Weiterbildung
In einem Wirrwarr aus Verordnungen, Richtlinien und technischen Regeln ein klarer Punkt: Werkstattprofis brauchen einen neuen Sachkundenachweis für Kfz-Klimaanlagen und somit eine neue Klimaschulung. Termin: 4. Juli 2008. Eine Übergangsfrist für Könner endet am 4. Juli 2010.
Als vor gut einem Dutzend Jahren zur Weltklimakonferenz in Kyoto ein Zusatzprotokoll zur so genannten Klimarahmenkonvention der UNO beschlossen wurde, ahnte kaum jemand, welche weit reichenden Folgen das auch für den Kfz-Service in Europa haben wird. Resultierend traten zwischenzeitlich zahlreiche Verordnungen und Richtlinien in Kraft, so dass derzeit diese fünf deutschen und vier EU-Vorgaben mit Bezug auf Kfz-Klimaanlagen existieren:
Chemikalien-Klimaschutzverordnung
Gefahrstoffverordnung
Betriebssicherheitsverordnung
Technische Regeln Druckgase
Allgem. Arbeitsschutzanforderungen
Richtlinie 2006/40/EG
Verordnung 842/2006/EG
Verordnung 307/2008/EG
Verordnung 1005/2009/EG
Die für Werkstätten und deren Mitarbeiter wichtigste Erkenntnis daraus lautet: Schon seit 4. Juli 2008 brauchen Werkstattprofis, die an Fahrzeugklimaanlagen arbeiten, einen neuen Sachkundenachweis gemäß Verordnung 307/2008/EG und somit eine neue Klimaschulung. Eine Übergangsfrist existiert nur für solche Mitarbeiter, die bereits vor dem genannten Datum über praktische Erfahrungen im Umgang mit Fahrzeugklimaanlagen verfügten. Diese Übergangsfrist endet am 4. Juli 2010. Mit anderen Worten: Es wird allerhöchste Zeit für eine neue Klimaschulung. Artikel 3, Absatz 2, der Verordnung 307/2008/EG schreibt die folgenden fachlichen Mindestkenntnisse und -fertigkeiten vor (Quelle: Kfz-Innung München-Oberbayern):
1. Funktionsweise von fluorierte Treibhausgase enthaltenden Klimaanlagen in Kfz, Umweltauswirkung fluorierte Treibhausgase enthaltender Kältemittel, entsprechende Umweltvorschriften
1.1 Grundkenntnisse der Funktionsweise von Klimaanlagen in Kfz
1.2 Grundkenntnisse des Einsatzes und der Eigenschaften fluorierter Treibhausgase, die als Kältemittel in Kfz-Klimaanlagen verwendet werden, sowie der Auswirkung von Emissionen dieser Gase auf die Umwelt (ihr GWP-Wert im Kontext des Klimawandels)
1.3 Grundkenntnisse der einschlägigen Bestimmungen der Verordnung 842/ 2006/EG u. d. Richtlinie 2006/40/EG
2. Umweltverträgliche Rückgewinnung fluorierter Treibhausgase
2.1 Kenntnis der gängigen Verfahren für die Rückgewinnung fluorierter Treibhausgase
2.2 Umgang mit einem Kältemittel-Container
2.3 Anschließen und Abklemmen eines Rückgewinnungsgeräts an die bzw. von der Anschlussstelle einer fluorierte Treibhausgase enthaltenden Kfz-Klimaanlage
2.4 Bedienung Rückgewinnungsgerät
Entsprechend umfasst die Weiterbildung einen theoretischen und einen praktischen Teil. Hier noch einige Hinweise (Quelle: Kfz-Innung München-Oberbayern):
Jeder Schulungsteilnehmer hat sich zu vergewissern, dass der zertifizierte Weiterbilder tatsächlich zugelassen und sein Trainingsprogramm zur Verordnung 307/2008/EG konform ist.
Jeder Mitarbeiter, der an Kfz-Klimaanlagen tätig wird, benötigt einen Sachkundenachweis, nicht nur ein Mitarbeiter pro Werkstattunternehmen.
