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Generationenkonflikt

19.11.2010 12:02 Uhr

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Unternehmensnachfolge

Den Betrieb an Sohn oder Tochter zu übergeben, gilt immer noch als ideale Nachfolgelösung. Die junge Generation sollte sich aber im Klaren darüber sein, worauf sie sich einlässt und genau nachrechnen, ob die Werkstatt tatsächlich ihre künftige Existenz sichern kann.

Wie viel Gewinn hat die Werkstatt in den letzten fünf Jahren abgeworfen? Wie haben sich die Umsätze in diesem Zeitraum entwickelt? Wie hoch waren die Privatentnahmen oder der Unternehmerlohn? Wie viel wurde in letzter Zeit in neue Werkstattgeräte investiert? Gibt es auf dem Betriebsgelände eventuell ökologische Altlasten? Wann willst du endgültig damit aufhören, in der Werkstatt zu arbeiten? Wie wollt ihr euren Lebensabend finanzieren? Solche Fragen mögen unangenehm direkt sein, müssen aber gestellt und vor allem ehrlich beantwortet werden, bevor eine Werkstatt an die junge Generation übergeben wird.

Auch wenn seit Jahren feststeht, dass der Sohn oder die Tochter eines Tages die Werkstatt übernehmen sollen, sorgt das noch nicht dafür, dass der Generationswechsel gut über die Bühne geht und langfristig zur Erfolgsgeschichte wird. „Bei familieninternen Nachfolgeregelungen meinen beide Generationen meist, es sei alles klar“, berichtet Toni C. Plonner, der sich mit seiner Beratungsgesellschaft UnternehmerPlan unter anderem auf das Thema Unternehmensnachfolge spezialisiert hat. „Gerade wenn Alt und Jung täglich zusammen arbeiten und vielleicht auch noch unter demselben Dach wohnen, geht jede Partei davon aus, dass alles besprochen und geregelt ist.“ Ein Trugschluss, wie Plonner aus zahlreichen Nachfolgelösungen weiß, die er mit seinem Team begleitet hat. „In der Regel gibt es nämlich zwei Klarheiten: Die des künftigen Nachfolgers und die des bisherigen Unternehmers – und die stimmen in den seltensten Fällen überein.“ Um die daraus entstehenden Missverständnisse und Probleme aus dem Weg zu räumen, empfiehlt Plonner dringend, sich jenseits des Tagesgeschäfts eine Auszeit zu nehmen, um ausschließlich über das Thema Betriebsübergabe zu reden.

Übergabetermin festlegen

Bei diesen Gesprächen gibt es zwei besonders heiße Themen: Erstens der Zeitpunkt der endgültigen Übergabe und zweitens die finanziellen Aspekte, also das liebe Geld. Die Unternehmensübergabe immer wieder hinauszuzögern, zählt für Toni Plonner zum größten Fallstrick einer familieninternen Unternehmensnachfolge. „Viele Unternehmer riskieren damit Frust und Unmut bei der jungen Generation. Sie zögern so lange, bis die Übergabe aus gesundheitlichen Gründen unumgänglich ist – oder weil die Banken vehement auf eine Lösung drängen.“

Plonner empfiehlt, einen festen Termin für die Übergabe zu setzen und dann darauf hinzuarbeiten, zum Stichtag alles geregelt zu haben. Je nach Betriebsgröße und Komplexität der familiären und finanziellen Verhältnisse sollte das binnen sechs bis 12 Monaten gelingen, wenn sich beide Generationen einmal im Monat einen ganzen oder halben Tag Zeit nehmen, sich damit zu beschäftigen. Selbstverständlich müssen bei diesen Gesprächen auch Zahlen auf den Tisch kommen. Der Nachfolgeexperte rät den Junioren dazu, die Gewinn- und Verlustrechnung (G&V) der Werkstatt aus dem letzten Geschäftsjahr Position für Position durchzugehen und auf deren Basis einen Businessplan für die nächsten zwei, drei Jahre zu entwickeln, um zu sehen, ob die Übernahme betriebswirtschaftlich überhaupt sinnvoll ist.

Im Businessplan muss natürlich auch der Kaufpreis für die Werkstatt berücksichtigt werden. Dessen Ermittlung bildet einen echten Knackpunkt innerfamiliärer Nachfolgeregelungen. „Bezüglich des Unternehmenswertes hegt die ältere Generation oft völlig überzogene und unrealistische Vorstellungen“, berichtet Plonner. „Das ist zwar einerseits verständlich, handelt es sich doch um das Lebenswerk des Seniors. Andererseits kann ein zu hoch angesetzter Wert einen erfolgreichen Start der jungen Generation beeinträchtigen oder gar unmöglich machen.“ Plonner empfiehlt dringend, hier die Emotionen hintanzustellen und sich auf betriebswirtschaftlich nachvollziehbare Fakten und Bewertungen zu stützen.

