Coparts-Geschäftsführer Ulrich Wohlgemuth
Erntezeit
Systemanbieter müssen die eigenen Leistungen ständig auf ihre Wirksamkeit überprüfen und Neues kreieren, das die Zukunftsfähigkeit der Partner dauerhaft sichert. Wie die Coparts-Systemzentrale diese Aufgabe lösen will, erläutert Coparts-Geschäftsführer UlrichWohlgemuth im Interview.
Herr Wohlgemuth, ein ereignisreiches Jahr geht zu Ende. Zeit nach vorn zu schauen und den Blick auf das Jahr 2010 zu richten. Was sind Ihre wichtigsten Projekte für das kommende Jahr?
Zunächst muss man festhalten, dass das Jahr 2009 für die Coparts und ihre Partner alles andere als ein Krisenjahr war. Natürlich haben wir auch Herausforderungen meistern müssen, etwa den Systemwechsel des Gesellschafters Heil+Sohn. Trotz dieser Veränderung wird die Coparts zum Jahresende ein zweistelliges Umsatzwachstum gegenüber dem Vorjahr verbuchen können. Und ich bin überzeugt, das ist zu einem wesentlichen Teil auch auf die Projekte und Strategien zurückzuführen, die wir langfristig etabliert haben. Zu diesen zählen im wesentlichen die Themen Gas, Glas und Reifen, sowie die Aktivitäten Flottenservice und Unfallschaden-Management, die wir über die G.A.S steuern.
Langfristige Strategien und Projekte klingen in dieser Zeit wie ein Anachronismus. Was meinen Sie damit?
Da haben Sie Recht, das ist auch unser Problem. Natürlich kann ich als Systemzentrale im Monatsrhythmus ein Feuerwerk an neuen oder vermeintlich neuen Systembausteinen aus dem Hut zaubern, die mir dann kurzfristig die Aufmerksamkeit der interessierten Öffentlichkeit sichern. Die Frage dabei ist aber immer: Nutzt das den Werkstattpartnern und ihren Kunden? Bei Coparts sehen wir die Aufgabe der Systemunterstützung langfristig. Jede Maßnahme sollte auf Nachhaltigkeit ausgelegt sein, zumal auch bei uns in der Zentrale die Ressourcen begrenzt sind. Wir haben solche Maßnahmen in den letzten Jahren Stück für Stück im Stillen vorbereitet und unsere Partner fangen in diesem Jahr erstmals an, die Früchte dieser Grundsatzarbeit zu ernten.
Können Sie Beispiele nennen?
Nehmen Sie das Thema Schadensteuerung über Global Automotive Services (G.A.S.). Dieses Thema hat Jahre der Vorbereitung benötigt, unzählige Gespräche mit möglichen Kooperationspartnern, Qualifizierungsmaßnahmen in unserem Profi Service Werkstatt-System und, und, und. Doch jetzt geht die Saat auf. Im letzten Jahr haben wir über G.A.S. bereits über 15.000 Unfallschäden gesteuert und dem Markt bewiesen, dass wir diese komplexe Aufgabe beherrschen. Das erleichtert die Akquisition neuer Leasing- und Flottenkunden, denn die G.A.S. und ihr Werkstattnetz ist bei dieser Klientel kein unbeschriebenes Blatt mehr. So wie das Thema Schadensteuerung haben wir in den letzten Monaten das Thema Autogas-Nachrüstung, ein starkes Marketingpaket für den Reifenvertrieb, oder auch unsere Vorteilspartnerschaft mit dem ADAC ausgebaut. Und dabei haben wir uns immer erst vergewissert, dass die Neuheiten im Markt funktionieren und sind dann an die Öffentlichkeit getreten. Und so werden wir das auch 2010 handhaben, lassen Sie sich einfach überraschen.
Die Vorteilspartnerschaft mit dem ADAC oder auch die Schadensteuerung verlangt von Ihren Partnern im Werkstattnetz neben Qualifikationen und Standards auch die Bereitschaft, Rabatte auf bestimmte Leistungen zu gewähren. Beim Thema Geld lassen sich Werkstattunternehmer nicht gern etwas vorgeben.
Das ist prinzipiell richtig und es wird auch niemand gezwungen, an diesen Programmen teilzunehmen. Wenn man das tut, dann allerdings mit allen Konsequenzen, also auch den von Ihnen beschriebenen Rabatten. Rabatte gehören leider zur Erstellung eines leistungsstarken Angebotes dazu und wir müssen uns dem Markt anpassen! Grundsätzlich muss sich jeder Werkstattunternehmer überlegen, ob er seinen Betrieb nicht nur heute und morgen, sondern auch in den nächsten sechs Monaten oder dem nächsten Jahr auslasten kann. Alle Maßnahmen, die wir seitens der Coparts umgesetzt haben, dienen dem Zweck, die Auslastung unserer Partner dauerhaft und mit Qualität zu erhöhen. Aktionen wie besondere technische Checks etc. sind eine nette Sache, sie haben aber immer nur sehr kurzfristige Effekte und werden kaum den Strukturwandel aufhalten können, der sich im Kfz-Gewerbe abspielt. Es ist Fakt, dass die Zahl der Wartungs- und Verschleißreparaturen permanent rückläufig ist. Also muss man sich neue Geschäftsfelder und Kundengruppen suchen, um in Zukunft mindestens noch genauso viel Arbeit und Wertschöpfung in der Werkstatt zu haben wie heute. Unser Anspruch ist, künftig deutlich mehr Arbeit und Wertschöpfung in unsere Betriebe zu bringen. Und die Erfahrungen von G.A.S. mit dem Thema Schadensteuerung oder die ADAC-Vorteilspartnerschaft belegen, dass man mit einem hoch qualifizierten Serviceangebot auch in einem schrumpfenden Markt weiter Anteile hinzugewinnen kann. Wenn uns das gelingt, haben wir in der Systemzentrale einen guten Job gemacht.
