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Manager im Blaumann?

18.01.2008 12:02 Uhr
Manager im Blaumann?

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Meisterausbildung/Serie Teil 1

Dass in vielen Kfz-Werkstätten kaufmännisches Know-how fehlt, liegt nur zum Teil an den Inhalten der Meisterausbildung. Denn zumindest auf dem Papier beinhaltet Teil III der Meisterausbildung genügend Stoff für ein BWL-Studium.

Zur Ausbildung künftiger Handwerksmeister gehören 300 Unterrichtsstunden rund um Betriebswirtschaft (BWL), Steuern und Recht – so sieht es der Rahmenlehrplan der "Verordnung über gemeinsame Anforderungen in der Meisterprüfung im Handwerk" (AMVO) vor, die im Jahr 2000 neu aufgelegt wurde. Die Grundlagen wirtschaftlichen Handelns im Betrieb, Rechnungswesen und Controlling sowie rechtliche und steuerliche Grundlagen bilden den Stoff für den Teil III der Meisterprüfung (siehe Kasten). Die Vorgaben des Rahmenlehrplans sind ehrgeizig: Im Grunde entsprechen seine Inhalte nahezu dem Stoff eines kompletten BWL-Studiums. Das dauert allerdings mindestens acht Semester, also vier Jahre. Dass die betriebswirtschaftlichen, kaufmännischen und rechtlichen Kenntnisse in den dafür vorgesehenen dreihundert Stunden nicht in epischer Breite und detailliert vermittelt werden können, liegt auf der Hand. "Zur Führung eines Kfz-Betriebs reicht das betriebswirtschaftliche Wissen, das in den Kursen zur Vorbereitung auf den Teil III der Meisterprüfung gelehrt wird, ganz und gar nicht aus", kritisiert Ingo Meyer, vor kurzem in den Ruhestand verabschiedeter Geschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK).

Große Qualitätsunterschiede

"Selbst für den Inhaber einer kleineren Werkstatt mit vier Mitarbeitern ist das Gelernte zu wenig, um sich gegen wirtschaftliche Fehler zu wappnen." Allerdings hänge die Qualität der Ausbildung ganz entscheidend von der gewählten Meistervorbereitungsstätte ab. "Hier gibt es eklatante Unterschiede", warnt Meyer. "Die Konkurrenz unter den Instituten ist groß. Viele werben mit kurzer Ausbildungszeit und niedrigen Kosten, was natürlich zu Lasten der Ausbildungsqualität geht." Lediglich zehn bis 15 Prozent der Meisterausbildungsstätten stellt Meyer ein gutes Zeugnis aus. In aller Regel reicht das Gelernte zwar, um die Prüfung zu bestehen, aber in der Praxis ergeben sich oft Wissensdefizite, die sich gerade bei Selbständigen bitter rächen können.

Nachdenklich stimmt Ingo Meyer auch, dass seit Einführung der neuen Verordnung die Durchfallquoten bei der Kfz-Meisterprüfung dramatisch gesunken sind.

Jeder kommt durch

In der Gesellenprüfung zum Kfz-Mechatroniker fallen zwischen sieben und zehn Prozent der Teilnehmer durch. Beim Kfz-Servicetechniker beläuft sich die Durchfallquote auf 20 Prozent, während sie bei der Meisterprüfung gegen null tendiert. "Die Meisterprüfung ist stark reformbedürftig", urteilt Meyer. "Vor allem bei der Zusammensetzung des Meisterprüfungsausschusses gibt es Defizite: Hierfür hervorragende Praktiker zu gewinnen, die auf höchstem fachlichen Niveau arbeiten, ist schwierig. Denn diese Könner sind im Betrieb unentbehrlich – und die Entschädigungssätze für die Prüfer-Tätigkeit sind zu niedrig." Meyers dringende Empfehlung an junge Kfz-Meister, die vor dem Sprung in die Selbständigkeit stehen oder eine Führungsposition in einem Autohaus anstreben: Nach der Meisterprüfung sollten sie noch eine Zusatzausbildung zum Betriebswirt des Handwerks oder besser noch an der Bundesfachschule für Betriebswirtschaft im Kraftfahrzeuggewerbe (BFC – siehe Info-Kasten S.42) absolvieren.

