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Nadel im Heu

17.07.2009 12:02 Uhr

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Klimaanlagenwartung

Schäden an der Klimaanlage auf die Spur zu kommen, gleicht einer Detektivarbeit. Weil freigesetztes Klimamittel hochgradig umweltschädlich ist, sollte der Anlagendiagnose und Fehlersuche in der Werkstatt höchste Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Realität sieht oft anders aus.

Wissen Sie, wofür das Kürzel GWP steht? Wenn Sie Klimaanlagenwartung in Ihrem Betrieb anbieten, sollten Sie und Ihre Mitarbeiter wissen, was gemeint ist, wenn der Gesetzgeber vom Global Warming Potential oder auch CO2-Äquivalent spricht. Der GWP-Wert ist ein Indikator dafür, wie schädlich die eine Substanz sich auf die Umwelt auswirkt. Klimaanlagen, heute beinahe Standardausstattung in Kleinwagen, standen schon immer im Ruf, dass der durch sie gebotene Komfort aufgrund des im Klimakreislauf zirkulierenden Kältemittels zu Lasten der Umwelt erkauft wird. R134a, das heute aktuelle Kältemittel, hat einen GWP-Wert von 1.430. Das heißt, ein Kilogramm R134a trägt 1.430 mal stärker zum Treibhauseffekt bei als ein Kilogramm CO2. Das ist der Politik deutlich zu hoch, warum bereits die Weichen für neue, weniger umweltbelastende Kältemittel gestellt wurden. In der Diskussion sind derzeit CO2 und HFO-1234yf. Derzeit streiten vor allem die Techniker, welchem Klimamittel die Zukunft gehört.

2011 müssen sie das Problem gelöst haben, denn ab dann dürfen Fluor-kohlenwasserstoffe wie R134a mit einem GWP-Wert größer 150 nicht mehr in neu entwickelten Fahrzeugen verwendet werden. „Neufahrzeuge sind unter dem Gesichtspunkt GWP aber nicht das Problem“, erklärt Guido Sasse, Sales Manager OES beim Klima- und Kühlungsspezialisten Waeco in Emsdetten. Problematisch ist vor allem die Wartung von im Betrieb befindlichen Anlagen. „Hier hat sich in den letzten Jahren viel getan, denn mit einem vollautomatischen Klimaservicegerät ist die Werkstatt vollständig auf der sicheren Seite“, sagt Franz-Josef Esch, Entwicklungsleiter für den Bereich Klima. Waeco selbst bietet mit den Modellen ASC 1000, ASC 2000 und ASC 3000 drei Klimaservicegeräte an, die in unterschiedlicher technischer Ausstattung und verschiedenen Designs auch als Herstellerlösungen von diversen Automobilherstellern für deren Servicenetze angeboten werden. Die Automobilhersteller haben in den letzten Jahren beim Thema Klimaservice eine Kehrtwende vollzogen. Noch vor wenigen Jahren priesen viele ihre Klimaanlagen als wartungsfrei. Bei einer asp-Umfrage zu den Wartungsanforderungen von Klimaanlagen und den diesbezüglichen Vorgaben des Herstellers im Jahr 2000 (vgl. asp 8/2000, S. 44 „Kaltes Grauen“) gab uns ein deutscher Automobilhersteller den väterlichen Rat, uns mit dem Prinzip eines Kühlschranks vertraut zu machen. Schließlich brauche der auch keine Wartung.

Strenge Wartungsvorgaben

Derlei Halbwissen ist mittlerweile straffen Wartungsvorgaben gewichen, weil die Europäische Union Druck macht und Kältemittel als einen der schlimmsten Klimakiller erkannt hat. „Die Folgen sind auch in der Automobilindustrie spürbar, denn moderne Anlagen kommen heute mit weniger als 1.000 Gramm Kältemittel aus, im Schnitt sind die Anlagen mit 550 Gramm Kältemittel befüllt, wo früher mehr als ein Kilogramm für die gleiche Kühlleistung erforderlich war“, so Sasse.

