Wie Unternehmer vorsorgen müssen
Es gibt viele Wege, fürs Alter vorzusorgen. Wichtig ist es vor allem, möglichst früh damit zu beginnen – und sich nicht allein auf den späteren Wert der eigenen Werkstatt zu verlassen.
Wer sich als junger Kfz-Meister selbständig macht, investiert seine ganze Kraft und meist auch sein ganzes Geld in den Betrieb. Ans Alter und die Altersvorsorge wird meist nicht gedacht. Warum auch? Schließlich baut man sich ja eine eigene Existenz auf und schafft Werte, indem man in neue Werkstattausstattung investiert und die Startkredite nach und nach abbaut. Zusammen mit der gesetzlichen Rente, in der grundsätzlich auch selbständige Handwerksmeister einzahlen müssen (siehe Kasten), wird der Wert der Werkstatt wohl fürs Alter reichen, möchte man meinen.
An diesem Punkt ihrer Überlegungen angelangt, hören die meisten Werkstattinhaber auf, nachzudenken. Doch was ist, wenn die Geschäfte schlechter laufen? Was passiert, wenn kein Nachfolger gefunden wird, der die Werkstatt gegen eine angemessene Ablöse übernehmen will? Und was ist zu tun, wenn zwar Sohn oder Tochter den Betrieb übernehmen, aber damit gerade mal sich selbst über Wasser halten können, die Erträge aber nicht ausreichen, um auch noch den Eltern eine Leibrente zu bezahlen? „Davon auszugehen, dass der Betrieb einst den Ruhestand finanzieren wird, ist unter Selbständigen ein weit verbreiteter Denkfehler“, sagt Constanze Hintze, Geschäftsführerin der Münchner Finanzberatung Svea Kuschel und Kolleginnen. „Leider überschätzen viele den Wert ihres Unternehmens.“ Für teures Geld gekaufte Werkstattausstattung ist nach ein paar Jahren nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Anschaffungspreises wert. Der gute Ruf der Werkstatt und die vielen Stammkunden sind gerade bei kleineren Betrieben meist eng an die Person des Inhabers gebunden. Geht der in Rente, ist der Nachfolger meist nicht bereit, für diese so genannten immateriellen Werte allzu viel Geld auf den Tisch zu legen. Ist der Werkstattinhaber Eigentümer der Werkstattimmobilien, kann deren Verkauf dagegen durchaus einen gewissen Teil des Kapitals, das für einen angenehmen Ruhestand benötigt wird, abdecken. Wie groß dieser Anteil ist, hängt vom Verkehrswert der Immobilie ab.
„Natürlich stellt es eine finanzielle Doppelbelastung dar, ein Unternehmen aufzubauen und trotzdem Geld fürs Alter auf die Seite zu legen“, räumt Hintze ein. „Doch je früher damit begonnen wird, desto besser. Denn der Zinseszins-Effekt ist nicht zu unterschätzen.“ Ein heute 30-jähriger Werkstattinhaber, der mit 67 Jahren aufhören und dann monatlich 1.000 Euro zur Verfügung haben will, muss monatlich 170 Euro zurücklegen. Ein 40-Jähriger bereits 315 Euro und ein 60-Jähriger ist mit rund 660 Euro dabei. Die Zahlen basieren auf der Annahme, dass mit dem zurückgelegten Geld eine durchschnittliche Rendite von vier Prozent erzielt wird. „Weil man diese Verzinsung derzeit nicht mit dem klassischen Sparbuch erzielen kann, liegt es auf der Hand, auch chancenreichere Geldanlagen mit einzubeziehen“, sagt Hintze. Außerdem muss berücksichtigt werden, dass 1.000 Euro beim Eintritt in den Ruhestand deutlich weniger wert sein werden.
Geldwertvernichtung durch Inflation
Bei zwei Prozent Inflation müsste der 30-Jährige daher gut das doppelte Kapital angesammelt haben, damit er in 37 Jahren die gleiche Kaufkraft hat wie heute.
Wer im Ruhestand einen monatlichen Betrag zur Verfügung haben möchte, der dem heutigen Wert von 3.000 Euro entspricht, sollte einen Blick auf die Tabelle auf Seite 74 werfen: Dort ist aufgeführt, wie viel ein heute 30-, ein 40- und ein 50-Jähriger ab sofort monatlich zurücklegen müssen, um diesen Kapitalstock mit 67 Jahren zu erreichen. Die dafür erforderliche monatliche Sparrate basiert wiederum auf der Annahme, dass über den gesamten Zeitraum hinweg eine Wertentwicklung von vier Prozent erzielt wird und bereits ein Startkapital von 10.000 Euro zur Verfügung steht. Natürlich weiß niemand, wie sich Zinsen, Inflation sowie die Währungs- und Finanzmärkte in den nächsten 37 Jahren entwickeln werden. Je länger der Zeitraum bis zur Rente, desto größer die Unwägbarkeiten. Doch deshalb gar nichts fürs Alter zurückzulegen, ist die schlechteste Alternative. Bleibt die Frage, wie das Geld denn nun angelegt werden soll, damit es im Alter auch tatsächlich zur Verfügung steht. Dazu gibt es jenseits der gesetzlichen Rentenversicherung verschiedene Möglichkeiten: klassische private Rentenversicherungen, Rürup- oder Riester-Rentenversicherungen sowie das Investmentsparen, bei dem die monatliche Sparrate in einen Investmentfonds, der in Aktien und Anleihen anlegt, investiert wird.
