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Auto-Ikonen von Ferdinand Piëch: Von Größenwahn und Visionärem

28.08.2019 12:00 Uhr
Ein Auto mit 1001 PS? - Der Patriach Piëch (l.) wollte es so. Herauskam der Bugatti Veyron.
© Foto: dpa/Uwe Zucchi

Mit Ferdinand Piëch hat ein Gigant die große Autobühne verlassen. Bleiben werden seine legendären Fahrzeuge, die nicht selten Maßstäbe setzten.

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Von Mario Hommen/SP-X

Der am vergangenen Sonntag überraschend im Alter von 82 Jahren verstorbene einstige Autoboss Ferdinand Piëch steht unter anderem für den Aufstieg von Audi zum Premiumhersteller und VW zum Weltkonzern mit vielen Marken. Doch waren es nicht allein geschickte Verhandlungen und mutige Entscheidungen eines Automanagers, sondern auch die Produkte, die das Fundament für diese Erfolge legten. Anders als viele moderne Automanager war Ferdinand Piëch stets auch Ingenieur und hatte ziemlich genaue Vorstellungen davon, welche Autos welche Qualitäten bieten sollten. Sein Spitzname "Fugen-Ferdl" charakterisierte sein kritisches Auge, mit dem er in seiner Zeit als VW-Konzernchef die Autos im Detail begutachtete; auch die, die heute zum Teil als Meilensteine gelten. Hier sieben davon.

Ein früher Geniestreich war Piëchs Begeisterung für Sportwagen geschuldet. Mit dem unter seiner Regie entwickelten und erstmals 1969 vorgestellten 917 konnte der Sportwagenbauer Porsche nach langer Durststrecke endlich wieder ganz vorne im internationalen Motorsport mitfahren. Wie kaum ein anderes Fahrzeug steht der 917 als einer der stärksten und verwegensten Siegertypen für den Motorsport der frühen 70er Jahre. Die diversen Entwicklungsstufen brachten es in einer sechs Jahre währenden Karriere auf über 1.000 PS, viele legendäre Rennsiege und sogar eine Hollywood-Hauptrolle im Steve-McQueen-Streifen "Le Mans".

Der 917 war ein Game Changer, der einen allerdings etwas holperigen Start hinlegte, denn zunächst offenbarte sich das Fahrzeug bei hohen Geschwindigkeiten als gefährlich. Wohl auch deshalb bezeichnete Piëch die hubraumstarke Zwölfzylinder-Flunder einst als "das riskanteste Auto seines Lebens". Erst Optimierungen an der Aerodynamik führten zum Durchbruch und eindrucksvollen Siegesserien mit denen die damalige Dominanz von Ferrari gebrochen wurde.    

Zu den Ikonen der Audi-Zeit, wo Piëch zwischen 1972 und 1993 wirkte, gehört ganz gewiss der Quattro, den die Ingolstädter 1980 auf den Markt brachten. Damit wurde Audi einer der ersten Autobauer, die einen permanenten Allradantrieb auch für Pkw angeboten haben. Die Idee für den Quattro nahm konkrete Formen an, als Piëch 1978 den Allradantrieb des VW Iltis unter einen Audi 80 schnallen ließ. Winterfahrtests verdeutlichen die Überlegenheit der Technik bei schlechten Straßenverhältnissen, was auch den VW-Vorstand überzeugte, in den Serienbau einzusteigen. Später waren es die Rallye-Erfolge von Walter Röhrl mit dem Ur-Quattro, die das Fundament für den großen Erfolg des Quattro-Antriebs legten. Obwohl das sündhaft teure Quattro Coupé eine Ausnahmeerscheinung blieb, steht das Auto dennoch symbolhaft für den Markenclaim "Vorsprung durch Technik".


Auto-Ikonen von Ferdinand Piëch

Auto-Ikonen von Ferdinand Piëch Bildergalerie

Anfang der 90er-Jahre galt VW als angezählter Autobauer, der unter der Regie von Piëch jedoch in wenigen Jahren zu einem Hersteller aufstieg, der sich dank innovativer Produkte zunehmend den Nimbus erarbeitete, für Qualität und Exzellenz zu stehen. Wie kein anderes Auto spiegelt der Golf IV diese Hinwendung zu besonders wertig gebauten Autos wider. Das 1997 eingeführte Modell beeindruckt auch heute noch mit modern anmutender Optik und feinem Finish. Das trifft auch auf den Innenraum mit seinen teilweise edlen Materialien wie auch auf das aufwendige Fahrwerk und damit einhergehend gute Fahreigenschaften zu. Der Golf war nicht mehr nur das Auto fürs Volk, sondern ein Fahrzeug, das man sich klassenübergreifend leisten wollte, weil es einfach ausgewogen und besser als die Modelle der Konkurrenz war. Letzteres traf in besonderer Weise auf den R32 zu, der mit 241 PS fast 250 km/h erreichte und damit manchen starken und teuren Sportwagen ärgern konnte. Laut Piëch war der Golf das "Lebens- und Überlebensmodell des Unternehmens".

