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Vorstellung GWM Wey 03: Viel Wumms zum schmalen Kurs?

07.12.2023 06:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
Der Wey 03 ist nach dem Wey 05 das zweite Modell von Wey, die wiederum zu Great Wall Motor (GWM) gehören.
© Foto: Great Wall

Erneut startet eine neue Marke aus China bei uns. Wey ist der Name, Great Wall Motor der Hersteller dahinter und Premium lautet der selbst auferlegte Anspruch. Das Mittelklasse-SUV Wey 03 kommt im Frühjahr 2024 zu den Händlern, die gibt es nämlich. Und was sonst noch?

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Laut China Association of Automobile Manufacturers wurden im "Reich der Mitte" von Januar bis September 2023 knapp 9,5 Millionen Verbrenner, 3,5 Millionen Elektroautos (Bev) und fast 1,4 Millionen Plug-in-Hybride (Phev) zugelassen. Hybridfahrzeuge (ohne 48-Volt-Fahrzeuge) kamen in dem Zeitraum auf gut 500.000 Einheiten. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Plus von 14 Prozent bei BEV und immense 72 Prozent Zuwachs bei PHEV. Chinesen scheinen vor allem Gefallen am Plug-in zu finden. In Deutschland ist deren Absatz nach Ende der Förderung und trotz anhaltendem Vorteil bei der Dienstwagenbesteuerung fast in die Bedeutungslosigkeit gestürzt. Im Oktober 2023 sank die Zulassung der Phev hierzulande um 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.


GWM Wey 03

Wey 03 auf Parkplatz in der Abendsonne Bildergalerie

Unter der Haube werkelt ein Zweiliter-Vierzylinder (204 PS) in Kombination mit einem Elektromotor (163 PS). 367 PS, die für mächtig Vortrieb sorgen können. Das Problem ist jedoch, dass die Kraftentfaltung etwas ungehobelt daherkommt. Wird das Gaspedal für einen Landstraßen-Überholvorgang spontan ins Bodenblech getreten, muss sich der Wey 03 erst einmal sammeln und es scheint so, als ob die Elektronik nicht so reicht weiß, welcher Gang des Neungang-Doppelkupplungsgetriebes nun der richtige ist und ob zuerst der Vierzylinder-Benziner loslegen soll oder der Elektromotor die Kraft abgibt. Das alles dauert in etwa so lang, wie das Lesen dieser zwei Sätze = zu lang. Sind sich Elektronik, Getriebe und E-Motor einig, gibt es einen heftigen Tritt in den Rücken und der 2,3-Tonnen-Chinese legt mächtig zu, begleitet von einer Klangkulisse, die nicht zum sonst so gediegenen Charakter des Wey 03 passt. Top-Speed beträgt 230 km/h. Das konnten wir in Italien nicht ausprobieren. Bis Tempo 150 haben wir uns an den Hauptverkehrsstrom auf der Autobahn angepasst.

Apropos: Wer ständig über die aggressiven Autofahrer auf deutschen Autobahnen meckert, möchte bitte mal (wieder) in Italien fahren. Bei Tacho 150 hängt der Hintermann so dicht am (Wey-03-)Kofferraum, dass er noch die Kleberänder des kurz vor der Präsentation entfernten „Coffee-02-Schriftzugs“ (so hieß er noch bei Ankündigung) erkennen kann, um irgendwann mit 152 km/h überholen zu können. Ein kleiner Gas-Stoß beim Wey 03 würde den Fiat deklassieren. Soll heißen, den Top-Antrieb beim Wey 03 mit Allrad (zwei E-Motoren) und 442 PS braucht kein Mensch, es sei denn, man wohnt im Gebirge oder zieht mal einen Anhänger, der beim Wey 03 bis zu zwei Tonnen wiegen dürfen. Denn Traktionsprobleme und Antriebseinflüsse in der Lenkung gibt es beim Fronttriebler deutlich. 

Und jetzt startet Wey, eine Marke von Great Wall Motors (GWM) gleich mit zwei Modellreihen in Deutschland, die ausschließlich Plug-in-Hybride unter der Motorhaube und teils im Heck (Allradantrieb) installiert haben. Mutig. Noch mutiger, wenn man die angestrebten Preise in Augenschein nimmt. Doch dazu später mehr.

