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TÜV Süd: In Zukunft mehr Prüfaufwand

02.11.2015 11:00 Uhr
TÜV Süd: In Zukunft mehr Prüfaufwand
asp sprach mit TÜV Süd-Vorstandsmitglied Klemens Schmiederer über die künftigen Herausforderungen der Prüforganisation.
© Foto: TÜV Süd

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asp: Herr Schmiederer, Sie sind seit rund sechs Monaten im Vorstand des TÜV SÜD für Mobilität zuständig. Ist die Hauptuntersuchung eigentlich noch das Brot-und-Butter-Geschäft des TÜV?

K. Schmiederer: Ja, in Deutschland und im Automobilbereich auf alle Fälle. Der Markt ist hart umkämpft und das Wachstum schwach. Die Kunden nutzen zudem verstärkt das Serviceangebot, ihr Auto gleich in der Werkstatt prüfen zu lassen. Wir haben dieses Jahr das erste Mal weniger Hauptuntersuchungen in unseren Service-Centern als in den Werkstätten.

asp: Wie kam es zu dieser Entwicklung?

K. Schmiederer: Die Kunden verlangen einen Komplett-Service: Wenn das Auto in der Werkstatt steht, wollen sie auch gleich die Plakette bekommen. Selbstverständlich sind wir auch hier vertreten. Bei großen Autohäusern haben wir einen TÜV SÜD-Sachverständigen ganztägig direkt vor Ort. Wenn das Autohaus kleiner ist, fährt ein Sachverständiger stundenweise hin. Das hängt immer vom Volumen und der Region ab.

asp: Ihre Mitarbeiter werden also weniger in den Service-Centern eingesetzt und mehr in die Werkstätten geschickt?

K. Schmiederer: Zum Teil, ja. Wir haben aber weiterhin über 300 eigene Service-Center. Wir überprüfen gerade, wo in den Service-Centern Investitionsbedarf in den nächsten fünf Jahren besteht und wo nicht. Auch bei unseren Mitarbeitern im mobilen Außendienst passen wir unser Modell den Marktgegebenheiten an. Beispielsweise durch die Optimierung unserer Fahrtrouten, sodass unsere Werkstattund Autohaus-Kunden flexibel und gut betreut werden können.

asp: Eine Hauptuntersuchung ist ja mit hohem Prüfungsaufwand verbunden. Wird das mit dem HU-Adapter einfacher?

K. Schmiederer: Im Grundsatz ja, denn die Verbauprüfung sicherheitstechnischer Elektronikkomponenten ist einfacher geworden. Es ist aber auch zusätzlicher Aufwand dazugekommen wie die Bezugsbremskraftprüfung, seit der HU-Adapter im Einsatz ist. Die HU dauert mit dem Adapter zumindest in der Einführungsphase ein paar Minuten länger, obwohl die Prozesse insgesamt schlanker geworden sind. Wir verwenden den Adapter seit dem 1. Juli in Pkw, die ab 2006 zugelassen wurden. Jeder Sachverständige ist mit einem Adapter ausgestattet. Hier haben wir viel investiert, da die HU-Adapter erst entwickelt werden mussten.

asp: Hat das Auswirkungen auf die Gebühren?

K. Schmiederer: Die zuständige Behörde hat den Gebührenrahmen für die Hauptuntersuchung bislang nicht erhöht. Der Antrag für eine maßvolle Gebührenerhöhung in Deutschland ist vorletztes Jahr gestellt worden. Nachdem die letzte Gebührenanpassung in 2008 erfolgt ist, besteht hier Handlungsbedarf.

asp: Muss sich bei der HU in Zukunft etwas ändern, wenn Autos automatisiert fahren können?

K. Schmiederer: Die HU muss sich ändern, wenn das automatisierte Fahren in den Autos Einzug hält. Es wird internationale Regeln geben, nach denen homologiert und geprüft wird. Das Ganze wird dann in eine periodische Wiederholprüfung eingearbeitet. Allerdings wird das noch ein paar Jahre dauern. Die ISO 26262 und die ISO 15408 werden im Moment massiv überarbeitet. Erstere regelt seit 2012 die funktionale Sicherheit innerhalb des Automobils. Das bezieht sich aber hauptsächlich auf die Homologation. Der Prüfaufwand wird in Zukunft auf alle Fälle zunehmen, denn mehr Komplexität bedeutet mehr Prüfaufwand.

asp: Wie reagieren Sie als TÜV SÜD auf den starken Wettbewerb? Was sind die Aktivitäten, um sich auf dem Markt zu behaupten?

