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Bleibt alles anders?

11.05.2010 12:02 Uhr

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31. Internationales Wiener Motorensymposium

Zahlreiche Fachvorträge des diesjährigen Internationalen Wiener Motorensymposiums bestätigten die überzogene Erwartungshaltung gegenüber dem Elektroantrieb. Der Verbrennungsmotor bietet noch Verbesserungspotenzial. Bis mindestens 2020 wird er die individuelle Mobilität dominieren.

Die Erwartungshaltungen gegen-über dem Elektroauto sind bei Weitem überzogen. Die Elektromobilität wird in einer Weise hochstilisiert, die nicht berechtigt ist. Verbrennungsmotoren werden noch auf Jahrzehnte unsere Hauptantriebsquelle sein“, lautet Prof. Dr. Hans Peter Lenz‘ Fazit des 31. Inter- nationalen Wiener Motorensymposiums, das am 29. und 30. April stattfand. Der Vorsitzende des Österreichischen Vereins für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK), der das Motorensymposium von Beginn an leitet, weiter: „Es gibt wohl kaum ein Gebiet der Technik, auf dem so große Fortschritte im Hinblick auf Umweltschutz erreicht wer-den wie beim Automobil und besonders beim Verbrennungsmotor.“ Während des Motorensymposiums wiesen zahlreiche Vorträge in diese Richtung.

Weitere Verbrauchsreduzierung

„Wir sind überzeugt, dass der Verbrennungsmotor noch großes Potenzial hat. Wenn wir allein den Motor betrachten, können wir bis zum Jahr 2020 Spritverbrauch und CO2-Ausstoß um ein weiteres Fünftel reduzieren.“ Noch deutlich optimistischer als Audi-Chef Rupert Stadler formulierte es Bosch-Geschäftsführer Dr. Bernd Bohr: „Sowohl für Benzin- wie auch Dieselmotor gehen wir von einem Potenzial zur Verbrauchsreduzierung von ca. 30 Prozent aus. Direkteinspritzung und Downsizing, aber auch Start-Stopp und Thermomanagement sind hierbei wichtige Hebel.“ Diesen Grundtenor bestätigte der Leiter der Antriebsforschung bei Volks-wagen, Prof. Dr. Wolfgang Steiger, der versicherte, dass der größte Beitrag zur CO2-Reduzierung in den nächsten 20 Jahren durch Effizienzsteigerungen bei konventionellen Antrieben erreicht wird. Die tatsächliche Serienreife reiner Elektrofahrzeuge ist seiner Meinung nach erst für das Jahr 2020 zu erwarten. Rupert Stadler formulierte die Strategie von Audi des- halb so: „Perfektionierung konventioneller Antriebe und parallel mit Hochdruck die Weiterentwicklung der Hybrid-Technologie und den Einstieg in die Elektromobilität vorantreiben.“ Auch der Daimler-Forschungsvorstand Dr. Thomas Weber sieht den reinen Elektroantrieb noch in weiter Ferne: „Höchst effiziente Diesel- und Ottomotoren werden noch auf längere Sicht die treibende Kraft für das Automobil bleiben – im Individualverkehr mit Personenwagen, insbesondere auf Langstrecken, und vor allem beim Gütertransport im Schwerverkehr. ... Es wird eine lange Phase des Nebeneinander geben.“

Dreiliterauto der Luxusklasse

Zugleich kündigte Dr. Thomas Weber die nächste Mercedes-Benz S-Klasse als das „erste Dreiliterauto in der Luxusklasse“ an: Dessen Antrieb aus V6-Ottomotor mit Direkteinspritzung, 44-kW-Elektromotor und Zehn-kWh-Lithium-Ionen-Batterie soll einen rechnerischen Verbrauch von 3,2 Liter pro 100 Kilometer ermöglichen. Zudem soll die S-Klasse mit ihrem Plug-in-Hybridmodul 30 Kilometer weit aus-schließlich elektrisch fahren können.

Übrigens: Das weltweite Elektroauto-Marktvolumen des Jahres 2020 beziffert Dr. Bernd Bohr von Bosch mit etwa sechs Millionen Hybrid- und rund drei Millionen reinen Elektrofahrzeugen.