Wey stellte unter anderem auf der IAA 2021 den Wey Coffee 01 vor. Ein SUV der oberen Mittelklasse und dementsprechend ausladenden Abmessungen (Länge 4,87 Meter). Ziel der Chinesen war es damals, noch 2022 Europa zu „erobern“. Das klappte nicht ganz, denn die Sache mit dem Vertrieb stellte sich schwieriger als erwartet heraus. Das Thema Vertrieb hat sich dieser Tage offiziell geklärt.

Die Emil-Frey-Gruppe aus Friedberg, die bereits Mitsubishi und aus dem GWM-Imperium die Marke Ora vertreibt, übernimmt nun auch Wey. Rund 50 Markenhändler soll es bis zum Marktstart des Wey 03 in Deutschland geben; also weder Onlinevertrieb noch Service über eine freie Werkstattkette, wie es andere Chinesen versuchen. Dass Handel noch funktioniert zeigt MG, derzeit die einzige chinesische Marke in Deutschland, die tatsächlich Fahrzeuge in nennenswerter Stückzahl absetzt.

Das erste Wey-Modell in Deutschland ist nun der 05, der bis vor einigen Tagen noch Wey Coffee 01 hieß. Die neue Nomenklatur soll die Zuordnung zwischen Namen und Fahrzeuggröße vereinfachen. So heißt auch das Modell Funky Cat der Schwestermarke Ora fortan nicht mehr Funky Cat, sondern Ora 03. Wey und Ora sind auch keine Marken mehr, sondern „Produktlinien“. Aber das ist eine andere Geschichte.

Zurück zu Wey. Wem der Wey 05 eine Nummer zu dick ist oder zu teuer ist (ab 59.900 Euro brutto), der soll ab Frühjahr 2024 Freude am Wey 03 finden. Das Fahrzeug gehört mit knapp 4,70 Metern in die Mittelklasse und rangiert irgendwo im Umfeld zwischen Seat Tarraco und BMW X3. Preislich, jetzt kommen wir darauf zurück, wird ein Startpunkt um die 47.000 Euro (brutto) für den Wey 03 kolportiert. Damit rangiert er im Bereich des Seat Tarraco Plug-in-Hybrid, hat aber freilich gut 100 PS mehr Leistung als der Spanier. Den Einstieg in die Wey-Welt bildet ein frontgetriebener Plug-in-Hybrid, den wir auf rund 250 Kilometern rund um Rom bewegen konnten.

Auf gut asphaltierten Straßen wiegt und wankt der Wey 03 mit seiner etwas gefühllosen Lenkung gemütlich vor sich hin und schiebt bei zu schnell angegangenen Kurven mächtig über die Vorderachse. Das passt zwar nicht so ganz zur Leistungsbereitschaft, wohl aber zu einem SUV an sich. So bügelt das Fahrwerk trotz 20-Zoll-Bereifung grobe Schäden unter sich astrein aus. Lediglich die häufiger auftretenden kleinen Macken stoßen dem Chassis übel auf und es poltert an der Vorderachse lautstark. Da darf gern nachgebessert werden. Denn ansonsten ist der Chinese „japanisch-zurückhaltend“. Die Doppelverglasung und eine gute Schallisolierung zur Front hin lassen auch bei Tempo 150 nur wenige Geräusche in den Fahrgastraum kommen. Und wer den Motor nicht triezt, hört auch von diesem nichts.

Dazu passt auch die luxuriöse Ausstattung (Ausstattungslinie Luxury) mit dicken und bequemen Sitzen, feinen Materialien und sauberer Verarbeitung. Ja, das können auch die Chinesen zweifelsohne. Lediglich das Holzimitat auf der Mittelkonsole sieht nach Imitat aus und passt nicht ins Gesamtbild. Nicht ganz ins Bild passen auch die LED-Scheinwerfer, die wenig Luxury versprühen und bei Heckbeladung manuell in der Höhe verstellt werden müssen. So oder so ist die Lichtausbeute unterdurchschnittlich. Und adaptiv ist nichts, von Matrixlicht können Wey-Kunden nur träumen.