Bei der Übertretung der Vorschriften handelt es sich in den meisten Fällen um eine Straftat.
Bereits seit 2000 darf in eine undichte Klimaanlage zur Lecksuche kein Kältemittel eingefüllt werden.
Kältemittel-Einweggebinde dürfen nicht mehr in den Handel gebracht, vorhandene Gebinde jedoch noch auf-gebraucht werden.
Ab diesem Jahr dürfen Klimaservicegeräte nur noch 90 Gramm Kältemittel pro Jahr verlieren, an Kfz-Klimaanlagen dürfen maximal 80 Gramm Kältemittel pro Jahr entweichen.
Klimaservicegeräte müssen eine Füllgenauigkeit von ± 15 Gramm einhalten. Ausschlaggebend ist nicht die Genauigkeit der Waage, sondern die Genauigkeit des Gesamtgeräts einschließlich Schlauchleitungen.
Die Verordnung SAE J 2788 gibt vor, dass nach 30 Minuten 95 Prozent des Kältemittels aus der Klimaanlage abgesaugt sein müssen.
Noch in diesem Jahr tritt eine VDE-Vorschrift übergangslos in Kraft. Dem-nach benötigt ein Klimaservicegerät einen Pilz-Notausschalter.
Als ob der Wirrwarr aus Verordnungen, Richtlinien und technischen Regeln nicht schon genügen würde, sind sich der Zen- tralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) mit seinem Weiterbildungsunternehmen Akademie des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes GmbH (TAK) auf der einen und das Weiterbildungszentrum Stahlgruber-Stiftung auf der anderen Seite uneins über Umfang und Intensität der Klimaschulung.
Schulungsumfang und Intensität
Während man bei der Stahlgruber-Stiftung in München zwei Tage schult und eine Abschlussprüfung fordert, erhalten Teilnehmer der TAK-Schulung bereits nach einem Tag und einer „Lernerfolgskontrolle“ den Sachkundenachweis. TAK und ZDK berufen sich auf die Kooperation mit VDIK, Automobilherstellern und Werkstattausrüstern sowie auf die Zustimmung des zuständigen Bundesministeriums, die Stahlgruber-Stiftung auf die Kooperation mit der Kfz-Innung München-Oberbayern und die Vorgehensweise von BMW, Audi und VW. Stahlgruber-Stiftungs-Studienleiter Martin Kiechl wörtlich: „Gerade die Umsetzung in nationales Recht mit Ar-beits- und Gesundheitsschutz sowie den anderen Empfehlungen des BIBB-Gutachtens (abfallrechtliche Vorgaben, EG-Ver-ordnung 1005/2009, Dichtheitstest usw.) sind neben der Tätigkeit des einzelnen Kursteilnehmers am Fahrzeug nicht in einem Tag machbar.“ Peter Diehl
Servicekupplungen
Billig kann teuer werden
Vorsicht vor Klimaanlagen-Servicekupplungen ohne Herkunftsnachweis: Ihr niedriger Preis resultiert aus billiger Fertigung mit ebensolchen Einzelteilen. Konkret geht es um den Sprengring an der Oberseite der Kupplung, der sich bereits in einigen Fällen als äußerst zerbrechlich erwiesen hat. In der Folge löst sich die Servicekupplung in ihre Einzelteile auf und gibt, zuvor auf die Serviceanschlüsse eines Fahrzeugs montiert, Kältemittel frei, was zu erheblichen Verletzungen durch Unterkühlung führen kann. Erkennungsmerkmal potenziell gefährlicher Servicekupplungen ist das Fehlen eines jeglichen Herkunftsnachweises. Josef Schweigert, Ausbilder der Kfz-Innung München-Oberbayern, Trainer der Stahlgruber-Stiftung und bundesweit bekannter Klimaservice-Experte: „Seriöse Anbieter kennzeichnen ihre Servicekupplungen auf irgendeine Weise. Im Zweifelsfalls also Finger weg von Kupplungen ohne Herkunftsnachweis.“
- Ausgabe 4/2010 Seite 55 (270.8 KB, PDF)