Welche Möglichkeiten der Optimierung von Verbrennungsmotoren noch bestehen, zeigen die neuen V6- und V8-Ottomotoren von Daimler, die, beginnend im Herbst dieses Jahres mit Mercedes-Benz S-Klasse und CL, Schritt für Schritt ihre Vorgänger M272 und M273 ablösen sollen. Die Typbezeichnungen der Neuentwicklungen lauten M276 für den V6- und M278 für den V8-Motor. „Bis zu zwölf Prozent mehr Leistung, bis zu 32 Prozent mehr Drehmoment und bis zu 20 Prozent weniger Fahrverbrauch“ bescheinigt der Hersteller den neuen Motoren, die kons-tant 3,5 bzw. 4,7 statt 5,5 Liter Hubraum aufweisen. Für die durchweg besseren Werte sorgen u. a. strahlgeführte Direkt-einspritzung mit Piezoinjektoren, schnelle Mehrfachzündung und zwei neue, zu-sätzliche Betriebsarten mit den Bezeichnungen Homogen-Schicht (HOS) und Homogen-Split (HSP). Strahlgeführte Direkteinspritzung kennt man bereits vom 350 CGI, dem Vorgänger des neuen V6. Unter schneller Mehrfachzündung, neu-deutsch Multi Spark Ignition (MSI), ist die Flexibilisierung der Energiezufuhr in den entstehenden Funken zu verstehen. „Leitgedanke war es, die gespeicherte Energie des Zündtransformators auf das für den ersten Funkendurchbruch nötige Maß zu beschränken und nach dem Funkendurchbruch in kurzer zeitlicher Abfolge die Brennphase des Funkens mit nachgelieferter Energie aus der Spule zu unterstützen. Mit steigender Anzahl von Folgefunken, d.h. mit wachsender Gesamtenergie, bildet sich ein Plasmakanal mit großer räumlicher Ausdehnung und Dichte aus. Die MSI basiert auf der Optimierung von konventionellen Zündungskomponenten (Spule-Boot-Zündkerze). Über die Ansteuerung der MSI kann die Zeit bis zu einem Folgefunken als auch die Brenndauer für den jeweiligen Betriebspunkt optimal an-gepasst werden. Die signifikante Performance-Steigerung konnte auf Basis einer 12-V-Bordnetz-Versorgung unter Reduzierung des Bauraums und des Gewichts dargestellt werden“, erklärte Entwickler Anton Waltner im Vortrag zum V6.

Die beiden Motorbetriebsarten HOS und HSP wurden entwickelt, um den bisheri-gen Kennfeldbereich, in dem mit Schichtbetrieb gefahren werden konnte, auszudehnen (vgl. Grafik links). „Die neue Be-triebsart HOS stellt eine Betriebsart im Übergangsbereich dar, sie ersetzt den oberen Bereich des Schichtbetriebs und einen Teil des darüber liegenden Homogenbetriebs“, so Anton Waltner. Weiter:

Schicht- und HOS-Betrieb mit AGR

„HOS ist, wie der Name schon ausdrückt, eine Kombination aus Homogen-Mager- und klassischem Schichtbrennverfahren. Dabei wird bei entdrosseltem Motor die erste Einspritzung in den Ansaughub ge-spritzt, worauf sich ein homogenes Basisgemisch ausbildet, die eigentliche Schicht-Einspritzung erfolgt in die Kompression vor der Zündung kennfeldabhängig als einfache oder zweifache Einspritzung. Sowohl der Schicht- als auch der HOS-Betrieb wird zur NOx-Absenkung mit AGR betrieben.“ Homogen-Split (HSP) ist ein grundsätzlich stöchiometrischer Betrieb, bei dem gut 95 Prozent der Kraftstoffmenge ein- oder mehrfach in den Ansaughub gespritzt werden: Es folgt eine sehr kleine Zünd-Einspritzung zur Stabilisierung der Verbrennung. Somit unterteilt sich das Motorkennfeld in diese wesentlichen Be-reiche (vgl. Grafik oben):

Schichtbetrieb bei niedriger Teillast bis vier bar und 4.000/min

HOS-Betrieb bei mittlerer Teillast vier bis acht bar und bis 4.000/min

Homogen- oder HSP-Betrieb bei hoher Last im gesamten Drehzahlbereich

A1 e-tron: Range Extender von AVL

Ausblick auf eine Zwischenstufe der E-Mo-bilität gab der Vortrag von Dr. Günter K. Fraidl von AVL List zum Thema Range Extender. Das kompakte Modul, von dem der Vortrag handelte, ist bereits im Audi A1 e-tron verbaut: ein Generator mit Antrieb durch einen Einscheiben-Wankelmotor (vgl. Bild S. 10). Jedoch war der Vortrag derart umfassend, dass ein separater Artikel zu dessen vollständiger Darstellung nötig erscheint. Dieser folgt, mitsamt Hinweis auf periphere Not-wendigkeiten wie passive GPS-Führung, in einer der nächsten Ausgaben von asp Auto Service Praxis. Peter Diehl