Preis: ca. 50.000 € (brutto)
R4/1.998 ccm + E-Motor | Frontantrieb
Systemleistung: 270 kW/367 PS | 500 Nm
230 km/h | 7,3 s | 9-Gang-DKG
WLTP-Verbrauch: 26,9 kWh/100 km + 0,5 l/100 km
WLTP-Reichweite: 130 km | Akkukapazität: 34 kWh (brutto)
AC: 11 kW | DC: 50 kW
Abmessungen: 4.668 x 1.890 x 1.730 mm
Kofferraumvolumen: k. A.
Versicherung: HK 22 | VK 27 | TK 25
Wartung: 30.000 km/1 Jahre
Garantie: 5 Jahre | Akku: 8 Jahre/160.000 km



Keine Überraschungen gibt es beim 14,6-Zoll-Infotainment. Chinesisch-verspielt ist auch dieses und teils zu klein geschrieben. Dennoch sind die meisten Funktionen auch für Europäer irgendwann zu finden. Wie fast üblich, hat auch der Wey 03 eine Kamera zur Gesichtsüberwachung, die an der mächtigen A-Säule auf der Fahrerseite platziert ist. Diese nervt, sobald man doch mal etwas länger im Menü nach der richtigen Einstellung suchen muss. Das Deaktivieren dieser Überwachungseinheit gelingt recht kompliziert übers Menü (und währenddessen wird man aufgefordert, nach vorn zu schauen) – nach jedem Motorstart. Einfacher: Einen dunklen Klebestreifen draufpappen – dann ist dauerhaft Ruhe.

Vor dem Schalthebel ist ein zweites Display (neun Zoll), das vor allem zur Einstellung des Klimas dient. Sieht ganz nett aus, physische Tasten lassen sich dennoch einfacher und schneller bedienen. Ebenso sind die kapazitiven Felder in der Lenkradspange nicht der Weisheit letzter Schluss. Guten Klang gibt es vielleicht auch in der Basisausstattung Premium, nicht aber das exzellente Infinity-Soundsystem, das der Luxury ab Werk installiert bekommt. Das erfüllt in Verbindung mit der guten Schallisolierung auch gehobene Ansprüche.

Das Platzangebot ist vorn wie hinten gut. Die Sitze sind bequem, Strom (USB-C) und Wärme (Sitzheizung) gibt es überall. Eine Literangabe für den Kofferraum gibt es hingegen noch nicht. Wir tippen auf rund 450, was durchschnittlich wäre.

Ladeanschluss hinten rechts im Wey 03
11 kW schafft der Wey 03 an der Wallbox, bis zu 50 kW am DC-Schnelllader. Für einen Plug-in-Hybriden ist das super.
© Foto: Michael Blumenstein

Fast vergessen: Es soll ja auch Dienstwagenfahrer geben, die den Plug-in-Hybriden an den Strom hängen. Das kann der Wey 03 in der Tat gut. Rund 130 Kilometer elektrische Reichweite geben die Chinesen an – Topwert. Möglich macht das der mit gut 34 kWh sehr große Akku. Ist dieser irgendwann leer, kann an der Wallbox mit 11 kW und sogar am DC-Lader mit 50 kW nachgeladen werden. Ausreden fürs Nichtladen fallen somit flach. Und wer oft nachlädt, könnte tatsächlich im Bereich von rund zwei Litern auf 100 Kilometer kommen, was wir auf unseren ersten 100 Kilometern locker schafften. So gesehen bekommen die Plug-in-Hybride vielleicht doch wieder eine Daseinsberechtigung, wenngleich das Fahren mit zwei Motoren nach wie vor nicht ideal ist, wie der Normverbrauch von 26,9 kWh pro 100 Kilometer plus 0,5 Liter Benzin verdeutlicht – ein BMW iX3 benötigt für dieselbe Strecke 18,5 kWh.

Mal sehen, ob sich das avisierte Premium-Konzept vieler chinesischer Anbieter in Europa durchsetzen wird oder die Kunden im konkreten Fall doch eher zum gleich teuren Seat Tarraco oder zum gut 15.000 Euro teureren (und im Detail deutlich besseren) BMW X3 Plug-in-Hybrid greifen, die beide den Feinschliff haben, den wir beim Wey 03 vor allem beim Fahren und den Assistenzsystemen vermissen. Ein kleiner Fun Fact am Rande: In China kostet der Wey 03 ab 29.400 Euro. Allerdings besitzt der Plug-in-Hybrid dort einen 1,5-Liter-Benziner, der zusammen mit dem E-Antrieb auf „nur“ 326 PS kommt. Dennoch bleibt der Euro-Aufpreis hoch, egal, wo letztendlich die Preisflagge platziert wird. Aber das ist nicht neu, denn wirklich günstig sind die aktuellen China-Modelle bei keinem Hersteller.


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