Bernd Brunssen, technischer Berater der Innung des Kfz-Technikhandwerks Bremerhaven und Dozent an der Akademie des Handwerks an der Unterweser (AdH), hält die Inhalte des Rahmenlehrplans in Sachen Unternehmensführung dagegen für ausreichend. Dass bei vielen Meistern auf diesem Gebiet große Lücken klaffen, liegt nach seiner Einschätzung an der Einstellung vieler Meisterschüler: "Die meisten Teilnehmer an der Meisterausbildung erkennen die Bedeutung des Know-hows rund um die kaufmännische Betriebsführung nicht", hat Brunssen beobachtet. "Sie interessieren sich zuerst für Fahrzeugtechnik und nicht für Buchhaltung." Dazu komme, dass sich höchs-tens zehn Prozent der an der AdH ausgebildeten Kfz-Meister direkt nach der Prüfung mit einer eigenen Werkstatt selbständig machen. "Der Großteil schraubt als angestellter Meister weiter und braucht das BWL-Wissen zunächst kaum." Wenn sich ein Meister dann aber einige Jahre später doch selbständig macht, hat er das oft ohnehin nur widerwillig erlernte kaufmännische Wissen kaum mehr parat.

Praxisbezug ist wichtig

Vielleicht liegt es ja auch an der Art und Weise, wie das Wissen für den Teil III der Meisterprüfung vermittelt wird. Zugegeben, der Stoff ist umfangreich, lernintensiv und zum Teil wirklich trocken. Doch selbst Themen wie Unternehmensplanung, Buchführung, Finanzierung, Organisation, Marketing und Mitarbeiterführung können durchaus interessant dargestellt und vermittelt werden. Wesentliche Voraussetzung dafür sind pädagogisch geschulte Dozenten, die allerdings nicht nur bei der Meisterausbildung rar sind. Mindestens genauso wichtig ist aber auch ein möglichst starker Bezug zum betrieblichen Alltag der Meisterschüler. "In der Regel sitzen in den Schulungen für den Teil III jedoch Kfz-Mechatroniker neben Bäckern, Friseuren und Fleischern", moniert Ingo Meyer. "Da ist es schwierig, mit Fallbeispielen zu arbeiten und Schwerpunkte zu setzen, die für alle Gewerke gleichermaßen interessant und relevant sind." Denn ein angehender Fleischermeister hat beispielsweise bei den Themen Ablauforganisation, Kundenbindung oder bei der Preis- und Konditionenpolitik ganz andere Fragen als sein Mitschüler aus dem Kfz-Bereich. "Letztlich kann so nur theoretisches kaufmännisches Grundwissen eingepaukt werden, aber nicht das Rüstzeug, das ein selbständiger Kfz-Meister in der Praxis braucht", betont Meyer.

Gerade das Anknüpfen an die bisherigen Berufserfahrungen der Meisterschüler beflügelt aber die Vermittlung kaufmännischen Wissens, stellt AdH-Dozent Bernd Brunssen immer wieder fest. Denn auch bei der Vorbereitung auf den Teil II der Meisterprüfung, bei dem es auf die erforderlichen fachtheoretischen Kenntnisse ankommt, steht Betriebswirtschaftliches im Vordergrund – diesmal allerdings mit eindeutigem Bezug zum Kfz-Gewerbe. Bei der AdH wird zum Beispiel beim Thema Auftragsabwicklung ein Schwerpunkt auf Unfallschadenabwicklung gelegt. "Ein Kfz-Meister muss wissen, wie er hier agieren muss, welche Rechte er hat, wie ein Kostenvoranschlag auszusehen hat, wie das Gutachterwesen funktioniert und wie er sich absichern kann, damit die Kosten für eine Unfallreparatur tatsächlich übernommen werden", erklärt Brunssen. Im Fach Betriebsführung legt er großen Wert darauf, den Teilnehmern die Zusammenhänge zwischen Theorie und Praxis sowie ein Gefühl für Kennzahlen und Know-how rund um die Kalkulation zu vermitteln.

Praxisferne Theorie?

