Seit gut drei Jahren gibt es bei der Auto-Vorbeck GmbH in Wentorf bei Hamburg einen Werkstatt- und einen Kundendienstleiter. Bis dahin war Geschäftsführer Stefan Vorbeck der einzige Ansprechpartner für sein Team. "Wir sind in den letzten Jahren stark gewachsen und wollen das auch weiterhin", erklärt Vorbeck. "Dazu ist es erforderlich, neue Geschäftsfelder zu erschließen - und dazu brauche ich Entlastung im Tagesgeschäft." Angesichts der mittlerweile 25 Mitarbeiter, die der Mehrmarkenbetrieb derzeit beschäftigt, ist das eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung.
Zweite Führungsebene
Laut Monika Rudolf ist es bei einem Unternehmen dieser Größenordnung absolut empfehlenswert, eine zweite Führungsebene einzuziehen. "In der Regel kommt eine Führungskraft, die nach wie vor operativ tätig ist, mit fünf bis sechs Mitarbeitern gut zurecht", erklärt die Trainerin und Beraterin, die unter anderem Autohäuser und Kfz-Werkstätten rund um Vertriebs- und Führungsfragen berät. "Denn gute Führung nimmt Zeit in Anspruch." Ob die Schaffung einer zweiten Führungsebene erfolgreich verläuft, hängt von mehreren Faktoren ab. Wichtig ist natürlich, dass dafür die richtigen Personen ausgewählt werden. Allerdings birgt sowohl die Beförderung vorhandener Mitarbeiter als auch das Einstellen externer Kandidaten gewisse Tücken.
Mitarbeiter, die schon länger in der Werkstatt beschäftigt sind, kennen die Abläufe, die Kollegen und auch den Werkstattinhaber. Das kann hilfreich sein - allerdings ergeben sich dadurch kaum Impulse zu Verbesserungsmaßnahmen, wie sie vielleicht ein Kandidat mitbringt, der bereits in anderen Betrieben Erfahrungen gesammelt hat. Dafür zeigt der Werkstattinhaber seinem Team inklusive Azubis, dass es in seinem Betrieb durchaus Aufstiegsmöglichkeiten gibt. "Das Hauptproblem bei der Beförderung eines Mitarbeiters ist in der Praxis dessen Akzeptanz durch das Team", berichtet Monika Rudolf. Sie empfiehlt daher, einen Mitarbeiter auszuwählen, der nicht nur über die fachlichen Qualifikationen verfügt und mit dem sich der Chef bisher gut verstanden hat. Mindestens genauso relevant ist es, dass der Kandidat bereits bisher als informeller Führer des Werkstattteams aufgetreten ist. "Diese Mitarbeiter haben sich ihre Akzeptanz in der Regel durch herausragende Fachkenntnisse erarbeitet", so Rudolf. "Aber sie kommen auch im Zwischenmenschlichen gut zurecht." Die künftige Führungskraft durch ein Training oder vielleicht auch ein Coaching auf ihren Rollenwechsel vorzubereiten, ist in aller Regel eine lohnende Investition.
Ein externer Kandidat muss das Unternehmen und die Menschen, die dort arbeiten, dagegen erst kennenlernen. Dass er sorgfältig ausgewählt wird und ebenfalls nicht nur fachlich, sondern auch menschlich geeignet sein sollte, ist eine Selbstverständlichkeit. "Ein Bewerber, der bereits Führungserfahrung mitbringt, hat es natürlich leichter", sagt Monika Rudolf. "Er muss sich allerdings trotzdem die Akzeptanz des Teams sichern."
Stefan Vorbeck entschied sich dafür, seine beiden Führungskräfte von außen zu holen. "Es hätte einfach zu lange gedauert, eigene Mitarbeiter auf die neuen Aufgaben vorzubereiten." Die richtige Mischung aus Leader und Teamplayer zu finden, sei jedoch nicht leicht gewesen. "Schließlich müssen sowohl der Leiter Technik als auch der Leiter Kundendienst hohe Ansprüche in Bezug auf ihr Technik-Know-how erfüllen. Sie müssen aber auch im Kundenkontakt punkten und klar gesteckte Vertriebs- und Umsatzziele erreichen", erklärt Vorbeck.
Führungsaufgaben neu verteilen
Mit präzisen und soweit möglich auch messbaren Vorgaben zu den Leistungen, die er von seinen Führungskräften erwartet, hat Vorbeck wichtige Voraussetzungen für eine allseits erfolgreiche Kooperation geschaffen. Denn ob die zweite Führungsebene sich durchsetzen und sowohl im Sinne des Unternehmers und der Belegschaft agieren kann, hängt nicht allein von der Eignung und dem Verhalten dieser Personen ab. Auch der Werkstattinhaber kann viel dafür tun, dass die neue Aufgabenteilung erfolgreich verläuft ( siehe Tipp-Kasten). Im Grunde handelt es sich dabei ja um eine Neuorganisation des Managements. Auch wenn sich dieser Begriff bei einem mittelständischen Werkstattbetrieb hochtrabend anhören mag: Letztlich geht es darum, die Führungsaufgaben neu zu verteilen - und zwar inklusive der Zuständigkeit für die Mitarbeiter im jeweiligen Arbeitsbereich. Daher ist es so wichtig, dass der Werkstattinhaber realisiert, dass diese Mitarbeiter nun nicht mehr seinem direkten Zugriff unterliegen: "Der Chef muss die Führung zu hundert Prozent abgeben und sich gerade in der Anfangszeit bewusst heraushalten", betont Monika Rudolf.
