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Kehrtwende

18.05.2012 12:02 Uhr

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BGH-Entscheidungen zu Garantien

Garantien, insbesondere die Eintrittspflicht des Garantiegebers im Schadenfall, waren wiederholt Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen. Dabei hat der Bundesgerichtshof auch eigene Entscheidungen revidiert und konkretisiert.

Der 8. Senat des Bundesgerichtshofs hatte am 12. Dezember 2007 eine Entscheidung zum Thema Langfrist-Garantien gefällt. Im Urteil von damals ging es um die Frage, ob die Verpflichtung zur Durchführung regelmäßiger Inspektionen in einer Vertragswerkstatt des Herstellers zur Bedingung der Aufrechterhaltung einer langen Durchrostungsgarantie gemacht werden kann. Der BGH bestätigte in seiner Entscheidung ausdrücklich die Pflicht zum Service in einer Vertragswerkstatt als Bedingung für die Eintrittspflicht der Herstellergarantie und sah darin keine unangemessene Benachteiligung des Kunden. Das damalige Urteil zur „mobilo-life“ Garantie überraschte und war nicht auf einer Linie mit den bis dahin bekannten Entscheidungen.

Inspektion verspätet – Garantie weg?

In der Zwischenzeit haben Fahrzeughersteller ihr Garantieangebot drastisch ausgeweitet. Ein Fahrzeughersteller verspricht gar „7-Jahre-Herstellergarantie“ auf seine Neufahrzeuge. Vorführwagen sind ohne Anschlussgarantie und Gebrauchtwagen ohne Gebrauchtwagengarantie fast nicht mehr abzusetzen. Vor diesem Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom Sommer letzten Jahres zu sehen. In einem Revisionsverfahren überprüfte der 8. Senat (BGH, Urteil vom 6. Juli 2011; VIII ZR 293/10) zwei Vorinstanzen (Amtsgericht Rüsselsheim und das Landgericht Darmstadt). Die vorher mit der Klage befassten Richter stützten sich in ihrer Begründung ausdrücklich auf das erwähnte „mobilo-life“-Urteil des BGH vom Dezember 2007 und lehnten die Klage gegen den Garantiegeber ab.

Folgender Sachverhalt lag den Entscheidungen zugrunde: Der Kläger kaufte im Februar 2005 von der Beklagten, der deutschen Tochtergesellschaft des schwedischen Fahrzeugherstellers Saab, einen im Juni 2004 erstmals zugelassenen Vorführwagen Saab 9.5. Das Fahrzeug verfügte über die „Saab-Protection“-Garantie, eine einjährige Anschlussgarantie für die Zeit nach dem Ablauf der zweijährigen Herstellergarantie. In den formularmäßigen Garantiebedingungen stand vermerkt, dass die Garantieansprüche nur bei einem Saab-Vertragshändler unter der Bedingung geltend gemacht werden können, dass u.a. das Fahrzeug gemäß den im Serviceheft beschriebenen Vorschriften bei einem Saab-Vertragshändler unter ausschließlicher Verwendung von Saab Originalersatzteilen gewartet worden ist.

Bei Kilometerstand 69.580 stellte sich im Dezember 2006 ein Defekt an der Dieseleinspritzpumpe ein, den der Fahrzeugeigentümer in einem Saab-Zentrum beseitigen ließ. Gleichzeitig führte die Saab-Werkstatt die nach den Herstellerangaben erforderliche, bis dahin jedoch unterbliebene 60.000-Kilometer-Inspektion durch. Die vom Fahrzeugeigentümer geforderte Regulierung des Schadens über die Saab-Protection-Anschlussgarantie lehnte Saab Deutschland mit dem Hinweis auf die Überschreitung der vorgeschriebenen Serviceintervalle ab. Wegen der Reparaturkosten von 3.138,23 Euro zuzüglich Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten erhob der Fahrzeugeigentümer daraufhin Klage und begehrte die Feststellung der Eintrittspflicht des Herstellers für den Garantiefall.

Vor dem Amtsgericht und dem Landgericht wurde die Klage jeweils abgewiesen. Erst der BGH hob 2011 die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies den Fall an die entsprechenden Gerichte zurück.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Klausel in den Garantiebedingungen, die den Verlust der Garantieansprüche als Folge einer unterlassenen Durchführung der vorgeschriebenen Wartungsarbeiten vorsieht, den Käufer unangemessen benachteiligt und deshalb unwirksam ist. Daher könne sich der Hersteller darauf nicht berufen und müsse für den Schaden aufkommen.

Das klang im Jahr 2007 noch anders. Damals erkannte derselbe Senat die Garantie erhaltende Klausel hinsichtlich der Einhaltung der Inspektionsintervalle als wirksam an. Mit der Entscheidung im Fall Saab hat der BGH zwar eine Kehrtwende gegenüber früheren Entscheidungen vollzogen, in Sachen Garantiebedingungen aber für mehr Klarheit gesorgt.

