Serie/ Teil 6
„Wir wissen, was unsere Kunden wünschen“. Kann sein, muss aber nicht stimmen. Statt vager Selbsteinschätzung sollte man seine Kunden direkt fragen. Diese Form der Marktforschung liefert wichtige Entscheidungshilfen und ist auch für kleine Betriebe machbar. Teil 6 unserer Serie zu klassischen Marketingirrtümern.
Wenn Kunden immer wieder in die gleiche Werkstatt fahren, ist das ein gutes Zeichen. Es muss aber nicht bedeuten, dass aus Kundensicht wirklich alles perfekt läuft. Verbessern lässt sich schließlich immer etwas. Um dabei an den richtigen Schrauben zu drehen, lohnt es sich, bei Kunden nachzufragen. Und zwar kurz nach einem Werkstattbesuch, wenn sie es am besten beurteilen können. „Ein freundlicher Anruf zwei bis drei Tage nach dem Werkstattbesuch bringt die besten Resultate“, sagt Unternehmensberater Kilian Wissmeier aus München. Er führt für Kfz-Unternehmer regelmäßig das Seminar „Professionelle Werbemaßnahmen“ durch, das von der Stahlgruber Gesellschafter-Stiftung angeboten wird. Für ein aussagekräftiges Befragungsergebnis sollte pro Jahr mindestens eine Stichprobe gemacht werden, bei der 100 Werkstattkunden angesprochen werden. Ein Erfolgsfaktor für diese Form der Marktforschung sind klare Vorgaben für die Telefonate, damit wirklich alles abgefragt wird und die Ergebnisse vergleichbar sind. Dazu empfiehlt sich ein Fragebogen, der zugleich als Gesprächsleitfaden dient. Bei der Entwicklung des Fragebogens sollte darauf geachtet werden, dass die Geduld der Kunden nicht überstrapaziert wird. Im Wesentlichen geht es darum, die Zufriedenheit des Kunden an allen Stationen eines Werkstattbesuchs abzufragen: von der telefonischen Terminvereinbarung über den Prozess der Fahrzeugannahme, die Erklärung des Reparaturbedarfs, Information über eventuell erforderliche Reparaturererweiterungen bis hin zum Ablauf rund um Abholung, Erklärung und Bezahlung der Rechnung. Auch die Kriterien Pünktlichkeit, Sauberkeit, Freundlichkeit und Preisniveau sollten abgefragt werden.
Reklamationen nicht ignorieren
„Am besten ist es, eine Skala von eins bis fünf vorzugeben, wobei für die maximale Zufriedenheit fünf Punkte vergeben werden, für schlechte Leistungen ein Punkt“, so Wissmeier. Bewerten Kunden einzelne Leistungen extrem gut oder besonders schlecht, empfiehlt sich die Zu- satzfrage, worauf diese Einschätzung konkret zurückzuführen ist. Bei negativen Erfahrungen sollte die Werkstatt unbedingt reagieren. Auf welche Weise das passiert, hängt von der Bedeutung der Reklamation ab. „Grundsätzlich ist ein kurzer Entschuldigungsbrief, verbunden mit einem kleinen Geschenk oder Gutschein, eine gute Methode“, sagt Wissmeier. „Wichtig ist, dass rasch gehandelt wird. Kunden, die keine Redaktion auf ihre Beschwerde bekommen, werden die Werkstatt wohl kaum ein zweites Mal aufsuchen.“ Um die Auskunftbereitschaft der Kunden zu erhöhen, ist es sinnvoll, Mitarbeiter nachtelefonieren zu lassen, mit denen der Kunde keinen direkten Kontakt hatte. Das sollte am besten eine Person übernehmen, die gerne telefoniert, auch unter Druck freundlich bleibt und eine gewisse Frustrationstoleranz mitbringt: Denn nicht jeder Kunde ist dazu bereit, sich Zeit für die Umfrage zu nehmen. Zudem kann die Erreichbarkeit schlecht sein, so dass mehrere Anrufversuche erforderlich sind. Diese Aufgabe können auch externe Call-Center-Dienstleister übernehmen, wobei allerdings nicht nur die Seriosität des Unternehmens, sondern auch die Qualität der Arbeit genau überprüft werden sollte. Sich Referenzen nennen zu lassen und dort auch nachzufragen, ist empfehlenswert. Vorteil dieser externen Lösung: Die Anrufe werden konsequent erledigt, was bei einer internen Lösung gerade in Stresszeiten nicht immer der Fall ist.
