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Harte und 'weiche' Fakten

18.02.2008 12:02 Uhr
Harte und 'weiche' Fakten

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Unternehmenskrisen meistern - Teil 2

Raus aus dem Sumpf

Es gibt untrügliche Warnsignale, dass ein Werkstattunternehmen in die Krise schlittert. Für eine konsequente und langfristig erfolgreiche Neuausrichtung ist es grundsätzlich sinnvoll, sich externe Hilfe zu holen.

Anhaltend sinkende Umsätze und Gewinne sind ein deutliches Alarmzeichen, dass eine Kfz-Werkstatt sich in der Krise befindet", sagt Robert Häusler, Experte für den Bereich Automobil bei der Münchner Unternehmensberatung Schwärzer & Partner in München. "Aber die Umsatz- und Gewinnentwicklung allein sagt relativ wenig darüber aus, wo die Schwachstellen liegen." Ob die Werkstatt weniger Gewinn und Umsatz macht, weil Kosten und Kalkulation nicht stimmen, weil der Kundenstamm schrumpft, die Konkurrenz stark oder die Produktivität zu niedrig ist, muss genauer untersucht werden. Zur Analyse der Krisenursachen ist es sinnvoll, Umsätze und Kosten auf die Geschäftsfelder Ersatzteile und Werkstattarbeit aufzuteilen. Falls die Werkstatt noch im Gebraucht- oder Neuwagengeschäft aktiv ist, sollten die Zahlen auch für diese Geschäftsfelder separat erfasst und verbucht werden. Alle Kosten, die nicht direkt einem der Geschäftsfelder zugeschlagen werden können, kommen in die Rubrik Gemeinkosten. Dazu zählen zum Beispiel die Lohnkosten für Mitarbeiter im Büro, die Kosten für Steuerberater, Telefon, Wasser, Strom und Heizung, für den Steuerberater und die Personalkosten für die Mitarbeiter im Büro.

Harte und "weiche" Fakten

Mit dieser Aufteilung lässt sich recht schnell ermitteln, welcher Geschäftsbereich für die sinkenden Umsätze und Gewinne verantwortlich ist. Denn nun können die Deckungsbeiträge jedes einzelnen Geschäftsfelds untersucht werden: Wie viel Geld bleibt nach Abzug der direkten Kosten jedes Geschäftsbereichs noch übrig, um einen Beitrag zur Deckung der Gemeinkosten zu bezahlen? Und wie viel bleibt dann in diesem Geschäftsfeld noch als Gewinn? Mit diesen Rechnereien lässt sich recht zügig herausfinden, in welchem Geschäftsfeld dringend etwas verändert werden muss. Die Zahlen dafür kann der Steuerberater aufbereiten.

Ergänzend empfiehlt Unternehmensberater Häusler, die folgenden "weichen" betriebswirtschaftlichen Kennzahlen zu ermitteln und im Auge zu behalten:

0 Auslastung der Mechaniker: 17.550 Arbeitswerte (12 AW/Stunde) pro Mechaniker pro Jahr entspräche einer nur theoretisch möglichen Auslastung von 100 Prozent. 80 Prozent sind bereits ein Spitzenwert. Bei vierzig Prozent erwirtschaftet ein Mechaniker dagegen nicht einmal mehr seine Lohnkosten.

0 Werkstattdurchläufe: In einer Werkstatt mit zwei bis drei Mechanikern und einem Meister sollten 10 bis 15 Fahrzeugdurchgänge pro Arbeitstag erreicht werden und pro Durchgang 20 bis 23 Arbeitswerte. Liegt der Werkstattdurchlauf darunter, arbeitet die Werkstatt unterdurchschnittlich produktiv: Sie ist zu gut besetzt und/oder die Mechaniker arbeiten zu langsam.

0 Verhältnis von Material- und Lohnkosten: Ein Verhältnis von 60 Prozent Materialkosten zu 40 Prozent Lohnkosten ist optimal.

0 Zahl der aktiven Kunden: Ein aktiver Kunde fährt alle 18 Monate in die Werkstatt. Jeder, der länger nicht mehr zum Service in der Werkstatt war, sollte nicht mehr als aktiver Kunde gezählt werden. Geht die Zahl der aktiven Kunden kontinuierlich zurück, wird es Zeit für Marketingmaßnahmen: Aktionen zur Rückgewinnung ehemaliger sowie zur Gewinnung neuer Kunden.

Saisongeschäft

Bei der Überprüfung der Zahlen sollte jedoch nicht nur der aktuelle Monat mit dem Vormonat verglichen werden. "Natürlich müssen auch saisonale Schwankungen berücksichtigt werden", sagt Häusler. Denn wer in den Monaten Januar und Februar, in denen die durchschnittliche Werkstattauslastung auf dem Tiefpunkt ist, einen Umsatzrückgang verzeichnet, hat noch lange kein Problem – solange die Werkstatt in den typischerweise starken Monaten April, Oktober und November mit entsprechend hohem Umsatz aufwarten kann. "Es lohnt sich, die Umsatz- und Produktivitätszahlen monatsweise aufzubereiten und zu beobachten. Sinken Umsatz und Produktivität nachhaltig, ist es höchste Zeit zu handeln", betont der Berater. Denn wenn etwa der Januar 2008 schlechter aussieht als der Januar 2007 und der Januar 2006 und sich auch für die anderen Monate ein ähnliches Bild zeigt, trügt die Hoffnung auf saisonale Schwankungen: Die Werkstatt hat tatsächlich ein Problem, das allein durch kleine Optimierungen nicht mehr zu lösen sein dürfte. Jetzt muss die Ausrichtung des Unternehmens geändert werden.

