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Aufgemischt

25.03.2008 12:02 Uhr
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Ethanol-Beimischung

Nach dem Streit um CO2-Grenzwerte, Fahrverbotszonen und unwirksame Rußfilter wird die nächste Umweltsau durchs Dorf getrieben. Diesmal geht es um die spätestens für 2009 angekündigte erhöhte Ethanol-Beimischung bei Ottokraftstoffen und die Anzahl der Fahrzeuge, die diesen E10-Sprit nicht vertragen.

Es war das, was das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" später als das "Wunder von Frankfurt" bezeichnete: Ende Januar revidierten die Hersteller BMW und Daimler fast zeitgleich ihre Aussagen zur Verträglichkeit ihrer Modelle mit dem Ottokraftstoff E10, der wohl ab Anfang 2009 zum Standard an deutschen Zapfsäulen wird. Zunächst hatten beide Automobilhersteller Anfang des Jahres erklärt, dass nur nach 1998 bzw. 1997 produzierte Fahrzeuge für eine Betankung mit der auf zehn Prozent erhöhten Ethanolbeimischung geeignet sind. Dann die Kehrtwende: Fast alle Fahrzeuge seien E10-tauglich, hieß es auf einmal aus den Pressestellen in München und Stuttgart. Was war passiert?

Super Plus 15 Cent teurer

Der ADAC hatte in einem ZDF-Bericht davor gewarnt, dass künftig Millionen von Autofahrern gezwungen sein werden, bis zu 15 Cent teureres Super Plus zu tanken, das als so genannte "Bestandsschutzsorte" weiterhin nur fünf Prozent Ethanol enthalten wird. Andernfalls drohe die so genannte Ethanol-Korrosion und damit Schäden im Bereich der Kraftstoffleitungen und der Einspritzpumpe. Die Autoindustrie, so der Club, wolle Autofahrer auf etwaigen Motorschäden sitzen lassen.

Zudem prangerte der ADAC einen erneuten Griff in die Geldbörse der Autofahrer an. Denn ganz gleich, ob ein Fahrzeug E10-geeignet ist oder nicht, der Sprit wird auf jeden Fall teurer. Zudem ergibt sich für Fahrer von Modellen mit E10-Freigabe ein Mehrverbrauch, weil Ethanol einen geringeren Energiegehalt hat. Der Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes, Klaus Picard, rechnet daher mit Mehrkosten von sechs Cent pro Liter, was an einigen Tankstellen genau der Preisdifferenz zwischen den beiden Sorten entspricht.

Nur 375.000 Fahrzeuge?

Geht Europas größter Autoclub auf die Barrikaden, ist auch für die mächtige Autoindustrie Gefahr im Verzug. Die Lösung: Schnell wurden die eigenen Aus-sagen revidiert und in Einklang zum Ver-band der Automobilindustrie (VDA) ge-bracht, der auch nach Ausstrahlung des Berichts im ZDF-Magazin "Frontal 21" darauf beharrte, "dass in Deutschland nur ca. 375.000 Fahrzeuge und somit gut ein Prozent des gesamten Pkw-Bestands auf den Super Plus-Kraftstoff (...) umsteigen müssen." Das "Wunder von Frankfurt", dem VDA-Verbandssitz, war geboren.

Die Wogen wurden dadurch jedoch keineswegs geglättet: Zu plump gestaltete sich diese Wandlung der Aussagen. Zudem mussten einige volumenstarke Hersteller wie Opel und Renault einräumen, noch keine endgültigen Aussagen zur Ethanolverträglichkeit ihrer Modelle treffen zu können. Damit war auch für Umweltminister Sigmar Gabriel schnell klar: "Die Verbandszahlen reichen nicht mehr. Wir wollen echte Hersteller-Zahlen." Der ADAC rechnet nach wie vor mit mindestens 2,25 Millionen Einheiten, die keine E10-Freigabe erhalten werden. Bis Ende März sollen nun verbindliche Zahlen und Modellangaben vorliegen. Den bisherigen Stand haben wir in der Tabelle auf der gegenüberliegenden Seite zusammengefasst. Fest steht bereits jetzt: Erneut haben Hersteller und insbesondere ihr als Sprachrohr fungierender Ver-band die Resonanz eines Umweltthemas unterschätzt. Die Hersteller sind nicht nur deshalb so begeisterte E10-Fans, weil sie dadurch eine schnellere Erneuerung des immer älter werdenden Fahrzeugbestands erhoffen. Wenn man sich die politische Diskussion um einheitliche europäische CO2-Grenzwerte für Neuwagen ansieht, wird schnell klar, warum sie so vehement für eine schnelle Einführung des E10-Kraftstoffs plädieren. Dank eifriger Lob-byarbeit in Brüssel konnte die Autoindustrie nämlich eine Milderung der strengen Vorgaben erreichen. So wurden von den EU-Kommissaren nicht nur die Autohersteller in die Pflicht genommen: Auch Sprit sparende Reifen, Verkehrsleitsysteme, Biokraftstoffe oder umweltschonendes Fahrverhalten sollen zum Erreichen der Obergrenze beitragen, so dass nach heftigem Streit die Obergrenze für die Hersteller auf 130 g/km bis 2012 festgelegt wurde. Bereits das ist sehr ehrgeizig. Noch ehrgeiziger würden die Vorgaben aber, müsste man auf die vermeintliche CO2-Entlastung durch eine erhöhte Ethanol-Beimischung verzichten. Dass der Umweltnutzen von Ethanol und Co. je nach Herstellungsmethode äußerst zweifelhaft ist, und dass es derzeit noch kein einheitliches Zertifizierungssystem dafür gibt, ist dabei offenbar unerheblich.

OECD fordert Subventionsstopp

Die Organisation für wirtschaftliche Zu-sammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat die weltweite Abschaffung von Sub-ventionen für Biokraftstoffe gefordert, weil sie zu rapide steigenden Lebensmittelpreisen und der möglichen Zerstörung natürlicher Lebensräume führe. Zudem handele es sich um eine nicht ausgereifte Technik mit begrenztem Nutzen im Hin-blick auf den Klimawandel. Der Naturwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker stieß ins gleiche Horn: Erst durch die Produktion von aus pflanzlichen Abfallstoffen gewonnenem Biokraftstoff der zweiten Generation gebe es eine Chance, einen Beitrag zur Senkung des CO2-Ausstoßes zu leisten, erklärte er im vergangenen Herbst. Fazit: Es ist nicht alles grün, was glänzt. Niko Ganzer

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