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Fahrbericht Porsche 911 Targa 4S: Der Enkel mit dem Henkel

14.08.2020 14:00 Uhr
Der Targa-Bügel feierte 2014 sein Comeback - diese Karosserievariante sichert seither ein erstaunlich großes Stück vom Elfer-Kuchen.
© Foto: Porsche

Porsche ist seit Jahrzehnten darum bemüht, Nostalgie und Futurismus in Einklang zu bringen. Mit dem neuen 911 Targa gelingt dies einmal mehr.

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Von Mario Hommen/SP-X

Traditionspflege hat bei Porsche Tradition. Dass allerdings der Ur-Targa mit seinem stehenden Bügel aus der Versenkung geholt wurde, mag angesichts der längst vollzogenen Abkehr der Branche von Bügel-Cabriolets verwundern. Dank hochfester Stähle und pyrotechnischer Ausfahrbügel wurde der für Stabilität und Sicherheit sorgende Fremdkörper eigentlich zum Relikt vergangener Tage. Nicht jedoch bei Porsche, wo der Bügel 2014 mit der Neuauflage des Targa sein Comeback feierte und seither dieser Karosserievariante ein erstaunlich großes Stück vom Elfer-Kuchen sichert. Das dürfte für die 2019 gestartete 8. Generation des Sportwagenklassikers wieder der Fall sein, denn die nun anstehende Neuauflage des Targa kommt wieder mit 60er-Jahre-Bügel vorgefahren. Wie vieles andere beim aktuellen Elfer verkörpert auch der Targa eine Traditionsverbundenheit, die in vielen Punkten auf zugleich modernstes Technikniveau trifft. Dieser Spagat, Meilensteine aus fast sechs Jahrzehnten Sportwagenbau innovativ und zeitgemäß aufzubereiten, beeindruckt auf ein Neues.

In seiner jüngsten Ausgabe soll der Targa vor allem eines bieten: Wiedererkennungswert. Das gelingt ihm einerseits dank klassischer Elfer-Proportionen, die trotz oder wegen neuer LED-Lichttechnik und der aggressiver gezeichneten Front so frisch und sexy wie eh und je erscheinen. Das ist andererseits dem silbrigen Metallbügel geschuldet, der mit dynamisch wirkenden Schlitzen sowie großer Glaskuppel im Nacken dem Elfer ein besonderes und durchaus edles Etwas verleiht. Eindruck schindet zudem die Transformer-Choreografie, da beim Druck auf den Knopf für den Verdeckmechanismus besonders große Teile in Bewegung geraten. Die Glaskuppel hebt sich nach oben und hinten, während sich das leichte Festdach, untermalt vom Surren eines motorgetriebenen Hydrauliksystems, flach ins Heck klappt. Keine 20 Sekunden dauert es, bis das weit in die Flanken schmiegende Heckfenster wieder in die Ausgansposition zurückkehrt. Anders als mit einen Stoffdach-Elfer muss der Targa-Fahrer allerdings anhalten, um den Dachmechanismus zu aktivieren.

Obwohl sich beim Targa nur der Bereich direkt über den Köpfen der Insassen öffnet, kommt innen echtes Cabriolet-Feeling auf. Frischluft und Sonnenstrahlen genießt man hier wie bei einem auch nach hinten offenen Oben-ohne-Flitzer. Richtig windig wird es, wenn die Seitenfenster abgesenkt sind. Bleiben diese geschlossen und wird ein Windabweiser über dem oberen Rahmen der Windschutzscheibe ausgefahren, bleibt es hingegen angenehm ruhig innen. Zwischen 70 und 90 km/h stört allerdings das dezente Wummern durch den ins Heck drückenden Fahrtwind.