Die richtigen Lehren ziehen
Informationen zur Kundenzufriedenheit zu erheben ist nur ein Teil der Arbeit. Den zweiten, mindestens genauso wichtigen muss der Werkstattinhaber leisten: Er muss Konsequenzen aus den Ergebnissen ziehen. Eine gute Aufbereitung der Bewertungen bildet dafür die Basis.
„Anhand von Excel-Tabellen und Grafiken lässt sich schnell erkennen, wie eine Werkstatt von ihren Kunden eingeschätzt wird und wo es Verbesserungsbedarf gibt“, empfiehlt Wissmeier.
Die Stärken, die von den Kunden besonders geschätzt werden, sollten bei allen Marketingmaßnahmen hervorgehoben werden. Denn sie bilden die „Unique Selling Proposition“, die Summe der Eigenschaften, die ein Unternehmen einzigartig macht (siehe asp 02/2011, S. 68; „Kenne deinen Wert“). Positive Ergebnisse, wie etwa „95 Prozent unserer Kunden loben unsere Pünktlichkeit und Termintreue“, dürfen in der Werbung durchaus erwähnt werden. Bei richtig guten Beurteilungen sollten die Ergebnisse der Kundenbefragung auch auf der Website der Werkstatt veröffentlicht werden.
Spezialfall Neukunden
„Kunden, die zum ersten Mal in der Werkstatt waren, sollten auf jeden Fall zu ihrer Zufriedenheit befragt werden“, rät Experte Wissmeier. Denn die Befragungen liefern nicht nur wertvolle Informationen, sondern tragen auch dazu bei, die Kundenbindung zu stärken. Darüber hinaus sollten Erstkunden bei der Fahrzeugabgabe unbedingt gefragt werden, wie sie auf die Werkstatt aufmerksam wurden. „So lässt sich ermitteln, welche Werbemaßnahmen tatsächlich wirken“, betont der Berater. Zur Erfassung genügt eine Liste mit sämtlichen Werbemaßnahmen, wobei die einzelnen Medien getrennt erfasst werden sollten. Wer also im Anzeigenblatt, in der Lokalzeitung und einer Vereinszeitung inseriert, sollte die drei Varianten unterscheiden. Die Außenwerbung am Betriebsgelände, der Telefonbuch-Eintrag, der Internet-Auftritt und natürlich der Klassiker „Empfehlung“ müssen auf der Liste auftauchen. Wichtig ist auch hier die Konsequenz: Bei der Erfassung der Kunden- und Fahrzeugdaten sollte diese Frage zum Standard gehören.
„Mindestens einmal im Jahr, besser einmal im Quartal sollte sich ein Werkstattinhaber intensiv mit den Ergebnissen seiner Marktforschungsaktivitäten beschäftigen“, empfiehlt Kilian Wissmeier. „Schließlich bieten sie eine fundierte Grundlage für unternehmerische Entscheidungen – und zwar nicht nur, was Marketing und Werbung betrifft.“
Eva Elisabeth Ernst
Was macht der Wettbewerb?
Beobachten
Die Wettbewerbsbeobachtung zählt ebenfalls zur Marktforschung. Im Grunde geht es darum, die Kommunikationsmaßnahmen anderer Werkstätten im Einzugsgebiet zu beobachten. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf neue Serviceangebote und (Preis-)Aktionen gerichtet werden. Denn bei klar definierten Werkstattleistungen wie Inspektion und Reifenwechsel sind die Preise vergleichbar. Daher werden sie als Instrument zur Kundengewinnung eingesetzt. Neben der Analyse von Prospekten, Anzeigen und Hauswurfsendungen trägt heute auch das Googeln im Internet dazu bei, sich einen Überblick über die Aktivitäten im Markt zu verschaffen. Selbst wenn ein Werkstattinhaber Kampfpreise nicht imitieren oder gar unterbieten muss, sollte er wissen, was in seinem Gebiet passiert. Nicht zuletzt, weil ihn auch seine Kunden darauf ansprechen werden. Darüber hinaus kann die Wettbewerbsbeobachtung dabei helfen, sich anders zu positionieren als die Mitbewerber und so andere Kundengruppen anzusprechen.
Online-Service
Musterbefragung
Für registrierte asp-Leser haben wir einen Basisfragebogen zur Ermittlung der Kundenzufriedenheit nach einem Werkstattbesuch entwickelt. Der Musterfragebogen steht im Internet unter www.autoservicepraxis.de/kundenbefragung zum kostenlosen Download bereit.