Der europaweit schwächelnde Automarkt kommt Neuwagenkäufern entgegen – überraschenderweise bleiben die Wartezeiten für bestellte Fahrzeuge aber sehr hoch. Trotz der schleppenden Verkäufe scheinen die Autobauer Probleme zu haben, mit ihren Produktionssystemen flexibel genug auf den Marktbedarf zu reagieren. Das sind Ergebnisse einer am Freitag vorgelegten Studie des Zentrums für Automotive Research (CAR) an der Uni Duisburg-Essen.
Demnach steht der europäische Automarkt vor der größten Absatzkrise seit Mitte der 90er Jahre. Wie berichtet, wurden in den ersten beiden Monaten des laufenden Jahres 164.000 Fahrzeuge weniger verkauft als im Vorjahr. Mit Ausnahme von Hyundai, Mercedes, Mini, Jaguar/Land Rover und Skoda waren alle Hersteller von dem Rückgang betroffen.
"In den nächsten Monaten muss mit weiter sinkenden Verkäufen in Europa gerechnet werden. 2012 wird das schlechteste Jahr in Europa seit 18 Jahren", schreibt CAR-Direktor Ferdinand Dudenhöffer. Viele Autobauer lebten bei ihren Aufträgen derzeit "von der Hand in den Mund". Die deswegen anhaltende Rabattschlacht zeige sich in Deutschland etwa an den vielen taktischen Tages- oder Kurzzulassungen der Autobauer.
Dennoch müssten sich Kunden, die ein individuelles Auto bestellen, im Schnitt 3,6 Monate auf die Auslieferung gedulden. Bei Volkswagen betrage die Wartezeit hierzulande sogar fünf Monate – der Höchstwert. "Dabei hat auch VW trotz Marktanteilsgewinnen in Europa mit dem Verkaufsrückgang zu kämpfen", so Dudenhöffer.
Sieben Monate Wartezeit auf VW Tiguan
Er rechnet vor, dass der VW Golf im Schnitt 18 Wochen Lieferzeit habe – also gut vier Monate. Bei Golf-Kombi und Tiguan seien es sogar 32 Wochen und damit locker sieben Monate. Die drei genannten Varianten entstehen auf ein und derselben Plattform, was Dudenhöffer angesichts der unterschiedlichen Lieferzeiten umso mehr als ein Symptom fehlender Flexibilität wertet.
Generell sieht der Experte in dem Widerspruch aus sinkender Nachfrage und langer, teils sogar weiter steigender Wartezeit ein Anzeichen für unflexible Produktionssysteme, mit denen die Hersteller nur sehr träge auf den Markt reagieren könnten. Das sei auf Dauer gefährlich. "Wenn in einem schwachen Markt potenzielle Kunden noch länger auf ihren Neuwagen warten müssen, besteht die große Gefahr, dass Kunden zum Wettbewerber gehen." (dpa)
NRT