Neue Studie zur Abgasuntersuchung und OBD vorgestellt
Fahrzeughersteller favorisieren seit Jahren die OBD statt der Endrohrmessung bei der Durchführung der Abgasuntersuchung. Eine neu vorgestellte Studie aus Frankreich belegt jetzt einmal mehr, dass die Möglichkeiten der OBD erheblich überschätzt und viele abgasrelevante Fehler nicht entdeckt werden.
Das Konzept der On-Board-Diagnose ist im Prinzip gut und wird bereits seit 15 Jahren in Europa eingesetzt (EOBD). Während der Fahrt überwacht das Fahrzeug selbsttätig abgasrelevante Systeme und schlägt Alarm, wenn eine Störung eintritt. Die Automobilhersteller sind von den Möglich- keiten der OBD so überzeugt, dass sie diese sogar als Ersatz für die Endrohrmessung im Rahmen der Abgasuntersuchung ansehen. So wird zum Beispiel in Deutschland bei der Durchführung der AU nach dem aktuell gültigen Leitfaden 4 an OBD-Fahrzeugen bei signalisierter Prüfbereitschaft des OBD-Systems auf eine Endrohrmessung verzichtet. Experten außerhalb der Automobilindustrie hatten schon immer Zweifel an der Aussagekraft der OBD im Vergleich zur Endrohrmessung. Erste Stichproben nährten diese Zweifel. Letztlich wurden mehrere Studien und Berichte in Auftrag gegeben. So zeigten bereits die deutsche Studie „Emission Check 2010“ sowie die europäische TEDDIE-Studie auf, dass die OBD Grenzen hat und nicht alle abgasrelevanten Mängel entdecken kann. Sinnvoll erscheint es daher die OBD im Rahmen der periodischen Abgasuntersuchung mit einer Endrohrprüfung zu überprüfen. Doch genau über diesen Punkt herrscht bei den Verantwortlichen der Europäischen Union, welche entsprechende Richtlinien zur Änderung der Abgasuntersuchung auf nationaler Ebene auf den Weg bringen müssen, Uneinigkeit und erheblicher Diskussionsbedarf.
OBD und Endrohrmessung
Für Furore sorgt derzeit eine Studie aus Frankreich an Euro-4/5-Fahrzeugen, die kürzlich auf der CITA-Konferenz in Sevilla präsentiert wurde. Die UTAC, ein Organ der französischen Regierung, hat dazu bei 427.286 Diesel-Fahrzeugen und 193.521 Fahrzeugen mit Otto-Motor, Pkw ab Baujahr 2007 und Lkw ab Baujahr 2010, welche zur periodischen Abgasuntersuchung vorgestellt wurden, eine Endrohrmessung durchgeführt und parallel dazu das OBD-System ausgelesen. Die gewaltige erhobene Datenmenge dieser Untersuchung erlaubt eine qualitative Aussage zur Güte der OBD und der Endrohrmessung zugleich. Bei der Untersuchung bestanden 6,13 Prozent der Fahrzeuge den Abgastest nicht. Jedoch fielen gerade einmal 0,14 Prozent aller geprüften Fahrzeuge sowohl beim Abgastest wie bei der OBD-Prüfung durch. Würde nur das OBD-System abgefragt, so blieben 98 Prozent der defekten Fahrzeuge mit abgasrelevanten Fehlern unentdeckt. Nur 1,81 Prozent aller geprüften Fahrzeuge fiel beim OBD-Test durch, obwohl der Abgastest in Ordnung war. Bei Verzicht auf die Endrohrmessung bei Fahrzeugen mit Dieselmotor fallen demnach in Frankreich nur 1,81 Prozent der Fahrzeuge auf, obwohl weitere 5,99 Prozent einen nachweislichen Defekt aufweisen.
Bei der Untersuchung konnte übrigens an 12,11 Prozent der getesteten Dieselfahrzeuge keine OBD-Prüfung durchgeführt werden, weil zum Beispiel die OBD-Schnittstelle nicht gefunden wurde, Pins falsch belegt waren oder sonstige Störungen auftraten. Hingegen konnte nur bei 1,21 Prozent der Fahrzeuge keine Endrohrprüfung durchgeführt werden, weil zum Beispiel der Auspuff zu weit oben lag. Damit belegen die Zahlen eindeutig, dass die OBD größere Probleme bereitet und alleine nicht geeignet ist abgasrelevante Fehler an Autos im Feld sicher zu detektieren. Ein tendenziell sehr ähnliches Bild ergab sich bei der Prüfung der Fahrzeuge mit Otto-Motoren.
Die OBD hält nicht, was sie verspricht
Die Auswertung des UTAC-Tests mit in der Summe mehr als 600.000 Autos hat nochmals belegt, dass es zwischen einer Endrohrmessung und der OBD weder bei Diesel- noch bei Otto-Fahrzeugen eine Korrelation gibt. Tendenziell liefert die Endrohrmessung das zuverlässigere Ergebnis. An den Ergebnissen dieser Studie gibt es nichts zu rütteln, die Daten sprechen für sich. Und die Daten entsprechen den Resultaten der schon früher vorgestellten Studien.
Möglicherweise wird die UTAC-Studie, deren Daten im vergangenen Jahr erhoben wurden, nach intensiverer Auswertung noch weitere Erkenntnisse liefern. So wurde bereits festgestellt, dass von den Prüflingen, in deren Fehlerspeichern abgasrelevante Fehler hinterlegt waren, trotzdem 93 Prozent die OBD-Prüfung bestanden haben.
Nun ist es an der Europäischen Union aus Testreihen und Studien die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Endrohrprüfung wieder zum festen Bestandteil jeder Abgasuntersuchung in Europa zu machen. Einfach wird man sich die Entscheidung in Brüssel sicher nicht machen zwischen Umweltaspekten, Verbraucher- interessen und Industrieforderungen die optimale Lösung zu finden. Die Faktenlage ist dank der französischen Untersuchung jetzt jedenfalls klarer als je zuvor. Sicherlich wird es aber einige Zeit dauern, bis neue Richtlinien beschlossen werden. Von daher ist es aktuell noch nicht abzusehen, ob und wann es zu Modifizierungen der bestehenden Abgasuntersuchung in Deutschland kommen wird.
Bernd Reich
Endrohrprüfung versus EOBD
kein Opazitätstest möglich: 5.171 (1,21 %)
Opazitätstest nicht bestanden 25.595 (5,99 %)
Opazitätstest und EOBD nicht bestanden: 596 (0,14 %)
EOBD-Test nicht bestanden: 6.324 (1,48 %)
Kein EOBD-Test möglich: 51.744 (12,11 %)