Möglichkeiten der Abgasuntersuchung
Emissionen aus den Verbrennungsmotoren sind ein globales Problem, bei welchem neue Erkenntnisse, Gesetze und Technologien schnell aufeinander folgen. Die Endrohranalyse in der Werkstatt gewinnt dabei an Bedeutung.
Wenn Abgase unangenehm riechen oder Smog die Sicht behindert, wird jedem die Auswirkung des Verkehrs, des Heizens mit fossilen Brennstoffen und der Industrie-emissionen sofort bewusst. Dank strenger Abgasnormen für Automobile, für Haushaltsheizungen, Kraftwerke und die Industrie sind die negativen Wirkungen von Abgasen mit den normalen Sinnen kaum noch wahrnehmbar. Doch dieser Schein trügt, denn die unsichtbaren, nicht wahrnehmbaren Abgasbestandteile in unserer Atemluft sind oft besonders gefährlich.
Studien zeigen Fakten auf
Um die Emissionen der Autos auf dem geringst möglichen Stand zu halten, wird schon seit vielen Jahren das Abgasverhalten jedes Fahrzeugs im Rahmen der AU überprüft. Mit der OBD wurde eine Technologie eingeführt, bei welcher sich abgasrelevante Systeme im Fahrzeug kontinuierlich selbst überwachen. Automobilhersteller und Gesetzgeber waren von diesem System so überzeugt, dass die periodische Endrohrprüfung im Rahmen der AU bei OBD-Fahrzeugen unter gewissen Umständen entfallen kann. Zwei Studien haben inzwischen wissenschaftlich belegt, dass dies der falsche Weg war und die Endrohrprüfung unentbehrlich ist. Das OBD-System hat seine Berechtigung, doch ist nicht in der Lage alle abgasrelevanten Fehler zu erkennen. Bei einer Endrohrprüfung hingegen fallen Fehler sofort auf.
Veraltete Zulassungs- und Prüfbestimmungen haben dazu geführt, dass mit der aktuell für die AU zugelassenen Messtechnik das Abgasverhalten von Dieselmotoren nicht mehr überprüft werden kann. So ist zum Beispiel bei Fahrzeugen mit Partikelfilter mit den bisherigen Opazimetern keine Rauchgastrübung zu messen. „Diesem Problem sind die Hersteller der Abgastestgeräte mit der Entwicklung einer neuen, hochempfindlichen Messtechnik nach dem Laser-Streulicht-Prinzip begegnet“, so Antonio Multari, Leiter Projektmanagement bei MAHA und Mitglied des CITA Arbeitskreises Umweltschutzsysteme. Die ersten Geräte gehen gegenwärtig in aufwändigen Testreihen bei der PTB ihrer Zulassung für die Abgasuntersuchung entgegen. Allerdings sind die Grenzwerte, die so genannten Plakettenwerte, deren Einhalten im Rahmen der AU überprüft wird, überholt und zum Teil sogar falsch berechnet. So spiegeln die aktuellen Plakettenwerte in keiner Weise die niedrigen Emissionswerte wieder, wie sie zum Beispiel von Euro 5 Fahrzeugen verlangt werden. In Studien zu diesem Thema fordern Experten daher eine Verschärfung der Plakettenwerte.
Bessere Abgasaufbereitung
Stück für Stück wird die Automobiltechnik verbessert und werden die Emissionsgrenzwerte verschärft, wie die Abgasnormen Euro 5 und Euro 6 zeigen. Auf europäischer Ebene erfolgt Stück für Stück eine Anpassung der Gesetze für die Abgasanalyse und entwickeln Werkstattausrüster Prüftechnik für moderne Prüfverfahren. Doch inzwischen zeichnet sich bereits ein neues Problem ab. So wurde festgestellt, dass Ottomotoren mit Direkteinspritzung anzahlmäßig fast ebenso viele Partikel ausstoßen wie alte Dieselmotoren. Allerdings sind diese Partikel nicht so gefährlich für die menschliche Gesundheit wie Dieselruß. Technologisch lassen sich diese Partikelemissionen eines Motors senken. Auch eine solche Technik müsste im Rahmen einer AU überprüft werden.