Doch selbst intakte Anlagen verlieren 40 bis 60 Gramm Kältemittel pro Jahr, weil ein flexibles Leitungssystem mit Verschraubungen und Verbindungen unterschiedlicher Komponenten nie zu 100 Prozent dicht ist. „Die Systemdiagnose beim Klimaservice ist darum immens wichtig. Wie bei der Bremsflüssigkeit darf man das System nicht einfach auf den Idealstand befüllen, sondern muss die Ursache für den Klimamittelschwund vorher ermitteln“, erklärt Esch. Tut die Werkstatt das nicht und befüllt eine defekte Anlage mit 134a, begeht sie nach den aktuellen gesetzlichen Regelungen eine strafbare Handlung. „Es war schon immer verboten, Kältemittel in eine defekte Anlage einzufüllen, doch was früher als Ordnungswidrigkeit behandelt wurde, ist heute eine Straftat“, erklärt Michael Beer, bei Waeco Produktmanager für den Bereich Werkstattausrüstung. Der erste Schritt bei der Klimasystemdiagnose ist ein Klimaservicegerät. „Echte Vollautomaten wie unser Modell ASC 2000 saugen zunächst das Kältemittel aus dem System und starten dann eine Vakuumprüfung. Lässt sich dabei kein Vakuum aufbauen, bringt das Klimaservicegerät eine Fehlermeldung und der vollautomatische Prozess inklusive Kältemittelaufbereitung und Wiederbefüllung der Anlage wird unterbrochen“, so Beer. Bevor der Prozess fortgesetzt werden kann, muss die Werkstatt das Klimasystem einer genauen Diagnose unterziehen.

Diagnose heißt in dem Fall Leckage-suche. „Nach unseren Erfahrungen treten 75 Prozent aller nicht unfallbedingten Schäden am Klimasystem am Kondensator auf, der wegen seiner Einbaulage an der Fahrzeugfront prädestiniert für Steinschläge ist“, so Michael Beer.

Löcher im System

Um ein Leck am Klimasystem aufzuspüren, stehen laut Franz-Josef Esch im Prinzip vier Verfahren zur Verfügung.

Die elektronische Suche ermöglicht eine maximal mögliche Lecksuchrate zwischen 3 und 20 Gramm pro Jahr. Dabei wird mit einem elektronischen Schnüffler, der ausschließlich auf austretendes R134a reagiert, die gesamte Oberfläche der Klimaanlage abgesucht“, so Esch. Vorteil: sehr hohe Empfindlichkeit und die Möglichkeit auch kleinste Leckagen aufzufinden. Der Nachteil liegt in der Anwendung. „Der Zeitaufwand für die Leckage-suche ist sehr hoch, denn die gesamte Oberfläche der Klimaanlage muss abgeschnüffelt werden. Je nach Fahrzeug kann das zwischen 30 Minuten und zwei Stunden dauern. Zudem stellt der Gebrauch an den Anwender erhöhte Anforderungen bei Qualifikation und Motivation.“

Eines der ältesten Verfahren ist die Lecksuche mit Prüfschaum, das hat in deutschen Werkstätten aber kaum noch Bedeutung, denn um eine Beschädigung durch eine Blase im Schaum sichtbar zu machen, müssen mindestens 120 Gramm Kältemittel entweichen. „Für die Aufdeckung von Feinstleckagen ist dieses Verfahren vor allem bei neuen Anlagen unbrauchbar“, so Esch. Als Feinstleckage definiert der Entwickler Verluste in der Größenordnung von zehn bis 20 Prozent der Gesamtfüllmenge mit R134a.

Am weitesten verbreitet in den Werkstätten ist die Lecksuche mittels UV-Additiven. Weil die Farbe an Leckagen nur dann austreten kann, wenn sie zuvor mit dem Kältemittel im System zirkuliert ist, wird die Farbe in Tablettenform schon in neue Trockner direkt am Band bei einigen Automobilherstellern in der Automobilproduktion verbaut. Tritt durch eine Beschädigung im Klimakreislauf Kältemittel aus, ist die Schadstelle durch die fluoreszierende Eigenschaft des Additivs mittels einer UV-Lampe und einer Spezialbrille schnell und zweifelsfrei aufzufinden. „Mit dieser Methode erzielen wir Lecksuchraten bis in den Bereich von sieben Gramm pro Jahr“, so Esch. Das Lecksuch-Additiv kann als Bestandteil eines so genannten Tracer-Öls auch in jede frisch gewartete Klimaanlage eingefüllt werden. Vorteil dieses Verfahrens: Es ist relativ einfach in der Handhabung und liefert dabei zuverlässige Ergebnisse. Zahlreiche Automobilhersteller, darunter Mercedes-Benz, BMW oder die Volkswagen-Gruppe schreiben das Verfahren und die Verwendung von Lecksuchadditiven einer bestimmten Qualität vor. Wer Additive benutzt, die nicht von den Kompressorherstellern und Fahrzeugherstellern freigegeben sind, riskiert allerdings Ärger. „Alle Automobilhersteller schreiben zwingend die Verwendung lösemittelfreier Additive vor. Kommt es zum Gewährleistungsfall, lässt sich einfach ermitteln, ob die Werkstatt diese Vorgabe erfüllt hat. Wenn nicht, bleibt die Werkstatt auf dem Schaden sitzen“, so Guido Sasse.