Doch selbst das Beste war Ferdinand Piëch nicht gut genug, weshalb er seine Ingenieure auch Fahrzeuge entwickeln ließ, bei denen normales Maßhalten keinen Platz hatte. Der Höhepunkt dieses Strebens war die Wiederbelebung der Luxusmarke Bugatti, die mit der Entwicklung des 2005 eingeführten Sportwagens Veyron erst richtig an Fahrt aufgenommen hat. 16 Zylinder und über 1.000 PS sowie eine Höchstgeschwindigkeit von mehr als 400 km/h waren Superlative, die einfach nur staunen ließen. Das Projekt Bugatti war wohl weniger auf Gewinnmaximierung als auf das Begeistern für Technik ausgelegt, die angesichts der siebenstelligen Preise allerdings nur sehr wenigen vorbehalten blieb.

Es gab allerdings auch von Piëch initiierte Technik-Ikonen, die in eine ganz andere Richtung tendierten, wie etwa die 3L-Varianten der Kleinwagen Audi A2 und VW Lupo, die Maßstäbe in puncto Effizienz setzten. Das Dreiliter-Auto, das man auch praktisch mit drei Litern Verbrauch fahren konnte, hätte eigentlich ein wichtiger Beitrag für den Klimaschutz werden können, doch der Hunger nach Leistung bei den Kunden als auch der vergleichsweise hohe Preis der 3L-Modelle, die oft als "overengineered" bezeichnet wurden, verhinderten eine größere Verbreitung.

Jeder Phaeton brachte fast 30.000 Euro Verlust

Ebenfalls als overengineered gilt einer der ehrgeizigsten Piëch-Projekte: der VW Phaeton. Mit diesem Flaggschiff wollte der Porsche-Enkel den Premiumanspruch von Volkswagen auf eine neue Stufe stellen. Der Phaeton sollte Oberklasse-Ikonen wie BMW 7er oder Mercedes S-Klasse blass aussehen lassen. Dabei wurden teilweise Lösungen angestrebt, die faszinierend, aber auch unverschämt teuer waren. Ein kleines Beispiel dafür sind die massiv gearbeiteten Kofferraumscharniere, echte Kleinode der Ingenieurskunst. Allerdings hatte die Technik ihren Preis, was mancher Phaeton-Besitzer in unangenehmer Weise zu spüren bekommt, wenn eine Reparatur ansteht. Auch für VW wurde das großartige Luxusauto ein finanzielles Problem, denn nach Recherchen des Magazins Automobil-Produktion brachte jeder verkaufte Phaeton dem Konzern fast 30.000 Euro Verlust. Wohl auch deshalb endete die Produktion des Luxus-VWs 2016 nach 15 Jahren ohne Nachfolger.

Noch viel exklusiver als der Phaeton wurde der VW XL1, der mit extremem Leichtbau, optimierter Aerodynamik wie auch einem cleveren Dieselhybridantrieb 100 Kilometer mit nur einem Liter Diesel fahren kann. Ein bislang unerreicht niedriger Wert, der allerdings nur eine Demonstration des Machbaren blieb, denn vom über 100.000 Euro teuren XL1 wurden nur wenige Exemplare produziert. Über die Produktionsziele schien es zeitweilig Unstimmigkeiten im VW-Konzern zu geben, denn 2011 verkündete der damalige VW-Aufsichtsratschef Piëch noch seine Großserienproduktion. Später deuteten VW-Offizielle hingegen nur Kleinserien von 50 bis 1.000 Fahrzeugen an. Letztlich waren es dann 200 XL1, die zwischen 2014 und 2016 hergestellt wurden. Eines der Lieblingsprojekte von Ferdinand Piëch konnte sich nicht durchsetzen. Vielleicht war dies auch ein Stück weit symbolisch für das Ende seiner Regentschaft bei VW, denn im April 2015 trat er von allen Mandaten des Konzerns zurück.  

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