Kernbereich der Garantiezusage

Dreh- und Angelpunkt für die Überprüfung der „Saab-Urteile“ durch den BGH waren die Garantiebedingungen. Aufgrund ihres formularhaften Charakters werden diese auf eine mögliche Unwirksamkeit überprüft. Ausgeschlossen von dieser Überprüfung ist nur das kontrollfreie Minimum, ohne das dem Vertrag ein so wesentlicher Bestandteil fehlen würde, dass er selbst nicht wirksam zustande gekommen wäre. Der Senat hat sich nun der bisher schon anderweitig geäußerten Meinung angeschlossen und will alles der Inhaltskontrolle unterworfen sehen, was nicht zum Kernbereich der Garantiezusage zählt. Und dieser Kernbereich wird eng gezogen. Allein die Garantiezeit und die Art der Garantieleistung sollen kontrollfrei gestellt sein.

Nach dieser Auslegung ist der Passus über die Durchführung von Wartungsarbeiten in einer Vertragswerkstatt lediglich eine ergänzende Regelung. Nach Ansicht des BGH benachteiligt diese Klausel den Käufer unangemessen und ist daher unwirksam. Hier habe der Hersteller als Garantiegeber in einer unangemessenen Weise versucht, eigene Interessen durchzusetzen, ohne im Vorfeld die Interessen des Kunden hinreichend zu berücksichtigen.

Das Gericht sieht zwar das Interesse des Herstellers, zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit der von der Garantie erfassten Fahrzeuge auf die Einhaltung der vorgegebenen Wartungsintervalle zu dringen, um so das Risiko von Garantiefällen zu vermindern. Auch wird das Bestreben gesehen, die Neuwagenkunden über die gesetzliche Gewährleistungszeit hinaus an das eigene Werkstattnetz zu binden. Dies um nicht nur dessen Auslastung, sondern auch eine sachgerechte, nach ihren Vorgaben durchzuführende Wartung und darüber hinaus gleichzeitig den Ruf der Fahrzeugmarke zu stützen.

Garantie ist nicht gleich Garantie

Allerdings darf das nicht so weit führen, dass der Hersteller durch die Anwendung dieser Garantiebedingungen von seiner Eintrittspflicht frei wird, unabhängig davon, ob der Verstoß des Garantienehmers gegen die Bedingungen überhaupt zu dem eingetretenen Schaden geführt hat.

Da es sich bei der gegenständlichen Anschlussgarantie nicht um eine zusätzliche Leistung des Herstellers oder Verkäufers handelte, sondern um eine gesondert zu erwerbende und zu vergütende Garantie, sind hier nach Ansicht des BGH die Interessen des Kunden besonders zu werten. Das Interesse des Herstellers, den Kunden an das eigene Werkstattnetz zu binden, hat demnach keinen Vorrang vor dem Interesse des Kunden am Schutz vor Aushöhlung der Garantiezusage.

Trotz der „Saab-Entscheidung“ des BGH bleiben frühere Urteile, so auch die eingangs erwähnte „mobilo-life“-Entscheidung aus dem Jahr 2007 für die Praxis von Bedeutung. Denn der Hersteller darf sich bei Nichteinhalten der dem Kunden obliegenden Wartungspflicht in den vorgeschriebenen Intervallen vollständig von der Garantiepflicht befreien, wenn er eine Garantie über das gesetzliche Maß übernimmt und der Kunde quasi als Gegenleistung für die Erneuerung der Garantie über einen längeren Zeitraum hinaus zur regelmäßigen Vornahme von Inspektionen im herstellereigenen Werkstattnetz angehalten ist.

Anders in formularhaften Garantiebedingungen, auch in solchen für Gebrauchtwagengarantien. Schließt hier eine Klausel die Eintrittspflicht des Garantiegebers für den Fall aus, dass der Käufer die vorgeschriebenen Wartungsintervalle nicht oder nicht rechtzeitig einhält, so ist diese Klausel dann unwirksam, wenn sie unabhängig von der Frage, ob der Schaden tatsächlich als Folge der Nichteinhaltung eintrat, geltend gemacht wird. Allerdings darf ein Garantiegeber in diesem Fall vorschreiben, dass der Käufer die Beweislast dafür trägt, dass zwischen ausgebliebener/verspäteter Wartung und Schadeneintritt kein ursächlicher Zusammenhang besteht.

Auch die in manchen Formularverträgen zu Gebrauchtwagengarantien enthaltene Klausel, dass ein Käufer im Schadenfall erst die Reparatur durchführen lassen muss und dann nach Vorlage der entsprechenden Rechnung die Garantieleistung erhält, ist unwirksam. Nach einer Entscheidung aus dem Jahr 2009 ( BGH, Urteil vom 14.10.2009; VIII ZR 354/08) ist es für den Garantienehmer unzumutbar, erst die Reparaturkosten zu verauslagen und dann möglicherweise aufgrund der Garantiebedingungen nicht den vollen Betrag ersetzt zu bekommen. Es genügt, wenn der Geschädigte einen Kostenvoranschlag einreicht und dann nach Erhalt der vereinbarten Garantieleistung entscheidet, ob er die Arbeiten auch durchführen lassen möchte. Claus-Peter Kiehl

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