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"Das kann sonst keiner"

10.09.2020 11:00 Uhr
"Das kann sonst keiner"

Die FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH entwickelt als staatlich beliehene Stelle Vorgaben und Prüfverfahren für die Hauptuntersuchung. Über die besondere Rolle der FSD haben wir mit Geschäftsführer Jürgen Bönninger gesprochen.

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Kurzfassung

Wenn es um Vorgaben und Prüfmethoden für die Hauptuntersuchung geht, ist in Deutschland die FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH in Dresden die offizielle Anlaufstelle. Dort arbeitet man bereits an der HU von morgen.

asp: Die DAT hat mit dem PTI-Service-Portal ein neues Produkt beworben. Es soll laut einer Mitteilung der DAT-Prüfingenieure bei der Durchführung der HU unterstützen. Wie verhält sich dies zu den Services der FSD?

J. Bönninger: Wir haben in Deutschland ein etabliertes und bewährtes System der wiederkehrenden Fahrzeuguntersuchung. In Deutschland ist die FSD diejenige beliehene Stelle, die Vorgaben und Prüfmethoden für die Hauptuntersuchung und Sicherheitsprüfung entwickelt und Prüfern offline sowie online bereitstellt. Eindeutig geregelt, wie Fahrzeuge bei der HU zu behandeln sind, ist dies seit 2006 in der Anlage 8b der StVZO und seit 2011 auch über das Straßenverkehrsgesetz. Das geht weit darüber hinaus, was in der Verordnung (EU) Nr. 621/2019 geregelt ist, auf die sich die DAT letztlich bezieht.

asp: Was besagt die Verordnung (EU) Nr. 621/2019 in diesem Zusammenhang?

J. Bönninger: Das ist die europäische Durchführungsverordnung zur PTI- Richtlinie 2014/45/EU. Die Verordnung (EU) Nr. 621/2019 regelt europaweit die Verpflichtung der Automobilhersteller zur Bereitstellung bestimmter technischer Informationen an die zuständigen Behörden in den EU-Mitgliedsstaaten ebenso wie an die Prüfstellen für alle Fahrzeuge, die seit 2018 in den Verkehr gekommen sind. Die Vorgaben werden allerdings nach Subsidiaritätsprinzip in jedem Land unterschiedlich umgesetzt. Die technischen Informationen, die in dieser Verordnung vorgegeben sind, sind sehr beschränkt und repräsentieren einen Mindeststandard, nicht aber die rechtlichen und technischen Gegebenheiten in den Mitgliedsstaaten.

asp: Die DAT-Plattform ist also noch kein Prüfsystem, wie es die FSD anbietet?

J. Bönninger: Der Schritt von einer technischen Datenbank hin zu einem komplexen Prüfsystem ist sehr groß. Laut Verordnung (EU) Nr. 621/2019 müssen die Fahrzeughersteller eine sogenannte Kontaktstelle benennen, die für die Gewährung des Zugangs zu den technischen Angaben des Fahrzeugs zuständig ist. Eine solche Kontaktstelle lässt sich mit dem Postausgangskasten eines Herstellers für Daten vorstellen. Das tangiert aber zunächst nicht unsere Beziehung zu den Herstellern, von denen wir auf der Grundlage unterschiedlicher rechtlicher Vorschriften und bilateraler Verträge wesentlich tiefergehende Daten erhalten, um das sehr hohe Prüfniveau in Deutschland abbilden zu können. Aus diesen Daten extrahieren wir das für uns Notwendige und entwickeln daraus erst Vorgaben und Prüfmethoden für die HU.

asp: Sind die Vorgaben über den Prüfumfang nicht in allen EU-Staaten gleich?

J. Bönninger: Die Richtlinie 2014/45/EG gibt für alle EU-Staaten Mindeststandards für die regelmäßige technische Überwachung von Kraftfahrzeugen vor. Darüber hinaus gibt es in den einzelnen Staaten noch besondere Bestimmungen, die darüber hinausgehen. In Deutschland beispielsweise überprüfen wir den Zustand der Fahrzeugelektronik durch das Auslesen der Steuergeräte. Allen Mitgliedsstaaten gemein ist aber, dass die elektronischen sicherheits- und umweltrelevanten Systeme mittels eines Geräts, das an die OBD- Schnittstelle angeschlossen werden muss, im Rahmen der HU bewertet werden müssen.

asp: Verfügt der Prüfer mit dem HU-Adapter und der entsprechenden Software über alles, was er für die HU benötigt?

J. Bönninger: Der HU-Adapter ist und bleibt das zentrale Werkzeug der Hauptuntersuchung über die elektronische Schnittstelle. Wir entwickeln das System ständig weiter und passen es an die Anforderungen neuer Fahrzeugtechnologien an. Das ist hierzulande Aufgabe der FSD-ZS. Es gibt in Deutschland auch keinen anderen Anbieter, der dies zur Verfügung stellen könnte.

asp: Ist die Benennung einer Kontaktstelle im europäischen Zusammenhang zu sehen?