Mit der Rendite steigt das Risiko
Ein allgemein gültiges Patentrezept, welche Variante optimal ist, gibt es nicht. „Grundsätzlich rate ich zur Risikostreuung“, sagt Finanzberaterin Hintze. Sie empfiehlt daher eine Mischung aus Rentenversicherung und Investmentsparen. „Eine Rentenversicherung ist eine relativ sichere Geldanlage. Die Rente wird lebenslang bezahlt. Wie hoch sie ausfällt, hängt nicht nur von den einbezahlten Beträgen, sondern auch von den Überschüssen ab, die von der jeweiligen Versicherungsgesellschaft erwirtschaftet werden. Da Versicherungen vom Gesetzgeber angehalten sind, sehr sicher anzulegen, erwirtschaften sie eher niedrigere Renditen.“ Beim Investmentsparen sind die Renditeaussichten, aber auch die Risiken höher. Denn bei Aktienfonds & Co. können durchaus temporäre Verluste auftreten. „Je älter der Werkstattinhaber, desto mehr sollte er auf Nummer sicher gehen“, fasst Hintze zusammen, „Denn im Alter sind die Anlagezeiträume kürzer.“ Interessant ist die staatlich geförderte Rürup- oder Basisrente, bei der die Höhe des Jahresbeitrags flexibel ist. In Jahren, in denen die Werkstatt gut läuft, kann daher ein hoher Betrag in die Rürup-Rente einbezahlt werden, der zudem das zu versteuernde Einkommen mindert. In mageren Jahren kann der Beitrag niedriger ausfallen. Ledige können bis zu 20.000 Euro jährlich in einen solchen Rürup-Vertrag einbezahlen, Verheiratete bis zu 40.000 Euro. Für Werkstattinhaber, die gesetzlich rentenversicherungspflichtig sind, kann die Riester-Rente attraktiv sein – vor allem, wenn sie Kinder haben. Dann gibt es vom Staat attraktive Zulagen, zum Beispiel 300 Euro jährlich für jedes Kind, das ab 2008 geboren wurde. Ein Riester-Vertrag allein dürfte jedoch nicht ausreichen, um den kompletten Lebensunterhalt im Alter zu sichern.
Doch selbst wenn ein Werkstattinhaber regelmäßig Geld für den späteren Ruhestand zurücklegt, droht die Gefahr der Altersarmut: Dann nämlich, wenn er seiner Hausbank diese Rücklagen als Sicherheit für Kredite gegeben hat, die er nicht zurückzahlen kann.
Altersvorsorge vom Betrieb trennen
In diesem Fall gehören die in Lebensversicherungen und Investmentsparplänen angesammelten Sparleistungen der Bank. „Natürlich ist es das gute Recht der Banken, Sicherheiten für das von ihnen verliehene Geld zu verlangen“, betont Constanze Hintze. „Diese Hürde kann jedoch umschifft werden, indem der Werkstattinhaber den privaten Vermögensaufbau vom betrieblichen Zahlungsverkehr trennt und dafür eine weitere Bankverbindung aufbaut.“ Auch das gehört für die Vorsorgeexpertin zur Risikostreuung. Schließlich können auch Banken in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Im Insolvenzfall hilft die zweite Bankverbindung natürlich auch nichts, wenn der Inhaber persönlich haftet: Dann wird sein gesamtes Vermögen herangezogen, wozu grundsätzlich auch seine privaten Investments sowie das angesammelte Kapital in privaten Rentenversicherungen zählen. Lediglich Rürup-Rentenversicherungen sind insolvenzsicher, die Gläubiger haben keinen Anspruch auf Auszahlung der angesparten Beiträge dieses Vertrags.