"Auch wenn zur Bewältigung einer strategischen Krise in der Regel noch genug zeitlicher und finanzieller Spielraum vorhanden ist, sollte kein Unternehmer zwei oder gar drei Jahre ausharren und abwarten, ob sich nicht doch von selbst etwas ändert", warnt Häusler. Denn für einen Kurswechsel in der Ausrichtung der Werkstatt braucht auch ein kleineres Unternehmen Zeit. "Wenn sich die Zahlen über mehrere Monate hinweg negativ entwickeln, muss der Werkstattinhaber handeln." Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich die strategische Krise ungebremst zu einer Ertrags- oder gar einer Liquiditätskrise entwickelt und eine gefährliche Abwärtsspirale in Gang gesetzt wird.

"Bei den Kfz-Betrieben sind die Alleskönner am stärksten gefährdet", berichtet Häusler. Der Zwang zu anhaltend hohen Investitionen in herstellerspezifische Werkstatt-Ausstattung und Mitarbeiterschulung, der Druck durch große markengebundene Betriebe einerseits und preisaggressive Kollegen auf der anderen Seite in Kombination mit einem deutschlandweit schrumpfenden Wartungs- und Serviceaufkommen ergeben eine brisante Mischung. Für Kleinbetriebe bilden laut Unternehmensberater Häusler Schrumpfen, Kooperieren sowie Spezialisieren die wichtigsten strategischen Optionen.

Gesundschrumpfen?

Die auf den ersten Blick unangenehmste Alternative dürfte das Schrumpfen darstellen: Wer entlässt schon gerne langjährige Mitarbeiter? Dennoch kann es sein, dass durch eine Verkleinerung des Betriebs am Ende des Jahres mehr Geld übrig bleibt. Wenn der Werkstattinhaber ohnehin mehr technisch als verkäuferisch und betriebswirtschaftlich orientiert ist, kann das Verkleinern der Werkstatt eine langfristig tragfähige Möglichkeit zur Sicherung der Existenz sein – vielleicht sogar in Kombination mit einer Spezialisierung und Kooperationen. Ob eine Spezialisierung auf klar definierte Leistungen, wie etwa Unfallinstandsetzung, Lackiererei, Spenglerei, die Umrüstung von Fahrzeugen auf Gasantrieb sinnvoll ist oder ob sich eine Werkstatt besser auf bestimmte Fahrzeugtypen wie Geländefahrzeuge oder Oldtimer konzentrieren soll, lässt sich natürlich nicht pauschal beurteilen. Hier müssen die betrieblichen Voraussetzungen und das regionale Umfeld gründlich untersucht werden.

Keine Alleskönner

Gerade für einen kleineren Kfz-Betrieb dürfte es in den meisten Fällen jedoch die bessere Strategie sein, sich auf seine Stärken zu konzentrieren und sich nicht organisatorisch, technisch und finanziell damit zu überfordern, alles bieten zu wollen. Allerdings müssen sowohl das Einzugsgebiet als auch das Know-how der Werkstatt groß genug sein, um dem Unternehmen ein profitables Überleben als Spezialist zu ermöglichen. Eine Potenzialanalyse ist auch in diesem Fall ein Muss. Nicht nur bei dieser strategischen Option wird übrigens die Bedeutung von Werbung und Kundenbindung häufig unterschätzt: "Neben der Technik und der optimalen Betriebsgröße dürfen Werkstattunternehmen in der strategischen Krise den Markt und ihre Kunden nicht aus den Augen verlieren", sagt Häusler. "Gerade jetzt kommt es darauf an, bestehende Kunden zu halten und neue Kundenpotenziale zu gewinnen." Gefragt sind umfassende, innovative und langfristig zielgerichtet angelegte Marketing- und Werbekonzepte, mit denen die Veränderungen im Unternehmen begleitet und unterstützt werden.

