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Nachfolgeregelung: Der Nächste bitte

30.05.2022 11:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
Nachfolgeregelung: Der Nächste bitte
© Foto: Robert Kneschke / stock.adobe.com

Eine Betriebsübergabe auf die nächste Generation oder einen Käufer zieht sich erfahrungsgemäß über mehrere Jahre. Manchmal muss es jedoch auch schnell gehen. Eine gründliche Vorbereitung macht die Dinge einfacher.

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Kurzfassung

Die Übergabe eines Unternehmens muss gut vorbereitet werden, sei es innerhalb der Familie oder an einen externen Nachfolger. Vernachlässigte Investitionsruinen sind für die nächste Generation eher eine Belastung.

Am besten kümmert sich ein Unternehmer schon an seinem ersten Arbeitstag um seine Nachfolge. Was skurril klingt, hat durchaus Sinn. Denn es gibt leider nicht nur die geplanten Betriebsübergaben, sondern auch ungeplante, sprich: Ein Schicksalsschlag - im schlimmsten Fall der Tod des bisherigen Unternehmers - erfordert die sofortige Übergabe. Und das kommt gar nicht so selten vor. Jede zehnte Betriebsübergabe erfolgt ungeplant, so die IHK München und Oberbayern. "Es ist immer sinnvoll, eine Betriebsübergabe möglichst frühzeitig anzugehen, um den Betrieb zukunftssicher aufzustellen", rät Johann Faltermeier. Er ist Senior Consultant im Competence Center Digital Commerce & Payment bei ibi research an der Universität Regensburg und Projektreferent im Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrum Handel. "Die Pandemie wirkt wie ein Brandbeschleuniger. Viele Unternehmer wollen lieber gestern als heute ihren Betrieb übergeben."

Fünf Phasen der Übergabe

Doch schnell oder abrupt geht bei einer Betriebsübergabe gar nichts. Das ist ein jahrelanger Prozess. Die IHK München und Oberbayern hat ein Modell entwickelt, das die grundlegenden Schritte einer Betriebsübergabe darstellt. Eine Übergabe kann demnach grob in fünf Phasen aufgeteilt werden. Phase 0 beinhaltet die Grundlagen, mit denen ein Betrieb auch für Schicksalsschläge bestmöglich gewappnet ist. Es handelt sich genau genommen um eine Notfallvorsorge. Ein Unternehmer sollte alle wichtigen Abläufe im Betrieb dokumentieren. Wer ist wofür verantwortlich, entscheidungsbefugt oder bevollmächtigt? Welche Verträge wurden geschlossen beziehungsweise müssen noch erfüllt werden? Diese Daten und Angaben sollten laufend aktualisiert werden, damit später keine Verwirrung aufkommt. Ebenfalls sehr wichtig: Die Zugangs- und Zutrittsregelungen müssen geklärt sein. In vielen Betrieben sind zum Beispiel Abrechnungen, die Buchhaltung oder Bestellungen zunehmend digitalisiert. Was früher der physische Schlüssel zum Aktenschrank war, ist heute ein Passwort. Im Notfall müssen Bank- und Finanzdaten für Dritte zugänglich sein. Was genau hierbei geregelt werden muss, ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich. Eine Orientierung gibt das sogenannte Notfallhandbuch. Nahezu jede IHK bietet ein solches kostenlos zum Download an. Neben betrieblichen Checklisten enthalten die Handbücher auch private Checklisten.

Die Vorbereitung

Phase 0 und 1 erfordern eine lang- und kurzfristige Vorbereitung der Übergabe. "Diese Phasen können gut und gern um die zehn Jahre bedeuten", sagt Faltermeier und erläutert diese große Zeitspanne: "Eine Betriebsübergabe soll für beide Parteien - Übergeber und Übernehmer - eine sinnvolle Möglichkeit sein. Final soll für alle eine Win-win-Situation vorliegen. Dazu gehört eventuell auch, dass der Übergeber betriebsoptimierende Maßnahmen umsetzt. Und bis diese greifen, können mehrere Jahre vergehen."