Lecksuche mittels Formiergas (ähnlich der elektronischen Prüfung): Dabei wird die defekte Klimaanlage mit einem Gemisch aus Wasserstoff (5 Prozent) und Stickstoff (95 Prozent) mit einem Druck von maximal 12 bar befüllt. Weil Wasserstoff leichter als Luft ist, tritt er an der schadhaften Stelle aus und kann dort mit einem elektronischen Schnüffler nachgewiesen werden.

Werkstattgerechte Lösung gefragt

Vorteil: Die Sensoren sprechen direkt auf Wasserstoff an, sind unempfindlich gegenüber anderen Ausdünstungen und können auch kleinste Leckagen von zwei bis drei Gramm pro Jahr ermitteln; Nachteil: die Handhabung am Fahrzeug erfordert strikte Umgebungsbedingungen (keine Luftbewegungen im Raum). „Zudem muss der Monteur in der Lage sein, die Signale vom Schnüffler richtig zu interpretieren, denn die Schadstelle wird nicht sicht-, sondern durch den Alarm des Schnüfflers, der auf den leicht flüchtigen Wasserstoff reagiert, zunächst nur hörbar, was die Schadenidentifikation an schwer zugänglichen Stellen der Klimaanlage zusätzlich erschwert“, so Franz-Josef Esch. Als problematisch erachtet der Ingenieur außerdem, dass der Mechaniker bei seiner Prüfung auf konstante Wasserstoffzuführung achten muss. „Weil Wasserstoff extrem leicht flüchtig ist, lässt die Wasserstoffkonzentration bereits nach zehn Minuten spürbar nach. Das heißt für den Mechaniker: Arbeit unterbrechen und neu befüllen, was den Zeitaufwand erhöht.“

Die Experten von Waeco präferieren darum auch künftig die Lecksuche mittels UV-Additiven. „Sie ist aktuell der beste Kompromiss aus einfacher Anwendung in der Werkstatt und zuverlässigen Diagnoseergebnissen“, so Guido Sasse. Über Aussagen im Markt, wonach die UV-Lecksuche künftig per Gesetz verboten wird, können Sasse und seine Kollegen darum nur den Kopf schütteln. „Das Argument, die Chemikalienverordnung der EU würde die Verwendung von UV-Lecksuch-Additiven künftig verbieten, ist absolut haltlos. Diese Verordnung schreibt vor, dass defekte Klimaanlagen nicht mit Kältemittel befüllt werden dürfen, bevor die Undichtigkeit nicht beseitigt wurde, aber das gilt seit rund 20 Jahren“, so Sasse. Zudem verweist er auf den neuen Sachkundenachweis der TAK zum Thema Klimaanlagen, der vom VDIK, VDA und ZDK gemeinsam erarbeitet wurde. Auch hier wird die UV-Lecksuche als das gängigste Verfahren zur Lecksuche genannt. „Die UV-Lecksuchtechnik ist weder verboten noch stehen Bestrebungen an, diese künftig zu verbieten“, so Sasse.

Davon geht offensichtlich auch die Automobilindustrie aus, denn einige Hersteller haben nach Angaben von Waeco für UV-Lecksuchsysteme bereits Freigaben für Fahrzeuge erteilt, die erst 2010 und 2011 auf den Markt kommen. „Versuche mit CO2 haben gezeigt, dass auch an diesen Anlagen die UV-Lecksuche sehr gute Ergebnisse bringt. Das schließt nicht aus, dass wir weitere Lecksuchsysteme mit ins Angebot aufnehmen, vorausgesetzt, sie sind anwendungsfreundlich für die Werkstatt“, so Franz-Josef Esch.

Am wichtigsten ist allerdings, dass die Werkstatt überhaupt ein Leck in der Klimaanlage findet, es fachgerecht repariert und dann erst die Anlage nach einem fachgerechten Service neu befüllt, egal, welche Technik zur Leckagesuche sie dabei verwendet. fs

Weitere Infos und Schulungs-angebote zum Thema Klimaanlagen unter www.airconservice.de

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