K. Schmiederer: Wichtig ist die Prozesse zu überarbeiten und zu verschlanken. Unsere Software wird zudem erneuert. Damit werden wir die Kunden noch besser bedienen können. Unser Ziel ist es, dass sich die Kunden in unseren Service-Centern noch wohler fühlen. Deshalb arbeiten wir derzeit auch an einem einheitlichen und noch kundenfreundlicheren Konzept für unsere Service-Center.

asp: Warum sollte ein Kfz-Betrieb auf den TÜV SÜD anstatt auf die Konkurrenz setzen?

K. Schmiederer: Unser großer Vorteil sind die Qualität und unsere serviceorientierten Fachexperten für jeden Bereich. Darüber hinaus haben wir ein modulares Dienstleistungsangebot rund ums Autohaus. Der Autohausbesitzer kann sich genau das Portfolio zusammenstellen, welches er für seinen Betrieb benötigt. Das wird für die Autohäuser immer wichtiger, da sie in Zeiten der Konzentration stabile Prozesse beispielsweise beim Gebrauchtwagenmanagement benötigen. Genau diese Dienstleistung bieten wir zusammen mit der HU an.

asp: Was ist neben der HU die größte Dienstleistung des TÜV SÜD?

K. Schmiederer: Das Gebrauchtwagen- und Flottenmanagement sowie unsere umfassenden Consulting-Leistungen im Retail-Bereich (Anm. d. Redaktion: Unternehmensberatung für Autohäuser) nehmen inzwischen den größten Block ein. Die großen Flottenbetreiber wünschen sich Dienstleister, denen sie grenzübergreifend große Teile des Flottenmanagements übertragen können. Sie haben erkannt, dass die TÜV SÜD-Tochtergesellschaft Fleet Logistics durch professionelles Flottenmanagement Kosten senken und Synergien heben kann. Wir haben hier mehr als 180.000 Fahrzeuge in 38 Ländern unter Vertrag. Vor drei Jahren haben wir in Deutschland mit 30.000 Fahrzeugen begonnen.

asp: Wollen Sie auch stärker international agieren?

K. Schmiederer: Ja, der nächste Schritt ist die Internationalisierung. Für die großen OEM machen wir beispielsweise Wertgutachten und Rücknahmen im Ausland. Die Keimzelle war hier in Deutschland und jetzt folgen wir unseren Kunden in die Nachbarländer. Wenn ein Kunde Fahrzeuge zurücknimmt und wieder in den Verkauf einschleust, übernehmen wir die Begutachtung und stellen einen einheitlichen, standardisierten Prozess sicher - über alle Ländergrenzen hinweg. Das minimiert Risiken - vor allem bei großen, international agierenden Kunden. Auch im Flottenmanagement sind wir international aktiv: Hier haben wir eine neue Software, mit der wir beispielsweise simulieren können, was Flotten kosten. Die Software erkennt auch, wenn es in bestimmten Ländern Vergünstigungen für einen geringeren CO2-Ausstoß gibt oder differenziert die Besteuerung für unterschiedliche Kraftstoffe. So können wir das optimale Flottenauto für solche Märkte herausfiltern.

asp: Was ist denn der größte Markt außerhalb Deutschlands?

K. Schmiederer: Der größte Markt im normalen HU-Geschäft außerhalb Deutschlands ist die Türkei. Dort sind wir auch mit Dienstleistungen im Bereich Gebrauchtwagenmanagement gestartet, da dort die Anzahl der Gebrauchtwagen deutlich zunimmt. Die Umsätze laufen dort gut und die Mannschaft ist hervorragend. In China sind wir jetzt ebenfalls aktiv, jedoch mehr auf der Automotive-Seite im Bereich Homologation und Testen. Auch in Spanien sind wir präsent.

asp: Finden Sie eigentlich genügend qualifizierten Nachwuchs, wenn Sie zukünftig auf mehr Wachstum setzen?

K. Schmiederer: Wir stellen im Jahr ungefähr 70 Ingenieure ein und bilden sie auch selbst aus. Dafür haben wir eine eigene Akademie in Ulm. Die Leute müssen intensiv geschult werden, damit die Qualität stimmt und sie keine Fehler machen.

Interview: Ralph M. Meunzel / Alexander Junk

Kurzfassung

Der TÜV SÜD möchte in Zukunft neben der Hauptuntersuchung verstärkt in andere Geschäftsfelder wie Flottenmanagement und Beratungsdienstleistungen investieren. Auch das Auslandsgeschäft möchte die Prüforganisation weiter ausbauen.

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