Nur wenn der alte Betriebsinhaber ordentliche Aufbauarbeit leistet, kann der Nachfolger sich voll und ganz dem Wachstum des Betriebs widmen. Mit anderen Worten: Um einen Nachfolger dafür zu finden, muss ein Betrieb bestmöglich vorbereitet werden. "Fehlende oder veraltete Geschäftsmodelle schrecken mögliche Nachfolger ab. Wenn ein Werkstattbetreiber wenig innovative Dynamik zeigt, wird er es viel schwerer haben, einen Nachfolger zu finden", warnt Faltermeier. Und nicht nur der Betrieb muss für die Übergabe bereit sein. Auch der Mensch spielt eine sehr große Rolle in dem ganzen Prozess. Der Übergebende muss psychisch und emotional bereit sein, loszulassen. Faltermeier spricht von einer möglichen "fehlenden intrapersonalen Bereitschaft". Damit ist zum Beispiel der Fall gemeint, dass der Seniorchef das Zepter nicht aus der Hand geben kann oder will. Das Problem tritt auch auf, wenn familienintern übergeben werden soll, die nächste Generation aber noch nicht bereit ist oder gar nicht übernehmen möchte. "Nur weil jemand in eine Unternehmerfamilie geboren wurde, heißt das ja nicht, dass er oder sie prädestiniert dafür ist, selbst ein Unternehmen zu führen", so Faltermeier.

Unabhängig davon, ob das Unternehmen intern oder extern übergeben wird: Das A und O ist eine rechtlich saubere Durchführung. Neben aktuellen Themen wie der Berechnung des Unternehmenswerts müssen auch die Zukunftspläne des aktuellen Inhabers geklärt werden. Das eigene Privatleben, die finanzielle Altersabsicherung und weitere Lebensplanung des Übergebenden müssen klar und deutlich formuliert werden. Das geht nicht ohne professionelle Hilfe. Die gibt es beim Anwalt oder Steuerberater. So hat sich etwa die Steuerberatungs-Gesellschaft Wotax auf die Fahne geschrieben, die finanziellen und rechtlichen Möglichkeiten bei einer Betriebsübergabe maximal auszuschöpfen.

Suchen und finden

Die vielleicht kritischste Phase ist die des Suchens und - bestenfalls - Findens eines geeigneten Nachfolgers. In dieser Phase haben beide Parteien ihre Aufgaben zu erledigen. Der Übergebende sollte zum Beispiel analysieren, ob der jeweilige Nachfolgekandidat geeignet ist und in die Branche passt. Wer übergeben möchte, ist außerdem für die Unternehmensbewertung und die Kaufpreisfindung zuständig. Der potenzielle Nachfolger muss den Betrieb bis ins kleinste Detail durchleuchten. Liegen die Jahresabschlüsse der vergangenen Jahre vor? Besteht die Gefahr von Umweltlasten und wenn ja, wer haftet dafür? Welche Ertragsaussichten hat der Betrieb? Das sind nur drei Fragen von einer langen Liste, welche die zur Übernahme gewillte Person durchgehen sollte. Derartige Checklisten gibt es zum Beispiel bei der jeweils zuständigen IHK. Essenziell ist dann auch die Finanzierung des Kaufpreises. Hier können sich durchaus hohe Hürden auftun.

Die Übergabe

Wenn sich die übergebende und die übernehmende Partei einig sind und mit allen Vereinbarungen, die in Phase 2 getroffen wurden, konform gehen, folgt die Übergabe selbst. Wer nun denkt, es sei ein Ende in Sicht, täuscht sich. "Auch die eigentliche Übergabe kann ein Jahr oder länger dauern", weiß Faltermeier. Nicht zu unterschätzen ist etwa die Einarbeitung des Übernehmers. Außerdem muss die Belegschaft über den bald konkret bevorstehenden Chefwechsel informiert werden. Und das kann weitere Hindernisse nach sich ziehen, denn im Schnitt "begleiten" rund drei Viertel der Mitarbeiter ihren bisherigen Chef. Sprich: Sie quittieren ihren Dienst. Die Mitarbeitersuche fordert den Neuunternehmer dann zusätzlich heraus.