Dies sieht auch Stefan Vorbeck so. "Durchregieren ist nicht sehr hilfreich. Auch wenn es mir schwer gefallen ist, habe ich gelernt, mich zurückzunehmen." Ganz gelinge ihm dies leider nicht immer. Daher räumt er ein, dass es ab und zu durchaus vorkommt, dass Mitarbeiter sich nicht an ihre direkten Vorgesetzten wenden, sondern ihn direkt auf etwaige Probleme und Herausforderungen ansprechen. Stichhaltige Themen nimmt er dann auf und bleibt dran. "Schließlich verfüge ich über langjährige Erfahrungen und möchte keinesfalls, dass Mitarbeiter sauer gefahren werden. Denn gutes Personal zu finden, ist heute ja eines der größten Probleme für einen Werkstattbetrieb."
Sandwich-Position
Monika Rudolf rät ebenfalls davon ab, dass der Werkstattinhaber seinen Führungskräften das Feld komplett überlässt. "Er muss durchaus genau hinsehen, was passiert, darf sich aber nicht ohne guten Grund einmischen und dazwischenfunken", sagt Rudolf. "Wenn etwas nicht so läuft, wie er es sich vorstellt, muss er zunächst mit der Führungskraft darüber sprechen." Dieses klare Verhalten sei wichtig, um die Rolle des neuen Werkstatt-, Service- oder Büroleiters zu festigen. Der befindet sich schließlich in einer eher unangenehmen Sandwich-Position: Er erhält Vorgaben von oben, bei deren Festlegung er in der Regel nicht gefragt wird, muss diese aber zur Erfüllung nach unten weitergeben und rechtfertigen können. Als Vorgesetzter muss er seinen Mitarbeitern gerecht werden und sie motivieren.
Bei kleineren Werkstattbetrieben wird darüber hinaus meist auch noch handfeste Mitarbeit im Tagesgeschäft erwartet. Das kann durchaus belastend sein. Studien haben gezeigt, dass die Chefs der mittleren Führungsebenen weit stärker vom Burnout bedroht sind als Top-Manager. Ein Trost für alle, denen die Umstellung und die Abgabe von Verantwortung zunächst schwerfällt: Am Anfang konsequent zu bleiben, trägt maßgeblich dazu bei, dass die Führungskräfte schnell akzeptiert werden - und dass der Werkstattinhaber tatsächlich entlastet wird.
Kurzfassung
Bei der Einführung einer zweiten Führungsebene kommt es nicht nur auf die Auswahl der richtigen Kandidaten an. Es gibt dazu noch einige Punkte zu beachten, damit die geplante Entlastung für den Chef nicht zur Belastung für die gesamte Werkstatt wird.
Guter Start für die zweite Ebene
Sechs Tipps von Monika Rudolf, wie Sie einer neu installierten Führungskraft, den Mitarbeitern und sich selbst die Umstellung erleichtern:1. Übergeben Sie das Zepter offiziell: Informieren Sie Ihre Mitarbeiter darüber, dass Sie eine organisatorische Zwischenebene einbauen und wie die neue Aufgabenteilung künftig aussieht. Stellen Sie klar, für welche Teams oder Mitarbeiter die neue Führungskraft zuständig ist - und betonen Sie, dass diese Person künftig der erste Ansprechpartner für Fragen ist.2. Erliegen Sie nicht der Versuchung, den Mitarbeitern an der neuen Führungskraft vorbei wie gehabt Aufgaben zu übertragen - auch keine Kleinigkeiten, die nur wenige Minuten dauern. Damit untergraben Sie die Autorität der Führungskraft und bringen Sand ins Getriebe ihrer Arbeitsorganisation.3. Fordern Sie selbst langjährige Mitarbeiter, die mit fachlichen Fragen und Problemen an Sie herantreten, dazu auf, mit ihrem direkten Vorgesetzten darüber zu sprechen. Bei größeren Schwierigkeiten sollten Sie gemeinsam mit dem Mitarbeiter zu Ihrer neuen Führungskraft gehen - und nicht versuchen, hinter den Kulissen die Strippen zu ziehen.4. Finden Sie sich damit ab, dass eine wirkliche Führungspersönlichkeit manche Dinge anders anpackt und regelt als Sie. Solange Ihre Vorgaben erreicht werden und die Stimmung im Team passt, sollten Sie die Leine lang lassen.5. Geben Sie Ihrer neuen Führungskraft Zeit zum Einarbeiten, aber greifen Sie ein, bevor die Mannschaft total aus dem Ruder läuft. Ernste Alarmzeichen sind sinkende Produktivität, steigende Krankheitsquoten, Zoff im Team sowie Arbeiten, die immer häufiger nicht pünktlich erledigt werden.6. Planen Sie einen festen wöchentlichen oder zumindest monatlichen Besprechungstermin mit ihren neuen Führungskräften ein, an dem Sie sich gegenseitig auf den aktuellen Stand bringen.