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Am Scheideweg

28.05.2020 11:00 Uhr
Am Scheideweg

Die Reifenbranche hat erkannt, dass die Digitalisierung künftig für ihr Geschäft entscheidend wird. Dennoch tun viele Betriebe noch immer zu wenig. Das hat vielfältige Gründe, wie eine Studie im Auftrag der Messe Köln über die Herausforderungen der Branche zeigt.

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Die Digitalisierung stellt den Reifenhandel vor enorme Herausforderungen, zudem hat er ein ernst zu nehmendes Personalproblem - zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das Institut für Handelsforschung Köln (IFH) für die mittlerweile auf 2021 verschobene Messe The Tire Cologne angefertigt hat. Ziel der Studie war, eine Diskussionsbasis zu schaffen und den Messebesuchern dadurch zu helfen, ein besseres Verständnis für die aktuellen Herausforderungen auf den europäischen Reifenmärkten zu bekommen. "Wir sehen uns als Partner der Branche. Als solcher wollen wir nicht nur auf aktuelle Themen hinweisen, sondern auch Lösungsansätze bieten und Impulse für die Branchenentwicklung setzen", erklärt Ingo Riedeberger, Director der Koelnmesse GmbH.

Für die Studie haben die Forscher rund 300 Inhaber, Geschäftsführer und Führungskräfte von Werkstätten und Reifenhändlern in Deutschland, Großbritannien, Italien, Polen und Frankreich befragt. Schwerpunkte waren die Themen "Digitale Transformation", "Digitale Tools", "automobile Megatrends" sowie "Personalrekrutierung und Fortbildung der Mitarbeiter."

Digitale Transformation

Der Themenpunkt "Digitale Transformation" widmet sich vor allem der Frage, ob es in den Betrieben ein Bewusstsein für die stark wachsende Bedeutung des Internets und neuer digitaler Services gibt - etwa bei der Suche nach Informationen über Reifen, Teile und die Anbieter von Werkstatt-Services sowie bei der Terminvereinbarung und beim Kauf. Die gute Nachricht: 76 Prozent der Befragten erachten die Digitalisierung als ein wichtiges Thema im Reifenhandel. Im Hinblick auf den eigenen Betrieb sagen sogar 82 Prozent, dass die Digitalisierung wichtig oder sogar sehr wichtig ist. Vor allem bei Kundendaten-Management (83 Prozent), Auftragsverarbeitung (76 Prozent), Terminvereinbarung (76 Prozent) und Angebotserstellung (72 Prozent) rechnen Betriebe mit zunehmender Digitalisierung. Passend dazu planen 70 Prozent, ihre Online-Aktivitäten auszuweiten.

Gleichwohl sieht nur knapp die Hälfte der Betriebe die Digitalisierung eher als Chance denn als Gefahr für das eigene Unternehmen. Vor allem sehr kleine Betriebe mit einem bis drei Mitarbeitern sind tendenziell skeptisch. Als Herausforderungen sehen die Befragten dabei vor allem steigende Kosten für Investitionen in die Werkstatt und die Bereitstellung von Infrastruktur. Zudem sind viele Betriebe zu sehr mit ihrem Tagesgeschäft beschäftigt, als dass sie sich auf eine Ausweitung ihrer Online-Aktivitäten konzentrieren könnten. Rund ein Drittel der Befragten gab dies als Grund dafür an, warum sie bislang nicht mehr für ihre Online-Präsenz getan haben. "Viele haben zwar die Bedeutung des Themas erkannt, sehen aber keine Chance, darauf im Alltag zu reagieren. Das ist im Hinblick auf die Zukunft ein dramatischer Befund", sagt Riedeberger.