Stickoxide reduzieren
Doch nicht nur Partikel verursachen gesundheitliche Probleme. In den Abgasen sind auch Stickoxide (NO2) enthalten. Dabei handelt es sich um ein unsichtbares Gas, welches sich über dem Boden in Straßenschluchten ansammelt und sich nur schwer verflüchtigt. Stickoxide sind aggressiv und reizen Augen und Schleimhäute. Besonders bei Kindern, welche oft besonders hohen Stickoxid-Konzentrationen ausgesetzt sind, kommt es häufig zu Erkrankungen der Atemwege. Zunehmend mehr Fahrzeuge sind bereits mit Systemen für die Reduzierung der Stickoxide ausgerüstet, doch auch deren Funktion wird aktuell nicht in der periodischen Abgasuntersuchung geprüft.
In den USA, Mexico, Ecuador, Korea, Hongkong sowie Australien gibt es bereits periodische Stickoxid-Messungen. Wie eine zeitgemäße Prüfung von Stickoxiden aussehen kann, zeigt die Region Santiago de Chile, in der seit 2008 ein Prüfstellen-Netz eingerichtet wurde. Hier werden die Fahrzeuge unter Last auf so genannten ASM-Prüfständen (ASM steht für Acceleration Simulation Mode, also Beschleunigungs-Simulations-Modus) geprüft. Die Fahrzeuge müssen zwei Prüfpunkte, 24 km/h und 40 km/h anfahren. Auf diese Weise wird eine realistische Stickoxidmessung möglich. Zusätzlich werden wie von der AU bekannt CO, CO2, HC, O2 und Lambda erfasst. So lässt sich auch die Funktion des Katalysators prüfen. Der Test dauert nur vier Minuten.
Nachdenken in Europa
Dass über eine Stickoxidmessung auch in Europa nachgedacht wird, zeigt die so genannte TEDDIE-Studie, welche zum Jahreswechsel abgeschlossen wurde. Geführt wurde dieses von der EU in Auftrag gegebene Projekt von der CITA (International Motor Vehicle Inspection Committee). In dieser Studie, deren Ergebnisse noch nicht veröffentlicht wurden, hat man untersucht, welche Möglichkeiten sich durch den Einsatz der Partikel- und der Stickoxidmessung bei Dieselmotoren mit modernen Abgasnachbehandlungssystemen ergeben. Damit wird quasi die Grundlagenarbeit für die Weiterentwicklung der periodischen Abgasuntersuchung in Europa geleistet.
Generell sind in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche Fortschritte bei der Reduzierung der Emission von Kraftfahrzeugen erzielt worden. Mit zum Teil beachtlichem Aufwand werden die strengsten Abgasnormen erfüllt und die Neuwagen entsprechend homologiert. Doch bei der Überprüfung der Fahrzeuge lange nach der Zulassung werden die modernen Abgasnachbehandlungssysteme gar nicht oder mit veralteten Methoden gemessen und oft überholte Grenzwerte verwendet.
Als vor gut zwei Jahren die Diesel-AU öffentlichkeitswirksam in den Publikumsmedien in Frage gestellt wurde, weil mit der Messtechnik selbst defekte Partikelfilter nicht erkannt wurden, war die Aufregung groß. Dabei zeigte dies doch auch, dass seit der Einführung der AU vor fast 20 Jahren die Emissionen der Autos stark gesunken sind. Einer von vielen Schritten, um Mensch und Umwelt vor den Einflüssen der Abgase zu bewahren.
Der Erfolg der Umweltzonen
Dass auch scheinbar kleine Maßnahmen beachtliche Effekte haben, zeigen die Umweltzonen in Europa. Schon bei ihrer Einführung wurden sie als wirkungslos kritisiert, doch das Gegenteil ist der Fall. Dazu muss man wissen, dass ca. 20 Prozent des Feinstaubs hochtoxisch sind. In Umweltzonen ist dieser Anteil 6 bis 12 Prozent geringer. Allein dies senkt das Gesundheitsrisiko um 30 bis 60 Prozent. Um das zu erreichen, dürfen Umweltzonen nicht zu klein sein und dürfen nicht zu viele Ausnahmen erlauben. Dies hat das Helmholtz Institut in einer Studie ermittelt. Damit ist erwiesen, dass die Umweltzonen viel erfolgreicher sind als ihr Ruf und dass auch vermeintlich kleine Maßnahmen Erfolg haben. Auch jede AU ist letztlich ein Stück Umweltschutz und deshalb lohnt sich deren Verbesserung. Bernd Reich
▶ Umweltzonen sind Bezirke, in die nur Fahrzeuge mit geringem Schadstoffausstoß einfahren dürfen
- Ausgabe 1/2012 Seite 29 (426.2 KB, PDF)