Der Weg in die Zukunft

Neben den betriebswirtschaftlichen Aspekten dürfen keinesfalls die privaten Belange des Übergebenden vergessen werden. Auf der einen Seite muss dessen Zukunft finanziell abgesichert sein. Auf der anderen Seite kann ein jäher Abschied von seiner Werkstatt einen Unternehmer überfordern. Zu viel plötzliche Freizeit kann sogar Depressionen auslösen. Oft hört man, dass der Vorgänger noch regelmäßig in den Betrieb kommt und dort seinen Kaffee trinkt. Dann muss er aber akzeptieren, dass der jetzige Betreiber vielleicht einiges anders macht. Gerade bei einer familieninternen Übergabe steht der ehemalige Betreiber seinem Nachfolger oft noch mit Rat und Tat zur Seite. Je nach Alter und Motivation kann die Gründung eines neuen Unternehmens eine Option sein. Oder generell eine Tätigkeit als Berater für die ganze Branche, um die jahrelange Erfahrung und das umfangreiche Wissen als ehemaliger Werkstattbetreiber an noch aktive Betreiber weiterzugeben. Für den neuen Betreiber stehen sehr viele Aufgaben an. Er muss seine Kunden kennenlernen, eventuell einen eigenen Mitarbeiterstamm aufbauen und Branche und Wettbewerb beobachten. Das Unternehmen will weiterentwickelt und optimiert werden, vielleicht ist neues Equipment nötig, neue Produkte und Lieferanten und - die eigene Übergabe. Denn direkt nach Phase 4 folgt wieder Phase 0. Nicht zuletzt deswegen, weil jederzeit ein Unfall passieren könnte und das Unternehmen dann trotzdem weitergeführt werden muss. Bereits vom ersten Arbeitstag an muss eine ungeplante Betriebsübergabe im Hinterkopf sein. Nicht nur für die eigene Absicherung. Sondern auch wegen der Absicherung der eigenen Familie und Mitarbeiter.

Checkliste Unternehmensnachfolge

- Erwartungshaltung der Kinder klären: Die Entscheidung, ob sie den Weg in die Selbstständigkeit gehen wollen, können viele junge Erwachsene erst im Alter von 20 oder 21 Jahren treffen. Kinder nicht in die Nachfolge drängen.- Sicherstellen, dass eine zukunftsfähige Werkstatt übergeben werden kann: Wenn seit Jahren nicht genug investiert wurde, kann der Betrieb schnell ein Klotz am Bein sein.-. Problematisch sind langjährige Mitarbeiter, die auf den Senior fixiert sind, sowie ein Kundenstamm, der zusammen mit dem Inhaber gealtert ist.- Wie steht es um die Marktpräsenz? Sind Corporate Design und Auftritt in sozialen Medien noch zeitgemäß? Mitunter kann es für die junge Generation sinnvoller sein, ihr eigenes Unternehmen zu gründen und ohne Altlasten in die Selbstständigkeit zu starten.- Nachrechnen, ob der Generationswechsel auch betriebswirtschaftlich tragfähig ist, vor allem, wenn Sie für Ihre Altersvorsorge auf den Kaufpreis oder laufende Einnahmen aus der Werkstatt angewiesen sind. Zur Finanzierung des Kaufpreises kommen auch Existenzgründungs-Darlehen infrage. Lassen Sie sich dazu beraten und beantragen Sie die Fördermittel vor der offiziellen Übergabe.- Alle Abmachungen mit Ihren Kindern sollten in juristisch wasserdichten Verträgen fixiert werden. Wichtig sind insbesondere Testament oder Erbvertrag sowie ggf. der Kaufvertrag, den Sie mit Ihrem Nachfolger abschließen.- Beratung von einem externen Experten ist sinnvoll. Achten Sie darauf, dass der Berater Methodenkompetenz mitbringt und als neutraler Mediator fungieren kann. Schauen Sie nach öffentlichen Förderprogrammen auf Landesund Bundesebene. Damit können sich auch kleine Unternehmen Unterstützung durch einen Berater leisten.Quelle: Ebbing Unternehmensberatung, Neuhof

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