J. Bönninger: Mit der Benennung einer Kontaktstelle kommen die Hersteller ihrer Verpflichtung nach und wappnen sich für Nachfragen. Man kann dann auf die Kontaktstelle verweisen. Diese ist übrigens nur als Anlaufstelle für Behörden und Prüfstellen zu sehen, nicht für den einzelnen Prüfingenieur. Das steht auch in der Durchführungsverordnung EU 621/2019. Der Prüfingenieur könnte mit solchen Daten auch gar nichts anfangen.

asp: Welche Herausforderungen stehen bei der Weiterentwicklung der HU an?

J. Bönninger: Künftig müssen die Prüfer in der Lage sein, auch bei teilautomatisierten Fahrzeugen alle relevanten Sensor- und Kameradaten, die ja aktiv in die Fahrsysteme eingreifen, entsprechend zu prüfen. Genau solche Prüfmethoden müssen jetzt entwickelt werden. Es muss überprüft werden, ob die Systeme die anderen Verkehrsteilnehmer richtig aufnehmen und interpretieren.

asp: Wie verändert sich dadurch die HU?

J. Bönninger: Es ist in der Tat eine neue Herausforderung an die Fahrzeugüberprüfung: Sie wird mit Sicherheit dynamischer werden - und vieles wird sich nicht mehr ausschließlich auf dem Prüfstand durchführen lassen. Für manche Funktionsüberprüfungen werden wir Probefahrten benötigen. Dazu haben wir aktuell einen Forschungsauftrag zunächst bis Ende 2022 laufen. Trotzdem muss die HU bei vertretbarem Aufwand durchführ- und bezahlbar bleiben: Was wir brauchen, sind robuste Prüfmethoden.

asp: Bis wann wird daraus eine Prüfvorgabe?

J. Bönninger: Grundsätzlich können neue Prüfverfahren unverzüglich umgesetzt werden. Werden jedoch neue Prüfmittel erforderlich, benötigen wir einen Vorsprung von zwei bis fünf Jahren, bis die entsprechenden Prüfgeräte zur Verfügung stehen. Wir befinden uns hier auf einem sehr guten Weg und haben mit dem HU-Adapter auch gezeigt, dass wir durchaus in der Lage sind, Prüfmethoden und Prüfmittel rechtzeitig zu entwickeln.

Interview: Dietmar Winkler

Die Rolle der FSD

In Deutschland ist die FSD Fahrzeugsystemdaten GmbH nach dem Straßenverkehrsgesetz (StVG) als zentrale Stelle beliehen. Gesellschafter der Non-Profit-Gesellschaft sind die Prüforganisationen in Deutschland. Die FSD hat ihren Hauptsitz in Dresden und verfügt über ein firmeneigenes Prüflabor in Radeberg. Seit 2011 handelt die FSD im gesetzlichen Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Sie ist im Juni 2012 über die neue Anlage VIIIe auch in die StVZO aufgenommen wurde. Die FSD-Zentrale Stelle entwickelt im gesetzlichen Auftrag Vorgaben und Prüfverfahren, die dem Sachverständigen und Prüfer bei der HU helfen, Störungen, Verschleiß, Ausbau und Manipulationen der im untersuchten Fahrzeug verbauten sicherheits- und umweltrelevanten Bauteile und Systeme zu erkennen. Das betrifft mehr als 100 Millionen Fahrzeuge nahezu aller relevanten Modelle, Hersteller und Fahrzeugarten wie Pkw, Lkw, Kraftomnibusse, Anhänger und Krafträder.

HU-Adapter

Ein wichtiger Kernbaustein der heutigen Hauptuntersuchung ist der HU- Adapter. Seit Mitte 2015 wird bei der HU und seit 2017 bei der SP die elektronische Fahrzeugschnittstelle genutzt. Die Kommunikation mit dem Fahrzeug erfolgt über den HU-Adapter. Mit diesem wurde ein modernes Prüfwerkzeug von Sachverständigen für Sachverständige entwickelt, das für eine moderne Hauptuntersuchung unerlässlich ist. Der HU-Adapter ist ein robustes und universell einsetzbares Prüf- und Messgerät für die Hauptuntersuchung. Zusammen mit der Software-Anwendung FSD.HU 21 ermöglicht er sowohl die Kommunikation mit der Fahrzeugelektronik über die elektronische Fahrzeugschnittstelle als auch die Messung fahrdynamischer Parameter. Er kommt damit bei einer Reihe von Untersuchungen zum Einsatz, unter anderem bei der Bremswirkungsprüfung oder bei der in Erprobung befindlichen dynamischen Achsdämpfungsprüfung und neuerdings auch zur Prüfung der Akkus von Elektro- oder Hybridfahrzeugen.

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