Erkennen die Werkstätten das auch an?
Leider nicht immer. Werkstattkonzepte unterscheiden sich oft erst durch den zweiten Blick voneinander. Es lohnt sich aber, auf diese Details zu achten. Wir haben mittlerweile zusammen mit G.A.S. ein Netzwerk von rund 3.500 leistungsstarken Betrieben geknüpft, das Werkstattunternehmern Vorteile bietet, die aktuell kein anderes System bieten kann. Bislang ist beispielsweise kaum bekannt, dass die G.A.S einen exklusiven Vertrag mit Autonet hat. Autonet ist spezialisiert auf den Vertrieb von Navigations- und Mobilfunklösungen. G.A.S. steuert exklusiv sämtliche Einbauten für die Autonet und schickt Kunden mit einem konkreten Einbauwunsch zu einem G.A.S.-Netzpartner. Dabei werden die Einbaulösungen vorkonfiguriert und direkt an die Einbauwerkstatt geschickt. Autonet hat sehr interessante Kooperationspartner, wie z.B. Aldi, Vodafone, Medion. Diese Vertreiber gehen solche Einbaulösungen nur mit, wenn man ein möglichst flächendeckendes Netz in Deutschland anbieten kann. Sind die Entfernungen für den Kunden zu groß, kommen sie mit denen gar nicht erst ins Geschäft. Die Zusammenarbeit mit Autonet besteht seit Anfang September 2009 und ist für uns ein weiterer strategischer Baustein, der unseren Partnern jeden Tag neue Kunden zuführt. Und zwar auch die mit neuen Fahrzeugen. Eine tolle Chance für die Werkstatt, sich als leistungsstarker Partner darzustellen.
Welche Veränderungen ergeben sich für die Werkstattpartner aus dem Zusammengehen der Coparts Autoteile GmbH und der Select AG in der Group Auto Union Deutschland?
Keine Veränderungen in Bezug auf das Tagesgeschäft, aber sicher Vorteile durch Bündelung in der Nachfrage. Denken Sie hier z.B. an das Thema Werkstattersatzwagen, Berufsbekleidung, Außengestaltung etc. be-treut wird der einzelne Systempartner aber auch weiterhin von seinem Systemanbieter, also Select oder Coparts.
Planen Sie noch ein weiteres gemeinsames Konzept?
Alles ist denkbar. Gemeinsamkeit macht stark!
Die asp-Betriebe von Select sollen auch in das Netz der G.A.S. integriert werden?
Ja, das haben wir bereits getan. Da wo Interesse bestand, haben wir die Betriebe nach entsprechender Prüfung in das Netzwerk aufgenommen. Ein flächendeckendes Netzwerk ist wichtig für unsere Aktivitäten.
Was heißt Prüfung?
Wir schauen uns jeden G.A.S.-Interessenten, unabhängig von seiner Zugehörigkeit zu einem Werkstattsystem, genau an und prüfen gewisse Standards ab. Erst dann wird mit dem Betrieb eine verbindliche Vereinbarung geschlossen und wir nehmen den Betrieb in das Netzwerk auf. Wir müssen unseren Flottenkunden ein hohes Niveau der Betriebe bieten und das prüfen wir ab; dieses Verfahren müssen alle neuen Interessenten durchlaufen.
Was bedeutet denn die Zusammenarbeit von Coparts und Select für die Lieferanten?
Beide Kooperationen sind heute gut aufgestellt und gut im Markt etabliert. Aber wir sind beide davon überzeugt, dass man Dinge besser in guten Zeiten entwickeln kann. Wenn es erst mal klemmt, ist es schwieriger. Zusammen haben beide Kooperationen ein beeindruckendes Einkaufsvolumen und sind etablierte und anerkannte Vertriebspartner. Wir bilden ein sehr gutes Gegengewicht zu anderen Marktteilnehmern.
Stichwort Kooperationen. Sie waren immer ein Verfechter von engeren Kooperationen der verschiedenen Werkstattsystemanbieter untereinander. Mittlerweile scheint Ihr Eifer bei dem Thema erloschen. Warum?
Weil es, wie ich lernen musste, nicht funktionieren kann. Es herrscht derzeit ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb der Systeme untereinander. Man bekommt die unterschiedlichen Strömungen und Persönlichkeiten einfach nicht unter einen Hut. Und auch wenn alle in der Sache auf den ersten Blick ähnliche Ziele verfolgen, hängt die Art und Weise, wie man diese Ziele erreichen will, sehr stark von den handelnden Personen ab. Und viele Dinge, die aktuell im Markt passieren, sind nicht mit unserem Stil und unseren Wertvorstellungen in Einklang zu bringen. Darum verfolgen wir das Thema nicht weiter. Die Gespräche führen leider zu keinem greifbaren, aber vor allem zeitnahen Ergebnis.
Herr Wohlgemuth, vielen Dank für das Gespräch. fs
- Ausgabe 12/2009 Seite 50 (354.0 KB, PDF)