Porsche 911 Targa (2021)

Porsche 911 Targa (2021) Bildergalerie

Bei unserer Testfahrt haben wir einen regnerischen Tag erwischt, weshalb die Offen-Momente von kurzer Dauer waren. Dafür haben wir umso intensiver Bekanntschaft mit einer besonders eindrucksvollen Innovation machen dürfen, denn der Elfer warnte dank seiner serienmäßigen Nässeerkennung immer wieder vor zu viel Wasser auf der Fahrbahn. Ultraschallsensoren horchen, ob in größerem Umfang Spritzwasser in die Radhäuser fliegt. Wird ein kritisches Maß überschritten, zeigt dies die Bordelektronik an und rät zudem zum Wechsel in den sogenannten Wet-Mode. Der Fahrer kann neuerdings bei den Fahrprogrammen nicht mehr nur zwischen scharf oder extrascharf, sondern auch zwischen entschärft wählen. Der Wet-Mode ist eine besonders konservative Auslegung der Fahrregelsysteme, um ein stets stabiles Fahren auch bei schwierigen Verhältnissen zu gewährleisten. Der Dank serienmäßigem Allradantrieb ohnehin schon traktionsstarke Targa bleibt so auch beim kräftigen Tritt aufs Gaspedal geschmeidig auf Kurs, ohne dabei jedoch den Elfer-Fahrspaß völlig zu verwässern. Selbst im Wet-Mode vermittelt das Fahrzeug eine lustbetonte Leichtigkeit, allerdings mit Netz und doppeltem Boden. Wird der Empfehlung des Bordcomputers entsprochen, ist das Wegschmieren bei Nässe eine Gefahr vergangener Tage.

Bei trockener Straße und im Sportmodus lassen sich wie gehabt enorme Potenziale freisetzen, mit denen der Elfer die Mundwinkel des Fahrers vom Prinzip der Schwerkraft entkoppelt. Fein austariert, mit einer perfekten Rückmeldung bietenden Lenkung und reichlich Schubkraft haben wir uns an steileren Passstraßen des Schwarzwalds ergötzt. Wo der Grenzbereich anfängt? Schwer auszumachen auf öffentlichen Straßen. Mit etwas fahrdynamischer Würze kommt offen wie geschlossen in gleicher Weise Freude auf. Steckt das Dach zwischen Bügel und Frontscheibe, wirkt der Targa allerdings um Nuancen steifer. Offen kommt hingegen die Motorakustik besser zur Geltung. Das Sprotzeln und Wummern bleibt markant, ohne jedoch mit übertriebener Lautstärke zu nerven. Das einst bei luftgekühlten Saugboxern so präsente mechanische Geschrammel bleibt dezent im Hintergrund.

Basis startet bei 125.000 Euro

Auffällig neu ist das Pfeifen und Zischen der Wastegate-Ventile. Richtig, der 4S ist ein Turbo, der mit 331 kW / 450 PS und 530 Newtonmeter den 1,7-Tonner in unter vier Sekunden auf 100 km/h und maximal auf über 300 km/h beschleunigt. Trotz oder Dank achtstufigem Doppelkupplungsgetriebe übrigens ohne die Spur eines nervigen Turboeffekts. Ein Sparmotor ist der offene Allrad-Elfer indes nicht: Nach gut 300 Kilometer langer Testfahrt waren es 12,9 Liter, die der Bordcomputer im fein gemachten Kombiinstrument anzeigte. Gehobene Zahlen dürfen Targa-Fans nicht abschrecken, was allein der Preis von über 125.000 Euro für die 283 kW/385 PS starke Einstiegsmotorisierung verdeutlicht. Soll es der 4S sein, werden sogar über 140.000 Euro aufgerufen. Minimum.

Anders als der Verbrauchswert wirkte der Mix aus analogen und digitalen Anzeigen, der noch immer diese endlos lange Batterie von Rundinstrumenten des Ur-Elfers zitiert, absolut zeitgemäß. Und das ist nur eines von mehreren Beispielen, mit denen Porsches 911 in seiner jüngsten Ausbaustufe einen äußerst gelungenen Spagat zwischen Zukunft und Tradition meistert. Der Elfer ist sich trotz aller Neuerungen im Kern auch als Targa treu geblieben. Wie nur wenige andere Supersportler verbindet er dabei fahrdynamisch höchstes Niveau mit hohem Komfort und Alltagsnutzen.


Porsche 911 Turbo (2021)

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