Nicht nur aus diesem Grund ist die Einschaltung eines neutralen Bera- ters empfehlenswert. „Die Ermittlung des Unternehmenswertes ist eine Sache für Experten“, betont Hartmut Drexel, Leiter der Betriebsberatung bei der Handwerkskammer für München und Oberbayern. „Die Betriebsberater bei den Handwerkskammern setzen praxiserprobte Verfahren zur Unternehmensbewertung, beraten beide Generationen neutral und verfügen über ausreichend Erfahrung mit der nicht immer einfachen Moderation innerfamiliärer Nachfolgeprozesse.“ Darüber hinaus sind die Beratungsleistungen der Handwerkskammer für ihre Mitglieder grundsätzlich im Rahmen der Beiträge abgegolten.

Neutrale Berater hilfreich

Bei der Ermittlung des Kaufpreises für eine Werkstatt gehen die hwk-Berater vom nachhaltigen Gewinnpotenzial aus. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht also die Zukunft und das Geld, das die Werkstatt in den nächsten Jahren abwerfen wird.

Darüber hinaus empfiehlt der hwk-Berater in diesen Fällen, ein Gesamtkonzept aufzusetzen, mit dem nicht nur die Betriebsübergabe geregelt wird. Auch über das Gesamtvermögen der Familie inklusive eventuell vorhandener Immobilien, das Ausbezahlen etwaiger Geschwister, die Altersvorsorge für die Elterngeneration und der Erbvertrag sollte mit allen Beteiligten offen gesprochen werden. „Das Ziel ist eine einvernehmliche, für alle Familienangehörigen tragbare Lösung“, so Drexel. Auch die Modalitäten der Bezahlung des Kaufpreises der Werkstatt sollten klipp und klar festgelegt werden. „Eine gestreckte Kaufpreiszahlung ist durchaus akzeptabel“, so Toni C. Plonner. „Allerdings sollte nicht auf Jahre hinaus eine feste Leibrente vereinbart werden.“ Spätestens fünf Jahre nach der offiziellen Übergabe sollten die Eltern komplett ausbezahlt worden sein. „Denn danach ist der Erfolg des Unternehmens auf das Geschick des Nachfolgers zurückzuführen“, sagt Plonner.

Einmalzahlung statt Leibrente

Er rät der jungen Generation, keinen fixen Betrag in Form einer Leibrente zu vereinbaren, sondern die Zahlungen an die Eltern an den Erfolg des Betriebs zu koppeln.„Allzu hohe Lasten, die unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung sind, können in einem schlechten Jahr die gesamte Existenz gefährden.“ Auch Elmar Wenzel, Geschäftsführer von Trainmobil, warnt die Junioren davor, ihren Sprung in die Selbständigkeit mit unangemessen hohen Zahlungen an die Eltern zu erschweren. Der Branchenkenner empfiehlt ebenfalls dringend, die Zahlungsverpflichtungen an den Erfolg des Unternehmens zu koppeln. Der junge Werkstattinhaber könne sich zum Beispiel ein angemessenes Gehalt bezahlen und den verbleibenden Gewinn mit den Eltern teilen, so Wenzel. „Eine moralische Verpflichtung, den Lebensabend der Eltern zu finanzieren, ist meiner Erfahrung nach höchst bedenklich.“ Der Druck auf den jungen Werkstattinhaber könne dadurch schnell zu hoch werden – zumal in der Regel auch noch Investitionen zu tätigen sind. „Meiner Erfahrung nach haben sich die Inhaber hoch moderner und profitabler Werkstattbetriebe in den meisten Fällen auch rechtzeitig um ihre Altersvorsorge gekümmert“, sagt Wenzel. Habe es der Vater jedoch selbst nicht geschafft, für seinen Lebensabend vorzusorgen, wird es auch dem Sohn oder der Tochter kaum gelingen, neben dem eigenen Lebensunterhalt noch den der Elterngeneration zu erwirtschaften.

Und in diesem Fall sollte sich der Junior zweimal überlegen, ob er den Familienbetrieb tatsächlich übernehmen will. Bei diesen grundsätzlichen Überlegungen kann ein Blick auf die Werkstattproduktivität weiterhelfen. Sie wird ermittelt, indem die gearbeiteten Stunden ins Verhältnis zu den berechneten Arbeitsstunden oder -werten gesetzt werden:

an Kunden weiterberechnete Stunden

tatsächlich gearbeitete Stunden x 100

„Die Werkstattproduktivität sollte zwischen 65 und 70 Prozent liegen“, sagt Elmar Wenzel. „Gute Betriebe schaffen 75 Prozent.“ Bei den Ersatzteilen sollte die durchschnittliche Marge mindestens 25 Prozent ausmachen. Hier lohnt es sich, die Lieferantenrechnungen mit den an die Kunden berechneten Ersatzteilen zu vergleichen. „Dann werden auch die Teile, die verbaut und nicht berechnet wurden, berücksichtigt.“ Wichtig ist aber auch noch die Höhe des Ersatzteilumsatzes: Etwa 60 bis 65 Prozent des Gesamtumsatzes sollten mit Ersatzteilen erwirtschaftet werden, so die Daumenregel des Praktikers.