"Wir arbeiten mit Zahlen aus realen Betriebsvergleichen. Anschließend be-rechnen die Teilnehmer selbst Kennzahlen für einen Planbetrieb", führt Brunssen aus. "Wenn sie feststellen, dass zum Beispiel ein Stundenverrechnungssatz von 50 Euro nicht ausreicht, um die Kosten zu decken oder gar einen Gewinn zu erzielen, kommen viele ins Grübeln." Wenn es beim Thema Personalmanagement um Stellen- und Arbeitsbeschreibungen geht, um Strukturen, Anforderungsprofile und Einstellungsgespräche, gelingt der Transfer zu den bisherigen beruflichen Erfah- rungen natürlich besonders gut. "Sobald ein Bezug zur Arbeit im Betrieb hergestellt werden kann, steigt auch das Interesse für Betriebswirtschaft", so Brunssen.

Dies bestätigt Carl-Heinz Zobel, Fachbereichsleiter Kfz und Trainer beim btz Heide. "Leider enthält der Rahmenlehrplan für den Teil III zu viel Theorie, die in kurzer Zeit eingepaukt werden muss. Da ließe sich einiges abspecken und durch Praxisrelevantes ersetzen." So sei zum Beispiel das Thema Kundenbindung wichtiger als Erbrecht. "In der Praxis braucht ohnehin jeder selbständige Handwerksmeister einen Steuerberater. Daher ist es nicht sinnvoll, in diesem Bereich mehr als das für einen Unternehmer wirklich notwendige Wissen in Sachen Buchführung und Steuern zu vermitteln." Solides kaufmännisches Wissen und ein Verständnis für die Zusammenhänge bezeichnet Zobel als existenziell wichtig. "Es ist in den allermeisten Fällen handwerklich gar nicht zu erwirtschaften, was kalkulatorisch kaputt gemacht wird." Dennoch hält sich die Begeisterung vieler Meisterschüler für Teil III des Rahmenlehrplans in Grenzen, was für Zobel auch nicht ungewöhnlich ist. "Die jungen Leute sehen das Auto als ihr Hauptbetätigungsfeld. Wenn Sie sich für das Kaufmännische interessierten, hätten sie gleich Bank- oder Versicherungskaufmann gelernt."

Auch die geringe Quote der Absolventen, die sich anschließend selbständig machen wollen, trägt dazu bei, dass die Bedeutung der Inhalte des Teils III von vielen Meisterschülern nicht gesehen wird. Zwischen 150 und 180 Kfz-Meister bildet das btz Heide jährlich aus. Davon wollen sich maximal 50 im Anschluss an ihre Ausbildung selbständig machen – ein Großteil davon sind Söhne und Töchter, die in das Familienunternehmen einsteigen. "Und die gehen in aller Regel noch ein Jahr auf die BFC in Northeim oder Calw", so Zobel.

Wie jung darf ein Meister sein?

Klaus Epple, Schulleiter des Berufsbildungszentrums der Kfz-Innung Oberbayern, stellt ebenfalls fest, dass in der Praxis viel einst gelerntes betriebswirtschaftliches Wissen verloren geht, weil es nach der Meisterschule nicht zur Anwendung kommt. "Bei einem Großteil der jungen Meister resultiert dieses Problem aus ihren Arbeitsaufgaben nach der Meisterschule", berichtet Epple. "Viele arbeiten danach als angestellter Meister in einer Werkstatt und haben wenig Gelegenheit, das kaufmännische Wissen, das sie auf der Meisterschule erworben haben, in der Praxis anzuwenden." Die Inhalte der Ausbildung zum Teil III der Meisterprüfung bezeichnet auch Epple als sinnvoll, um die entsprechenden kaufmännischen Grundlagen zu legen. "Für die meisten ist der gesamte Themenkreis BWL eher undurchsichtig." Fachspezifisch vertieft werde dieses Basiswissen dann durch die Schulungen zum Teil II.

