Serie Teil 2
Was ist das Geheimnis des Erfolgs von Werkstattfilialketten? Ist es nur die marktschreierische Werbung oder steckt mehr hinter dem enormen Bekanntheitsgrad. Im zweiten Teil der Serie gehen wir dem Verkaufsprinzip „alles unter einem Dach“ auf den Grund.
Warum hat Apple mit seinen Produkten so einen großen Erfolg? Reicht es, dass die Marke „hip“ ist, oder liegt es nicht vielmehr daran, dass die Produkte funktional und verbraucherfreundlich sind? Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Das Apple-Prinzip heißt schlicht und ergreifend „Einfachheit“. Was das mit Werkstattfilialketten zu tun hat? Nun – warum fällt vielen Autofahrern, wenn sie zum Beispiel an Anhängersteckeradapter denken ziemlich genau ein Name ein? Oder schnell mal einen Ölwechsel. Oder ein Navigationsgerät, den Kanister Scheibenklar, ...
Es ist so einfach! Und Einfachheit ist „in“. Niemand will heute lange warten, schon gar nicht, wenn es um Dienstleistung und Service geht. Sie etwa? Auf etwas zu warten, oder wegen einer Anschaffung oder einem Servicewunsch mehrere Adressen abklappern zu müssen, wird als kompliziert empfunden. Aber kompliziert ist das Leben schon genug. Am besten alles sofort und alles komplett, lautet das Motto! Und mit der heranwachsenden Internet-Generation wird sich dieser Trend noch weiter verstärken. „Leben light“ ist angesagt. Das spielt Komplettanbietern wie Werkstattfilialketten in die Hände. Hier findet der Kunde an einem Ort verschiedenste Produkte. Sei es, dass er Autopflegemittel sucht, eine einfache Glühlampe oder den Fahrradträger.
Ein Anbieter für alle Wünsche
Dabei integrieren die Werkstattfilialketten eben alle vom Kunden mit Automobilität in Verbindung gebrachten Gedanken und Wünsche zusammen: Fachmarkt, Schnelldienst und klassische Werkstatt sind in einem Hause vereint. Darüber hinaus haben es die Ketten verstanden, dem Kunden eben dies durch konsequente und umfassende Werbung zu signalisieren. Dabei ist das Prinzip „alles unter einem Dach“ eigentlich nicht neu. Es stammt schon aus den 70ern. Da waren es im HiFi-Bereich Häuser wie „Saturn“, welche damals die Wünsche nach modernen, manchmal auch verspielten, ja verrückten HiFi-Anlagen im Auto erfüllten. Die Autobranche führte diesen Häusern mit der damals sehr erfolgreichen Möglichkeit, Fahrzeuge ausschließlich mit „Radiovorbereitung“ zu kaufen die Kunden regelrecht zu. Und Saturn hatte sehr schnell und sehr gut verstanden, dass man die Anlagen an wesentlich mehr Autofahrer verkaufen konnte, wenn man gleichzeitig Spezialisten hatte, die diese auch direkt einbauten.
Somit wurde allen, die die Seitenverkleidung der Türe nicht herunterbekamen, oder Angst hatten, die Heckablage zu perforieren, trotzdem die Möglichkeit gegeben, eine individuelle Anlage zu kaufen und zu nutzen.
Das Geschäft machen andere
Und die einzigen, die diese Methode vom Fachmarkt mit angeschlossener Werkstatt aufnahmen, waren eben Filialketten wie A.T.U. In der Zwischenzeit hat sich das Prinzip allerdings eher zu Werkstätten mit angeschlossenem Fachmarkt gewandelt.
Die klassische Kfz-Branche jedoch hat es niemals geschafft, den Weg in Richtung Fachmarkt zu gehen. Und auch heute finden wir die Konkurrenz der Ketten eher in Form von Obi, Real oder anderen Warenhäusern, die mittlerweile 38 Prozent des Gesamtmarkts für Zubehör abschöpfen. Sicherlich spielt die markenspezifische Ausrichtung vieler Autohäuser hier eine wichtige Rolle. Aber das Thema Zubehör hat in den wenigsten Autohäusern und Servicebetrieben jemals die Relevanz und den Umfang erreicht, der Kunden dazu veranlasst hätte, bei geplanten Zubehörverkäufen zunächst an das eigene Autohaus/die eigene Werkstatt zu denken.
