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Online-Teilehandel: Turbo für den Teileshop

22.10.2015 11:00 Uhr

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Nun haben auch Finanzinvestoren den Handel mit Kfz-Ersatzteilen im Internet als lukratives Geschäftsmodell identifiziert. Einen der größten Anbieter von Autoteilen im Internet, das Portal kfzteile24, hat der schwedische Investor EQT im Oktober mehrheitlich übernommen. Der Onlineshop, den die beiden Gründer Matthias Kieper und Torsten Hainke 2001 aufgezogen haben, machte zuletzt einen Jahresumsatz von 114 Millionen Euro und beschäftigt 500 Mitarbeiter. Der Vertriebskanal Internet bringt das traditionelle Geschäftsmodell, bei dem der Großhändler die Werkstatt mit Ersatzteilen beliefert, kräftig durcheinander. Immer mehr Autofahrer suchen sich Ersatzteile für eine Reparatur selbst im Onlineshop zusammen. Mit den im Internet erstandenen Teilen tauchen sie dann nicht selten bei ihrer Werkstatt auf. Schlagendes Argument für die neue Online-Shopping-Lust ist der günstige Preis: Im Internet sind Kfz-Teile durchschnittlich um 20 Prozent billiger. Zu diesem Ergebnis kommt der Verein Freier Ersatzteilemarkt (VREI) in seiner zweiten europäischen Studie zum Onlinehandel mit Kfz-Ersatzteilen, die der Verein zusammen mit dem Marktforschungs- und Beratungsunternehmen 2hm & Associates im Herbst vorgelegt hat.

Werkstatt statt Privatmann

Eine weitere zentrale Erkenntnis der Untersuchung, die wichtige Trends in sechs größten europäischen Ländern analysiert: Online-Webshops haben nicht mehr nur den privaten Endkunden und Hobbyschrauber im Visier. Der Anteil der gewerblichen Kunden - also Werkstätten, Autohäuser, Tankstellen und andere Händler - liegt mittlerweile bei rund einem Drittel aller Bestellungen, wie VREI-Vorstand Thomas Fischer gegenüber asp AUTO SERVICE PRAXIS erläutert. Aus dem gewerblichen Bereich kommen sogar derzeit die stärksten Wachstumsimpulse, weil der Hobbyschrauber-Markt offenbar langsam an eine Sättigungsgrenze kommt, wie Fischer glaubt. Dies habe zur Folge, dass die Wachstumsdynamik des Onlinehandels im Aftersales-Teilemarkt zuletzt etwas nachgelassen hat. Lagen die jährlichen Wachstumsraten im Zeitraum 2012 bis einschließlich 2014 in fast allen europäischen Ländern noch im zweistelligen Bereich, lassen die neuesten VREI-Zahlen eine Verlangsamung der Wachstumsdynamik erkennen. In allen untersuchten europäischen Ländern dürften die Wachstumsraten im betrachteten Prognosezeitraum bis 2018 unter die Zehn-Prozent-Schwelle sinken. Aber: Der Anteil der gewerblichen Online-Käufer könnte schon in wenigen Jahren bei 50 Prozent liegen.

Hunderte von Webshops

Der Markt mit Ersatzteilen inklusive Reifen liegt laut Zahlen des Marktforschungs- und Beratungsunternehmens Wolk After Sales Experts in Deutschland bei rund 21 Milliarden Euro - ohne Arbeitsstunden und Mehrwertsteuer. Der Anteil der über das Internet verkauften Ersatzteile liegt derzeit bei rund zwei Milliarden Euro, wie Aftersales-Experte Antti Alexander Wolk vorrechnet ( siehe Interview). In der Studie "Autoteile Webshops in Deutschland" haben die Aftermarket-Experten die Umsätze von 108 Onlineshops mit über einer Million Euro Umsatz analysiert. Mangels offiziell ausgewiesener Zahlen seitens der Shops wurden die Umsätze allerdings teilweise geschätzt, beispielsweise anhand von Transaktionsbewertungen bei Ebay.

Eine bereits 2014 vorgelegte Studie zum Online-Teilemarkt von Roland Berger beziffert den Teilemarkt in Deutschland ohne Pannenersatzteile, Hauptuntersuchung, Arbeitszeit und Mehrwertsteuer für 2013 auf 14,9 Milliarden Euro. Elf Prozent wurden laut Roland Berger 2013 über den Online-Kanal gehandelt. Die Unternehmensberatung sagt dem Onlinehandel ein kräftiges Wachstum voraus: In der Prognose für das Jahr 2025 schätzt Roland Berger den Online-Anteil auf 20 Prozent im Ersatzteilemarkt.