Den anhaltenden Trend, dass sich immer mehr junge Leute nach Bestehen der Gesellenprüfung für die Meisterschule anmelden, sieht Epple eher kritisch. Der Transfer zwischen betriebswirtschaftlicher Theorie und Praxis falle in diesen Fällen aufgrund der mangelnden Berufserfahrung noch schwerer. "Vielen fehlt zudem nicht nur die technische Erfahrung, sondern auch die persönliche Reife, die erforderlich ist, um nicht nur den Meisterbrief zu erhalten, sondern um solides Wissen für das künftige Berufsleben in die Hand zu bekommen", bedauert Epple. "Und genau darum sollte es bei der Meisterausbildung doch eigentlich gehen." Eva Elisabeth Ernst

Profi-Tipps: Die richtige Ausbildungsstätte

Gut gewählt, Meister!

Eine Meisterausbildung kostet viel Geld und Energie. Bei der Auswahl der Vorbereitungsstätte sollten daher nicht allein die Kosten und die Nähe zum Wohnort den Ausschlag geben. Tipps der Experten, was ebenfalls wichtig ist:

Petra Kriesel, Lehrgangsleiterin Meisterbereich an der Akademie des Handwerks an der Unterweser (AdH) in Bremerhaven:

"Lesen Sie sich das Informationsmaterial der Meisterschulen genau durch, lassen Sie sich aber auch persönlich beraten und fragen Sie nach den Qualifikationen der Dozenten sowie nach den Klassenstärken. Je kleiner die Gruppen, desto intensiver kann der individuelle Lernprozess begleitet und gefördert werden. Die Art und Weise, wie das Informationsmaterial aufgebaut ist und wie die Beratung abläuft, verrät bereits viel über die Kundenorientierung einer Fortbildungsstätte. Sie sollten auch über Fördermöglichkeiten wie das Meister-Bafög und die vertraglich geregelten Zahlungsbedingungen informiert werden. Und selbstverständlich sollte auch die Ausstattung der Meisterschule auf dem neuesten Stand sein. Positiv ist auch zu bewerten, wenn ein Anbieter zum Beispiel durch ein Zertifikat deutlich macht, das er sich um die Qualität und die ständige Verbesserung des Angebots bemüht."

Klaus Epple, Schulleiter Berufsbildungszentrum der Kfz-Innung Oberbayern:

"Achten Sie nicht nur auf den Ruf einer Ausbildungsstätte, sondern auch auf den Ruf der Prüfungskommission, bei der Sie Ihre Meisterprüfung absolvieren. Die Prüfung in München war zum Beispiel noch nie leicht, dafür haben Sie mit einem Meisterbrief, der in München ausgestellt wurde, im oberbayerischen Raum bessere Chancen auf einen guten Arbeitsplatz. Die Geschäftsführer von Autohäusern schauen nämlich durchaus, wo die Prüfung abgelegt wurde. Außerdem sollten Sie sich genau über die Inhalte der Ausbildung für den Teil I und den Teil II informieren. Sinnvoll und kostensparend ist es zum Beispiel, wenn Sie in Ihrer Meisterausbildungsstätte auch gleich die Sachkundenachweise für Klima und Airbag sowie die AU-Schulungen absolvieren können. Falls Sie die Prüfung zum Servicetechniker bereits erfolgreich bestanden haben, sollten Sie Wert darauf legen, dass die Meisterschule dies berücksichtigt und Sie von dem Unterrichtsblock befreit, in dem dieses Wissen vermittelt wird."

Carl-Heinz Zobel, Fachbereitsleiter Kfz und Trainer im Bildungs- und Technologiezentrum Heide:

"Fragen Sie in Ihrem beruflichen Umfeld, welche Meisterschulen empfehlenswert sind. Mundpropaganda ist gerade in diesem Fall das Maß aller Dinge. Nehmen Sie sich die Zeit, die Einrichtungen, die in die engere Wahl kommen, persönlich aufzusuchen. Verschaffen Sie sich vor Ort einen Eindruck – von den Räumlichkeiten, den Trainern und Dozenten sowie von dem Klima, das dort herrscht. Wichtig ist auch der Service, den eine Meistervorbereitungsstätte bietet: Fragen Sie nach, wie die Anmeldung zur Prüfung organisiert ist, ob es Möglichkeiten zur Unterbringung gibt und wie diese aussehen. Erkundigen Sie sich auch, ob die Schule Kontakte zu potenziellen Arbeitgebern vermittelt oder ob offene Stellen am Schwarzen Brett ausgehängt werden."

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