Die deutsche Autobranche kämpft vehement gegen schärfere Klimaschutzrichtlinien der EU. Der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, hat in einem Brief Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) um Hilfe gebeten. Wissmann warnte in dem Schreiben vom 8. Mai vor "überzogenen" CO2-Regulierungen in Europa sowie indirekt vor dem Verlust von Arbeitsplätzen. Über den Brief hatte zuvor die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (Dienstag) berichtet.
"Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, liebe Angela", schrieb Wissman, es dürfe nicht sein, dass "wir unser leistungsfähiges und starkes Premiumsegment, das fast 60 Prozent der Arbeitsplätze unserer Automobilhersteller in Deutschland ausmacht, über willkürlich gesetzte Grenzwerte buchstäblich kaputt regulieren lassen". Der frühere Bundesverkehrsminister bat Merkel, sich in den kommenden Wochen für Verbesserungen einzusetzen, um die Regulierung "in eine ökologische und ökonomische Balance zu bringen." Die deutsche Automobilindustrie hat in Deutschland rund 750.000 Beschäftigte.
Hintergrund sind Pläne, die CO2-Grenzwerte weiter zu verschärfen. Der Umweltausschuss des Europaparlaments hatte Ende April für Obergrenzen von 68 bis 78 Gramm CO2 pro Kilometer für das Jahr 2025 votiert (wir berichteten) - oder umgerechnet 3 Liter Benzinverbrauch. 2012 lag der Normverbrauch deutscher Autos nach Branchenangaben bei knapp 6 Litern.
Wissmann kritisierte in dem Brief an Merkel, es wäre eine "verhängnisvolle Weichenstellung", wenn bereits heute ein CO2-Zielkorridor für das Jahr 2025 festgelegt würde. Die absehbare konjunkturelle Perspektive in der EU sowie die Marktakzeptanz alternativer Antriebe seien derzeit sehr ungewiss.
Umweltschützer unbeeindruckt vom "Wehklagen"
Bei Umweltschutzverbänden erntete Wissmann Kritik. NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller sagte, mehrere Studien hätten die kosteneffiziente Machbarkeit der Klimaschutzgesetze im Automobilbereich bestätigt. Der Leiter der Politischen Vertretung von Greenpeace, Stefan Krug, forderte Merkel auf, sich vom "Wehklagen" der deutschen Hersteller nicht beeindrucken zu lassen. Ein CO2-Ziel für 2025 sei der beste Weg, spritsparende Autos und die Elektromobilität zu fördern. (dpa)
Rolf Achtzig