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Software-definiertes Fahrzeug: Funktionen gegen Bezahlung

11.10.2023 12:20 Uhr | Lesezeit: 4 min
Derek de Bono
Valeo-Manager Derek de Bono: "Wenn Kunden den Nutzen einer Software-Funktion erkennen, werden sie auch dafür zahlen."
© Foto: Alexander Junk/asp

Autos sind heutzutage nicht nur rollende Computer, sondern in Zukunft ab Werk mit Hardware ausgestattet, die sich nur gegen Gebühr freischalten lässt. Wir haben mit Derek de Bono vom Zulieferer Valeo über das "Software Defined Vehicle" gesprochen.

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Kurzfassung: Der französische Zulieferer Valeo hat auf der IAA Mobility das "Software Defined Vehicle" in den Vordergrund gestellt. Wir haben mit Derek de Bono, Vice President Group Software Defined Vehicle Product, darüber gesprochen, wie Software das Auto in Zukunft verändert.

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asp: Herr de Bono, was verstehen Sie unter einem "Software Defined Vehicle"?

D. de Bono: In einem Software Defined Vehicle lässt sich im Gegensatz zu einem herkömmlichen Fahrzeug die Software in Zukunft anpassen, beispielsweise, um das Fahrzeug mit neuen Funktionen auszustatten, die es zum Zeitpunkt des Erscheinens des Fahrzeugs noch nicht gab. Um das zu realisieren, muss das Auto schon heute mit der entsprechenden Hardware ausgestattet sein. Das können beispielsweise Kameras, Radarsensoren oder Lidarsensoren sein. Dafür kann es in zwei oder drei Jahren Anwendungen geben, die sich mit einem Software-Update freischalten lassen.

asp: Was bringt das für Vorteile?

D. de Bono: Die Hardware kann sich mit der entsprechenden Software verbessern oder neue Features bekommen. Es lassen sich aber auch neue Geschäftsmodelle realisieren. Audi hat beispielsweise in bestimmten Modellen besonders hochwertige Scheinwerfer verbaut, die auch die Funktionen des Standard-Scheinwerfers erfüllen. Die Highend-Funktion des Scheinwerfers lässt sich nach dem Kauf des Fahrzeugs für drei Monate kostenlos nutzen und wird dann per Software wieder deaktiviert. Gegen Bezahlung lässt sich die Funktion jedoch weiternutzen. Das ist praktisch für Leute, die den Standard-­Scheinwerfer beispielsweise in der Stadt benötigen und auf ihrer Urlaubsreise aufs Land etwas mehr Ausleuchtung haben wollen.

asp: Können Sie weitere Beispiele für Zusatzfunktionen nennen, die sich per Bezahlung freischalten lassen?

D. de Bono: Ford integriert ein Fahrer-Assistenzsystem namens BlueCruise in die Mustang-Mach-E-Modelle. Nutzer können diese Funktion nach dem Kauf aktivieren und dadurch auf Autobahnen Level-2-Funktionen nutzen. Ford sieht das Abomodell als zusätzliche Einnahmequelle für das Fahrzeug und nimmt dafür die anfangs höheren Hardware-Kosten in Kauf. Anderes Beispiel: Beim Mercedes-Benz EQS lässt sich die Leistung des Autos per Software-Freischaltung erhöhen.

asp: Sind die Kunden wirklich bereit, dafür extra zu zahlen?

D. de Bono: Das hängt davon ab, ob die Funktion einen Nutzen für den Kunden hat. Wenn das so ist, werden Kunden auch dafür zahlen. Tesla als Pionier des Abo-Modells hat es vorgemacht, dass es funktioniert. Die Autohersteller müssen nur darauf achten, welche Funktionen sie ab Werk in das Fahrzeug integrieren und was sie nachträglich per Software freischalten. Wenn Kunden nachträglich den Nutzen sehen, werden sie auch bereit sein, dafür zu zahlen.

asp: Gibt es noch weitere Vorteile von Software-Updates?

D. de Bono: Ein Auto kauft man nicht für ein paar Monate, sondern im Regelfall für mehrere Jahre. Über die Zeit ändern sich aber die Ansprüche an das Auto. Das kann zum Beispiel auch mit dem Einkommen zu tun haben. Wenn man im Laufe der Jahre mehr verdient, kann man sich ein Upgrade gönnen. Es lassen sich aber auch zusätzliche Sicherheits-Updates installieren oder Fehler bereinigen.

asp: Ist es möglich, autonomes Fahren heute in das Auto zu integrieren, das sich erst später freischalten lässt?

D. de Bono: Prinzipiell ist das möglich. Dafür muss natürlich die Hardware vorhanden sein und die Homologation des Fahrzeugs entsprechend bestanden werden. Beispielsweise ließ sich die S-Klasse von Mercedes-Benz als Level-2-Plus-Fahrzeug mit entsprechender Hardware ordern und anschließend per Software-Update zu einen Level-3-Fahrzeug upgraden. Das Fahrzeug hat auch einen Lidarsensor von uns an Bord. Das Hardware-Design muss aber vorweg vorhanden sein, um solche Funktionen nachrüsten zu können. Tesla ist auch hier ein Vorbild.

asp: Wie lassen sich Software-Updates technisch umsetzen?

D. de Bono: Das hängt vom Autohersteller ab. Wenn der OEM eine Art AppStore für das Auto haben möchte, können wir die Anwendung dazu liefern. Wir sehen den Trend, dass die Autohersteller Software und Hardware zunehmend trennen. Wir können beides liefern, sofern der Autohersteller das wünscht. Wir können aber auch nur die Hardware oder die Software liefern. Wir arbeiten beispielweise mit BMW zusammen, um den "Domain Controller" für das Auto zu bauen. Wir selbst sind kein Chiphersteller, unsere Lösungen laufen aber auf allen gängigen Chips wie beispielsweise von Qualcomm, MobilEye oder Nvidia. Die SoC-Wahl hängt vom Autohersteller ab. Unser oberstes Ziel ist es dabei, nicht an einen Chiphersteller gebunden zu sein. Unsere IT-Architektur ist interoperabel.

asp: Ein großes Thema ist auch Cyber-Security. Wie stellen Sie sicher, dass keine Hacker auf das Auto zugreifen können?

D. de Bono: Die Telematik-Kontrolleinheit des Fahrzeugs ist im Regelfall dafür zuständig, dass Updates für das Fahrzeug aufgespielt werden können. Wir als Zulieferer entwickeln unsere Produkte nach dem UN-ISO-Standard für Cyber-Sicherheit, um Sicherheit sowohl von Hard- als auch Software zu gewährleisten. Wir arbeiten hier eng mit den Autoherstellern zusammen, um unsere Produkte sicher zu machen. Kein Hacker soll das Auto von außen kontrollieren können. Zusammen mit dem Autohersteller achten wir darauf, dass die Produkte up to date sind und dass wir den Hackern einen Schritt voraus sind. Das ist ein bisschen wie beim Smartphone.

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