Doch auch ohne Druck der Banken sollten Werkstattinhaber das Geld, das sie fürs Alter zurückgelegt haben, nicht anderweitig verwenden. „Gerade bei Wertpapieren ist die Versuchung groß, das Kapital für größere Investitionen oder bei finanziellen Engpässen anzuzapfen“, weiß Constanze Hintze aus Erfahrung. Zwar können auch Lebensversicherungen verkauft, stillgelegt oder beliehen werden. Doch hier liegen die psychologischen Hürden etwas höher. „Das Geld, das für die Altersvorsorge gespart wurde“, rät Hintze abschließend, „sollte nicht angetastet werden, damit der Wunsch eines finanziell abgesicherten Ruhestands auch Realität wird.“
Eva Elisabeth Ernst
Wer sich wie versichern muss:
Die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) ist eine Pflichtversicherung zur Alterssicherung von abhängig Beschäftigten. Darüber hinaus unterliegen jedoch noch weitere Personen der Rentenversicherungspflicht, darunter selbstständige Handwerksmeister. Die GRV wird durch ein Umlageverfahren finanziert: Die aktuell ausbezahlten Renten werden von den Beitragszahlern aufgebracht. Auch eine freiwillige Versicherung in der GRV ist möglich.
Zu den privaten Rentenversicherungen zählen auch Rürup- und Riester-Verträge. Sie werden durch staatliche Zulagen und/oder Steuervorteile gefördert, sind jedoch an durchaus komplexe Regularien gebunden. Bei den klassischen privaten Rentenversicherungsverträgen handelt es sich quasi um verschiedene Varianten von Sparangeboten von Versicherungsgesellschaften mit unterschiedlichen Laufzeiten, Anlagevarianten, Risiken, Ein- und Auszahlungsmodalitäten.
Gesetzliche Rente
Exakt 216 Monate oder 18 Jahre lang muss ein Kfz-Meister Beiträge an die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) entrichtet haben, bevor er sich von dieser Beitragspflicht befreien lassen kann. Gerechnet wird ab der ersten Zahlung. Egal, ob der Beitrag vom Azubi-Lohn stammt, vom Sold aus ehemaligen Bundeswehr-Zeiten oder vom Gehalt als angestellter Kfz-Mechatroniker oder -Meister. Nur als Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft wie der GmbH ist ein Kfz-Meister nicht rentenversicherungspflichtig.
Eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht muss jedoch nicht die rundum günstigste Möglichkeit darstellen. „Gesetzlich Pflichtversicherte haben grundsätzlich Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie nicht mehr arbeiten können“, erklärt Norbert Schädlich-Loos, selbständiger Rentenberater aus München. „Wer wegen gesundheitlicher Vorbelastungen keine Versicherungsgesellschaft findet, die bereit ist, ihn gegen Berufsunfähigkeit zu versichern, sollte sich überlegen, ob er diesen Vorteil der Gesetzlichen Rentenversicherung tatsächlich aufgeben möchte.“ Mit Witwen- und Waisenrenten bietet die GRV zudem einen gewissen Hinterbliebenenschutz und manchmal kann sie auch steuerlich günstiger sein als eine Private Rentenversicherung. Außerdem können Pflichtversicherte einen Riester-Rentenvertrag abschließen und staatliche Zulagen für Kinder und sogar im Betrieb mitarbeitende Ehegatten erhalten.
„Es kann sich lohnen, einmal durchzurechnen, ob es tatsächlich sinnvoll ist, sich von der Versicherungspflicht befreien zu lassen“, sagt Norbert Schädlich-Loos. Angesichts der aktuell sehr niedrigen Garantieverzinsung für Private Rentenversicherungen gewinne die staatliche Rente wieder an Attraktivität. Wobei es natürlich auch eine Sache des Vertrauens in unseren Sozialstaat ist, ob man die gesetzliche Rente als eine Säule seiner Altersvorsorge in Betracht zieht.
Eine Beispielsrechnung zur Altersvorsorge:
Der Kfz-Meister hat ein Startkapital von 10.000 Euro.
Ausgegangen wird von vier Prozent Kapitalanlagerendite im Schnitt der kommenden Jahre/Jahrzehnte.
Er spart bis 67.
Er hat einen Ausgabenbedarf (Lebenshaltungskosten etc.) von 3.000 Euro.
Lesebeispiel: Ein 40-Jähriger muss ab sofort unter den genannten Umständen 1.830 Euro auf die Seite legen, um diesen Bedarf zu decken. Denn: aus heute 3.000 Euro werden in 27 Jahren (dann ist er 67) 5.120 Euro. Zu beachten ist dabei, dass natürlich alle Maßnahmen, zum Beispiel auch die gesetzlichen Rentenversicherungsbeiträge, dazu gehören.
Startkapital 10.000 Euro
Bedarf 2013*
Bedarf mit 67*
Komplett-Abdeckung des Bedarfes*
Alter zu Sparbeginn
(nach Inflation 2% p.a.)
Erforderliche Sparrate
30
3.000 €
6.240 €
1.280 €
40
3.000 €
5.120 €
1.830 €
50
3.000 €
4.200 €
3.000 €
*monatliche Angaben; Quelle: Svea Kuschel & Kolleginnen, München, Juni 2013