„Die Preise sind bei den Warenhäusern wesentlich günstiger als bei uns“ hört man immer wieder aus der Branche. Aber wenn Obi oder Real schon die Reifen zu Discountpreisen verkaufen, dann kann man doch mit denen eine Vereinbarung treffen, dass es da einen Betrieb in der Nähe gibt, der die auch montiert.
Der Fachmarkt der Werkstattfilialketten ist vielfach auch der Kundenmagnet. Hier werden zahlreiche Produkte angeboten, die man so auch im Warenhaus findet. Das Portfolio reicht von Ölen über Ersatzteile, Pflegemittel bis hin zu Zubehörartikeln. Eine besondere Stellung nehmen hierbei immer auch die Sonderangebote ein. Sie sind die Fokusprodukte, die beworben werden und die den Kunden ins Haus bringen. Als Fokusprodukte werden dabei auch Dinge wie Motorroller oder Anhänger angeboten. Auch hier wären in einem Autohaus/einer Werkstatt entsprechende Kooperationen mit Anhängerherstellern oder Zweiradhändlern denkbar, wenn man sich jetzt nicht selber mit dem ganzen Thema auseinandersetzen will. Hauptsache, der Kunde bekommt etwas zu sehen.
Schnelldienst für den Expresskunden
Eine weitere Domäne der Werkstattfilialketten ist ein organisatorisch in sich geschlossener Schnelldienst. Er arbeitet in schneller Folge die einfachen Aufträge ab, auf die der Kunde warten kann. Oder er baut mal schnell ein Teil aus dem Fachmarkt ein. Mehr zu diesem besonderen Service im dritten Teil der Serie.
Dauert eine Reparatur mehr als eine Stunde, wird der Auftrag von einem Meister angenommen und auf den Arbeitsplätzen für die größeren Aufträge ausgeführt. Hier wird auch eine Direktannahme durchgeführt. Dort trifft der Kunde auf den in der Branche ausgebildeten Fachmann. Wie es funktioniert in einer Werkstatt alle Marken zu reparieren, und zwar von den Bremsklötzen bis zur Zylinderkopfdichtung, wird ebenfalls in einem der nächsten Beiträge genau hinterfragt. Werkstattfilialketten liefern hierzu zumindest den richtigen Prozess. Ob der in der Praxis konsequent durchgezogen wird, steht auf einem anderen Blatt! Soweit die gute Nachricht für die Branche.
Ersatzteillager mit dem Nötigsten
Auch in Bezug auf das Ersatzteillager kann man von Werkstattfilialketten einiges lernen. Hier liegt das Nötigste, die Schnelldreher, die Sonderangebote. Der Rest ist kein Geheimnis: Schnelle Verfügbarkeit durch extrem gut logistisch durchdachte Bestell- und Lieferroutinen. Auch hier kann die Branche aktiv lernen. Die Ersatzteilgroßhändler liefern heute drei, vier Mal pro Tag. Warum also einen großen Lagerbestand mit Exoten aufrechterhalten.
Volle Parkplätze vor Werkstattfilialketten zeigen ein deutliches Bild! Aus Kundensicht ist das Prinzip „alles unter einem Dach“ auch heute noch höchst erfolgreich. Und wenn es sich auch nicht für jeden Autohaus- oder Werkstattunternehmer komplett übernehmen lässt, bestimmte Teile davon können unter Umständen dazu beitragen, Ihre Kunden in ihrem Wunsch nach „Leben light“ zu unterstützen und Ihren Betrieb erfolgreicher zu machen. Georg Hensch
- Ausgabe 11/2010 Seite 44 (288.9 KB, PDF)