Digitale Werkzeuge

Daneben untersucht die Studie, welche digitalen Kanäle der Reifenhandel derzeit schon bespielt und welche digitalen Tools er nutzt. Ganz vorne bei den Kanälen liegen Webseite (78 Prozent) sowie E-Mail und Social Media (beide 47 Prozent). Onlineshops und Reifen-/Service-Portale nutzen hingegen nur 25 beziehungsweise 18 Prozent der Befragten. Besitzen die Betriebe nur eine Webseite, sind die am häufigsten angebotenen Services Online-Terminvereinbarungen und Standort-Finder (beide 58 Prozent) sowie Online-Kataloge (24 Prozent). Gibt es zusätzlich zur Webseite auch einen Onlineshop, ist auch das Angebot an digitalen Services deutlich besser. Kataloge und Terminvereinbarungen gibt es dann in sieben von zehn Fällen.

Angesichts dieser Zahlen konstatieren die Studienautoren, dass die Betriebe in Summe noch immer viel zu wenig tun. Um das Kundenerlebnis zu verbessern und den gestiegenen Erwartungen der Verbraucher zu entsprechen, sei ein möglichst breites Spektrum an digitalen Tools notwendig, beispielsweise Software, die schnelle und papierlose Werkstattprozesse ermöglicht. Die Studie legt zudem nahe, den digitalen Kontakt zu den Kunden auf breiter Front zu intensivieren.

Nachrichten an die Kunden - ob per Mail oder WhatsApp - dienen aktuell noch in erster Linie dazu, den Kunden ihre Rechnung zu schicken (59 Prozent). Nur gut die Hälfte tritt mit Kunden in Kontakt, um auf Angebote oder bevorstehende Veränderungen aufmerksam zu machen.

Automobile Megatrends

Zu wenig kümmert sich die Branche laut Studie auch um die Großtrends in der Automobilindustrie. Dazu zählen beispielsweise die Elektromobilität, die steigende Nachfrage nach Assistenzsystemen im Auto oder der Einsatz der RFID-Technik. So glauben 50 Prozent der Betriebe, Assistenzsysteme hätten erst mittel- bis langfristig Einfluss auf das Geschäft. Bei der Elektromobilität liegt dieser Wert bei 55 Prozent und bei der RFID-Technik sogar bei 66 Prozent. Indem sie diese Technologien und Trends als "Science-Fiction" abtun, verschenken die Betriebe nach Ansicht von Riedeberger Geschäftschancen: "Wer sich auf die Trends der Zukunft nicht einlässt, wird irgendwann abgehängt." So müssten etwa die Sensoren für die zahlreichen Assistenzsysteme immer wieder kalibriert werden. Zudem brauchen Elektroautos spezielle Reifen, was bei den Kunden für Beratungsbedarf sorge. Die RFID-Technik hingegen biete die Chance, die eigene Lagerhaltung effizienter zu gestalten.

Personal

Vielen Betrieben mangelt es schon jetzt massiv an Personal. Nur 27 Prozent glauben, dass sie in den nächsten fünf Jahren höchstwahrscheinlich ausreichend Personal finden werden. Besonders schwierig wird es laut Umfrage, Mechatroniker und Ingenieure zu finden. 65 Prozent der Betriebe geben schon jetzt an, gelegentlich oder häufig Probleme zu haben, Fachkräfte zu finden. Von diesen wiederum gab knapp die Hälfte der Befragten an, dass sie gesuchte Stellen nicht besetzen konnten. Das resultierte bei 66 Prozent in zusätzlicher Arbeit für die vorhandenen Mitarbeiter. 46 Prozent mussten deshalb schon Kundenaufträge ablehnen.

Die Studie legt nahe, neben den Standardrezepten wie höheren Löhnen oder Boni auch Neues zu probieren und beispielsweise eine neue Firmenkultur zu etablieren oder für öffentliche Präsenz zu sorgen - beispielsweise in den sozialen Medien. Damit könnten die Betriebe sogar zwei Ziele auf einmal erreichen: Schließlich kommen durch ein breites Spektrum an digitalen Kanälen auch zusätzliche Kunden in die Betriebe. Dass diese den Herausforderungen gewachsen sind, daran hat Riedeberger indes keinen Zweifel: "Der Reifenhandel muss nur ein gewisses Vertrauen in sich selbst haben."

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