Eine Kooperation, etwa mit einer Markenwerkstatt oder Freien Kollegen, bringt im Idealfall neue Aufträge, die nicht selbst akquiriert werden müssen und die dazu beitragen, teures Equipment und die eigenen Mitarbeiter besser auszulasten. Dafür will natürlich auch der Kooperationspartner daran verdienen, was diese Aufträge zumindest auf den ersten Blick weniger rentabel erscheinen lässt. Doch es kommt auf das Gesamtpaket an, das durch die Kooperation geschnürt wird. Eine durchaus Erfolg versprechende Möglichkeit kann zum Beispiel so aussehen, dass die Freie Werkstatt für ein markengebundenes Autohaus eher arbeitsintensive Unfallreparaturen mit Lack- und Spenglerarbeiten übernimmt. Selbstverständlich sollte gerade in diesem Fall exakt kalkuliert und die Art der Kooperation vertraglich sauber geregelt werden. Gute Partner für eine langfristig profitable Kooperation zu finden, ist natürlich eine ganz besondere Herausforderung. Hier helfen langjährige Kontakte im beruflichen Netzwerk weiter. Als wertvolle Knotenpunkte können sich Ansprechpartner bei den Innungen, bei Werkstattausrüstern oder beim Teilehandel erweisen, die über viele Kontakte im Kfz-Gewerbe verfügen.

Doch nicht allein mangels geeigneter Kooperationsangebote fällt diese strategische Option vielen Werkstattinhabern schwer: Viele arbeiten nicht gerne im Verbund, sondern wursteln lieber weiterhin allein vor sich hin. Das lässt sich auch daran erkennen, dass die Zahl der Freien Betriebe, die sich einem Werkstattsystem angeschlossen haben, nur sehr, sehr langsam steigt. "Dabei winken hier in der Regel deutliche Vorteile: Von der verbesserten Qualitätswahrnehmung über günstigere Bezugsquellen bis zur Unterstützung in technischen und betriebswirtschaftlichen Fragen", sagt Häusler.

Stärken-/Schwächen-Analyse

Dass Strukturen und Strategien wie vor zwanzig oder gar dreißig Jahren auch heute noch den Erfolg einer Werkstatt sichern, bezweifelt der Unternehmensberater stark: "Ein Unternehmer muss sich immer wieder mit der Marktentwicklung und den Kundenbedürfnissen, mit seinen Stärken und Schwächen beschäftigen, er muss Chancen und Risiken analysieren und daraus seine künftige Marschrichtung ableiten." SWOT-Analyse heißt der Fachbegriff dafür. Das Kürzel steht für Strengths (Stärken), Weaknesses (Schwächen), Opportunities (Chancen) und Threats (Bedrohungen). Für eine SWOT-Analyse, die als Grundlage der neuen strategischen Ausrichtung einer Werkstatt dient, lohnt es sich, professionellen Rat von außen zu holen. Die Betriebsberater der Handwerkskammern helfen bei allgemeinen betriebswirtschaftlichen Themen und damit auch bei der Erarbeitung einer neuen Unternehmensstrategie weiter.

Externen Rat einholen

Wenn es um fachspezifische Fragen, wie etwa um die Werkstattorganisation oder die Steigerung der Werkstattprofitabilität geht, ziehen sie Fachberater hinzu. Die Beratung bei der Handwerkskammer ist für Gründer kostenlos, für bestehende Unternehmen im Rahmen ihrer Beiträge abgegolten. Die Innungen des Kraftfahrzeug-Gewerbes beschäftigen ebenfalls Betriebsberater, die sich mit allen Facetten der Führung eines Kfz-Betriebs auskennen. Allerdings sind die Beratungskapazitäten begrenzt. "Eine intensive langfristige Beratung inklusive Begleitung bei der Umsetzung können die Handwerkskammer-Experten in der Regel nicht leisten", sagt Hartmut Drexel, Leiter der Betriebsberatung bei der Handwerkskammer für München und Oberbayern.

Bei großem und längerfristigem Beratungsbedarf ist die Zusammenarbeit mit einer Unternehmensberatung eine Alternative. Sie stellt dem Werkstattinhaber ihre Leistungen allerdings in Rechnung – zu Stundensätzen, die in aller Regel deutlich über denen einer Werkstatt liegen. Bei der Auswahl eines geeigneten Unternehmensberaters sollte man sich in seinem persönlichen und beruflichen Netzwerk umhören. Auch die Hausbank kann qualifizierte Berater empfehlen. Allerdings sollten Werkstattinhaber hierbei nicht nur darauf achten, dass der Berater sympathisch ist und einen kompetenten Eindruck macht. "Er sollte über Branchenkenntnisse verfügen und diese durch Referenzen belegen können", empfiehlt Häusler. Darüber hinaus sollte er Strategie- und Turnaround-Erfahrung mitbringen. "Sich rechtzeitig Hilfe zu holen und anzunehmen ist für viele Unternehmer nicht einfach – vor allem wenn in einer finanziell ohnehin etwas angespannten Situation dafür auch noch Geld ausgegeben werden muss", räumt Führungskräfte-Coach Birgit Schuler ein. "Andererseits ist es für jeden Unternehmer wichtig, zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle zu investieren." Eine fundierte betriebswirtschaftliche Beratung führt im Idealfall dazu, dass sich die Krise nicht verschärft, sondern das Unternehmensschiff schnell wieder auf Erfolgskurs kommt.

Eva Elisabeth Ernst

Teil drei der asp-Serie zum Krisenmanagement befasst sich mit geeigneten Gegenmaßnahmen zum Abwenden einer drohenden Ertragskrise.

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