Zukunftsfähigkeit entscheidend

Darüber hinaus empfiehlt Wenzel, über den Werkstattstandort nachzudenken: Ist die Lage für eine Werkstatt wirklich optimal? Liegt sie an einer viel befahrenen Straße, so dass mit Laufkundschaft zu rechnen ist und das günstigste Werbemittel für eine Werkstatt, nämlich die eigene Fassade, für Werbung im Vorbeifahren sorgt? Schließlich rät der Experte noch dazu, sich die Kundenstruktur anzusehen: Wie hat sich der Kundenstamm entwickelt? Sind in den letzten Jahren regelmäßig neue Kunden dazugekommen? Haben die Stammkunden fast ausschließlich alte Fahrzeuge der 3. Generation oder sind auch viele Kunden mit jüngeren Fahrzeugen dabei? Die Antworten auf diese Fragen zeigen, wie es um das Potenzial, also die Zukunftsfähigkeit eines Betriebs bestellt ist.

„In den meisten Werkstätten ist es sinnvoll, nach dem Generationswechsel die Betriebsabläufe effizienter zu strukturieren“, weiß Elmar Wenzel. Dazu muss mitunter allerdings Geld für neue Werkstattausstattung ausgegeben werden. Dieser Posten ist im Businessplan rund um die Übernahme ebenfalls zu berücksichtigen – vor allem, wenn sich die Elterngeneration in den letzten Jahren mit Investitionen zurückgehalten hat. Ein Werkstattrundgang mit einem branchenerfahrenen Berater kann dem Junior dabei durchaus die Augen öffnen: Es kostet viel Geld, uralte Werkstatttore, Hebebühnen und Abgasabsauganlagen durch neuere Modelle zu ersetzen und für gute Beleuchtung in den Arbeitsbereichen zu sorgen. Müssen dazu noch Bremsenprüfstand, Diagnose- und AU-Geräte, Reifenservice-Equipment oder das System zur Fahrwerks-Vermessung auf den neuesten technischen Stand gebracht werden, steigt die Höhe der erforderlichen Investitionen – und damit auch das betriebswirtschaftliche Risiko der Betriebsübernahme.

Eva Elisabeth Ernst

Expertentipps

Nachfolger aufgepasst

Hartmut Drexel, Leiter der betriebswirtschaftlichen Beratung bei der Handwerkskammer München: „Es gibt einige öffentliche Förderprogramme, die bei der Übernahme eines Unternehmens im Zuge des Generationswechsels greifen. Nicht in allen Bundesländern werden Nachfolger aus der Familie jedoch genauso gefördert wie ein Unternehmensgründer.“

Toni C. Plonner, Geschäftsführer der Beratungsgesellschaft UnternehmerPlan GmbH aus München: „Bei Überlegungen zur Unternehmensnachfolge geht es nicht um Vergangenheitsbewältigung, sondern um die zukünftigen Chancen und Risiken. Natürlich lässt sich die Entwicklung einer Werkstatt nicht exakt prognostizieren. Eine relativ simple, aber dennoch aussagekräftige Erstinformation bildet die Kurve der Werkstattumsätze der letzten zehn Jahre: Mit einem Lineal kann der generelle Trend verlängert werden. Damit lässt sich zumindest abschätzen, was der Nachfolger zu erwarten hat, wenn er alles so weiter laufen lässt wie bisher.“

Elmar Wenzel, Geschäftsführer der Trainmobil Trainings für Praktiker GmbH, Hamburg: „Der Steuerberater kennt die Zahlen einer Werkstatt und weiß, wie sie zustande kommen. Aber den Zustand des Betriebs, die Effizienz und Qualität der Arbeitsleistung kann er kaum beurteilen. Zur Ermittlung des Werkstattwerts ist daher ein Berater mit Branchen-Know-how, wie etwa die Experten aus der regionalen Handwerkskammer oder dem Landesverband des Kfz-Gewerbes, besser geeignet. Dies ist gerade dann wichtig, wenn der Nachfolger schon seit einiger Zeit im elterlichen Unternehmen arbeitet und unter Umständen selbst schon leicht betriebsblind ist.“

Checkliste im Internet

Selbstauskunft

Unter www. autoservicepraxis.de/nachfolge haben wir im Internet eine Checkliste für Junioren zum download hinterlegt. Sie bietet für alle übernahmewilligen Unternehmensnachfolger eine erste Orientierung und zeigt auf, welche Fragen sich junge Unternehmer vor der Übernahme des elterlichen Betriebs unbedingt stellen sollten – viel Erfolg!

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Frankfurt am Main;Frankfurt am Main

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