Kommentar

Mehr E-Technik, weniger Schaulaufen

Seit 1979 trifft sich alljährlich Ende April, Anfang Mai in Wien, was als Entwickler von Verbrennungsmotoren und deren Peripherie bei Automobilherstellern und Zulieferern weltweit Rang und Namen hat. Veranstaltet vom Österreichischen Verein für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK) und vom Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Kraftfahrzeugbau der Technischen Universität Wien sowie von Beginn an unter der Leitung von Prof. Dr. Hans Peter Lenz, informieren und diskutieren Ingenieure von Automobilherstellern und Zulieferern über aktuelle und künftige Entwicklungen. Elektrifizierung des Antriebsstrangs, Hybrid- und Elektroantriebe waren zwar unter anderem Themen der diesjährigen 31. Veranstaltung, doch liegt der Informations-bedarf hier weitaus höher. Welche Elektromotorbauarten eignen sich überhaupt für den Fahrzeugantrieb? Ist der Lithium-Ionen-Akku der Nickel-Metallhydrid-Batterie wirklich in allen Punkten überlegen? Welche Akkutypen kommen noch in Betracht? Wie steht es um die benötigten Rohstoffe für Elektromotoren und Akkus? Bisherige Veröffentlichungen besitzen oft mehr PR- als Informationscharakter, es fehlt eine quasi neutrale, vertrauenswürdige Quelle. Diese Lücke könnte das 32. Internationale Wiener Motorensymposium Anfang Mai 2011 schließen, zumal sein Name E-Antriebstechnik integriert. Apropos PR: Die seit einiger Zeit zu beobachtende Selbstdarstellung von Automobilherstellern in den Fachvorträgen des Symposiums, das „Schaulaufen“, passt nicht so recht zur Grundidee der Veranstaltung und schadet ihr, auch wenn dies vorwiegend in den Eröffnungs- und Schlusssektionen stattfindet. pd

Continental

Einspritzdrücke bis 2.300 bar

Die Division Powertrain von Continental arbeitet an einem neuen Diesel-Einspritzsystem. Es soll dynamische Eigenschaften besitzen, die die „Modellierung des Brenn-verlaufs“ ermöglichen, wie während der traditionellen Pressekonferenz des Unternehmens am Rand des Wiener Motorensymposiums bekannt wurde. Weitere Eck-daten: Piezoinjektoren, Einspritzdrücke bis 2.300 bar, Ersteinsatz 2014 oder 2015. Zudem befinden sich bei Continental einige neue Sensoren in der Entwicklung. Darunter ein Partikelsensor, der die Partikelmasse über die anlagerungsbedingte Veränderung des elektrischen Widerstands eines Keramikplättchens sensiert (Bild). Gemeinsam mit dem neuen Diesel-Einspritzsystem ist sogar ein Rückschluss auf die Partikelzahl möglich: Zunächst besteht wegen unterschiedlicher Partikelgrößen zwischen Partikelmasse und -zahl keine Korrelation. Im Rahmen der Brennverlaufmodellierung ist auch die Größe der entstehenden Partikel bekannt, womit sich auf die Partikelzahl schließen lässt. Weitere in der Entwicklung befindliche Sensoren sind ein neuer Luftmassensensor, den teilweiser Ersatz der Elektronik durch Mikromechanik unempfindlicher und billiger machen soll, und ein separater, nicht in den Glühstift integrierter Brennraumdrucksensor. Darüber hinaus weist das Unternehmen auf die Entwicklung neuer Elektromotoren mit einem Leistungsspektrum von fünf bis 120 Kilowatt hin. Jörg Grotendorst, Leiter der Business Unit Hybrid & Electric Vehicles: „Leistungsfähige Elektromotoren sind ein integraler Bestandteil unseres Baukastens aus Leistungs-elektronik, Batterie und dem System-Know-how zur effizienten Steuerung des elektrischen Antriebs.“ pd

Kennfeld mit Betriebsarten

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