benetzungsverhaltens den hy- drodynamischen Schmierfilm schneller aufbauen. Gleitlager mit Polyamidimid-Beschichtung eignen sich sogar für den Einsatz von Kurbelwellen aus Grauguss. Durch mögliche Graphiteinschlüsse und harte, so genannte ferritische Höfe in deren Umfeld stellen sie besondere Anforderungen an Gleitlager, so Federal-Mogul.
Nicht betroffen: Kupplung, Öl
Kupplung und Schmierstoff sind von den Anpassungen an die erhöhten Anforderungen an einen Motor mit Start-Stopp-System nicht betroffen. „Die Start-Stopp-Funktion ist völlig unabhängig von der Art des Kupplungssystems. Es muss also kein Xtend (selbst nachstellende Kupplung von Sachs; Anm. d. Red.) verbaut sein“, erklärt man bei ZF Services. Und von der BP- Ölmarke Castrol ist zu hören: „Für das Motorenöl ergeben sich hieraus keine negativen Auswirkungen, weil die Automatik erst dann einsetzt, wenn der Motor (und das Öl) bereits auf Betriebstemperatur sind.“ Peter Diehl
- Ausgabe 4/2011 Seite 16 (271.4 KB, PDF)