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Sensibelchen

18.11.2008 12:02 Uhr
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Turboladerschäden

Veränderungen am Abgassystem beeinflussen meist auch die dortigen Druckverhältnisse. Im Fall der Dieselpartikelfilter-Nachrüstung droht womöglich sogar Schaden für den Turbolader.

Die Nachrüstung von Dieselpartikelfiltern hätte für Werkstätten, Autohäuser, Ersatzteilgroßhändler und Filterhersteller sehr erfolgreich werden können. Doch inzwischen wünschen sich viele, sie hätten niemals damit angefangen. Die Nachrüstung ist so gut wie tot und bei der Erneuerung nicht funktionierender Systeme hofft jeder Beteiligte, nicht auf den Kosten sitzen zu bleiben. All das könnte aber nur ein Teil des traurigen Kapitels gewesen sein, dass die Umwelt marginal von sichtbarem Feinstaub befreien sollte. Es gibt Indizien, die dafür sprechen, dass Partikelfiltersysteme, die infolge zu hoher Rußbeladung den Abgasgegendruck in der Abgasanlage erhöhen oder nicht korrekt abgestimmt sind, den Turbolader schädigen. Das würde dem Thema die Krone aufsetzen. Ein Besuch bei Motair, einem auf Vertrieb und Instandsetzung von Turboladern spezialisierten Unternehmen in Köln, soll Klarheit bringen. Doch Motair hat ein Problem: Hier kommen in der Regel nur defekte Turbolader an. Das Fahrzeug dazu fehlt, und eine nähere Beschreibung, was zum Ausfall des Laders geführt hat, liegt in der Regel auch nicht vor. Allerdings kommen die defekten Lader in die erfahrenen Hände von Siegfried Stoll. Seit über 20 Jahren diagnostiziert der Kfz-Meister defekte Turbolader und kommt zu folgendem Schluss: "Seit etwa eineinhalb bis zwei Jahren stelle ich einen verstärkten Verschleiß des Axiallagers fest. Hauptursache dafür ist meiner Meinung nach ein erhöhter Abgasgegendruck.

Totalausfall durch zu hohen Druck

Infolge des zu hohen Drucks wird das Turbinenrad stärker in Richtung Mittelgehäuse gedrückt und entsprechend höher belastet. Das führt in der Folge zum Totalausfall, weil das innere Schmierungssystem des Turboladers gestört wird." Konkret: Die Abdichtung des Laders funktioniert infolge Lagerverschleiß nicht mehr, die Welle hat zu viel Spiel und es entsteht sowohl auf der Turbinenseite (Abgasseite) wie auch der Verdichterseite ein Ölverlust. Das Öl gelangt einerseits in die Abgasanlage, was sich am Endrohr in Form von blauem Rauch zeigt, und kann sich zudem im unteren Bereich des Ladeluftkühlers sammeln. Das wiederum führt schlimmstenfalls zum Ölschlag im Motor. Stoll: "Ich empfehle der Werkstatt in jedem Fall die Gründe für den Ausfall des Turboladers näher zu untersuchen, denn bei Einbau eines neuen Turbos ohne Ursachenforschung ist der nächste Ausfall bereits vorprogrammiert."

Andererseits kann auch ein zu geringer Abgasgegendruck Schäden am Turbolader nach sich ziehen. Dazu Siegfried Stoll: "Wenn man den Gegendruck verringert, ist es möglich, dass der Lader auf der Turbinenseite Öl verliert. Deshalb halte ich wenig von Sportauspuffanlagen an Turbomotoren, die den Abgasgegendruck verringern. Grundsätzlich braucht der Lader einen gewissen Gegendruck, um die innere Abdichtung zu realisieren und um die Drehzahlen zu begrenzen. Man muss immer das gesamte System betrachten und darf die speziell abgestimmten Druckverhältnisse nicht zu sehr verändern."

Rückschlüsse, ob der Abgasgegendruck infolge einer DPF-Nachrüstung steigt, liefert der Kraftstoffverbrauch. Denn ein Motor, der mehr arbeiten muss, verbraucht auch mehr Kraftstoff. Vor einiger Zeit untersuchte der ADAC Nachrüstsysteme von HJS, TwinTec, Remus und Volkswagen in einem VW Golf 1,9 TDI.

0,05 bis 0,15 Liter Mehrverbrauch

Dabei zeigte sich im Schnitt eine Reduzierung der Rußemissionen um rund 45 Prozent. Zudem wurden nach einer 1.500 Kilometer langen Stadtfahrt (mit Durchschnittsgeschwindigkeit 35 km/h und maximaler Geschwindigkeit 60 km/h; hierbei wird der Filter kaum freigeblasen) auf dem Abgasprüfstand auch ein Autobahnzyklus und Konstantfahrten simuliert. In Summe ließ sich ein minimaler Mehrverbrauch von 0,05 bis 0,15 Liter pro 100 Kilometer ermitteln. Doch was sagt ein Anbieter von Dieselpartikelfiltern zum Problem Abgasgegendruck? Jürgen Kopruch, technische Entwicklung bei HJS: "Die bei Motair festgestellten Schäden kann ich nachvollziehen und sie lassen sich durchaus auf einen erhöhten Abgasgegendruck zurückführen. Für Produkte von HJS kann ich aber sagen, dass wir mit unseren nachrüstbaren Dieselpartikelfiltern (offenes System) nur unwesentliche Steigerungen des Abgasgegendrucks (ca. fünf Prozent) ermittelt haben, die keine Folgeschäden erwarten lassen und infolgedessen auch bei einigen Fahrzeug-herstellern als offizielle Nachrüstlösung freigegeben wurden. Die Schäden am Turbolader haben meines Erachtens zwei Ursachen: Die Filter stammen von schwarzen Schafen der Branche, die auch keine Freigabe des Fahrzeugherstellers hatten. Und in der Anfangsphase der Partikelfilteranwendung hatten einige Fahrzeughersteller Probleme mit ihren geschlossenen Systemen – unter anderem mit einem erhöhten Abgasgegendruck."

Entwarnung durch die Hersteller?

Zum Teil Entwarnung kommt von den Laderherstellern. Demnach sind zum Beispiel bei BorgWarner Turbo & Emissions Systems keine erhöhten Ausfallzahlen aufgefallen. "Die Erhöhung des Abgasgegendruckes hat sicherlich Aus-wirkungen auf den Turbolader und den Motor, so zum Beispiel ein Mehrverbrauch. Aber eine Beschädigung, die grundsätzlich durch die Nachrüstung eines Partikelfilters entsteht, sieht BorgWarner nicht. Insbesondere, wenn bei Applikation des Filters und der Erprobung die entsprechende Sorgfalt und Kompetenz eingesetzt wurde", so die offizielle Antwort. Langzeitbetrachtungen werden jedoch in der Praxis durchgeführt, und demnach gibt es bei manchen nachgerüsteten DPF ein Problem mit dem Abgas-gegendruck. Thomas Seidenstücker

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