Amazon steht erst am Anfang

Den größten Umsatz erzielt mit geschätzten 980 Millionen Euro Jahresumsatz der Marktplatz Ebay Motors, über den allein in Deutschland rund 15.000 Anbieter ihre Teile anbieten. Ebay fungiert getreu seinem Geschäftsmodell nur als Vermittler, der von Provisionen lebt. Der eigentliche Geschäftsabschluss findet zwischen Käufer und dem einzelnen Webshop statt. Nach dem gleichen Prinzip arbeiten Marktplätze wie Daparto oder Teilehaber - die insgesamt geschätzte 30 Millionen Euro oder 1,5 Prozent gemessen am gesamten Online-Teilemarkt umsetzen. Großes Wachstumspotenzial bei Kfz-Teilen schreiben Experten auch dem Handelsriesen Amazon zu, über den bislang vor allem einfache Verschleißteile und Zubehör vertrieben werden. Der Jahresumsatz liegt für diese Produktgruppe bei 200 Millionen Euro.

Der klassische Teilehandel kann sich dieser Entwicklung nicht verschließen. Offensiv gehen die angestammten Großhändler den Online-Vertriebskanal aber offenbar nicht an. Man betrachtet das Geschäft über Webshops eher skeptisch und handelt nach Einschätzung von Branchenkennern

eher im Verborgenen - beispielsweise über stille Beteiligungen an Onlinehändlern. Auch die Teileindustrie tut sich schwer mit dem Online-Vertriebskanal. Die Hersteller wollen sich das Geschäft mit dem angestammten Großhandel nicht verderben, indem Teile im Onlineshop billiger verkauft werden. Das Gros der über Webportale gehandelten Teile sind einfache Ersatzteile oder Verschleißteile wie Scheibenwischer, Filter, Schmierstoffe, Reifen oder Batterien. Allein der Handel mit Reifen oder Reifenteilen macht etwa 30 Prozent des Volumens aus, gefolgt von Leuchtmitteln und Schmierstoffen.

Vorreiter Reifenhandel

Der Reifenhandel gilt als Vorbild und Vorreiter für den Onlinehandel mit Kfz-Teilen. Interessant: Das auf den B2B-Handel spezialisierte Portal Tyre24, das sich als Bindeglied zwischen Reifengroß- und Einzelhandel versteht, hat sein Portfolio bereits um Verschleißteile und Werkstattzubehör sowie Tuningteile erweitert. Das Angebot richtet sich an gewerbliche Kunden, also Werkstätten und Autohäuser. Wie im Reifengeschäft auch, tritt Tyre24 im Teileshop nicht selbst als Verkäufer auf, sondern stellt nur die Online-Plattform für die Geschäftsabwicklung zur Verfügung. Die Ersatzteil-Identifizierung erfolgt wie bei vielen anderen Kfz-Web shops auf der Basis des Teile-Katalogsystems Tecdoc. Für den Reifengroßhandel sind solche Plattformen Fluch und Segen zugleich. Einerseits sind sie ein zusätzlicher Vertriebskanal mit hohen Reichweiten. Andererseits begibt man sich ab einer gewissen Umsatzgröße über die Portale in ein fatales Abhängigkeitsverhältnis und einen gnadenlosen Preiskampf.

Alarmierend für den klassischen Teilehandel sollte die Tatsache sein, dass Portale wir Tyre24 schon heute die Möglichkeit zur Expresslieferung bieten. Das bestellte Produkt ist dann innerhalb von 24 Stunden beim Empfänger. Bislang galten die vergleichsweise langen Lieferzeiten der Web-shops als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal vom klassischen Belieferungssystem des Großhandels mit mehreren Auslieferungen pro Tag. Würde sich die taggleiche Lieferung im Onlinehandel etablieren, fiele auch diese logistische Hürde. Es ist vor diesem Hintergrund kein Zufall, dass Amazon in Großstädten wie München bereits mit Same-Day-Delivery-Konzepten experimentiert.

Kurzfassung

Spezialisierte Webshops und Marktplätze wie Ebay Motors haben sich als Vertriebsweg für Kfz-Ersatzteile fest etabliert. Der klassische Großhandel reagiert auf die Herausforderung zögerlich. Zunehmend erobert das Internet auch den B2B-Bereich.

Interview Antti Alexander Wolk

Wie hoch ist der Anteil der Webshops am gesamten Teilemarkt?Antti Alexander Wolk: Wir schätzen den Onlinemarkt für Kfz-Ersatzteile auf ca. zwei Milliarden Euro. Der Gesamtmarkt liegt bei rund 21 Milliarden. Das Endkundengeschäft ist vom B2B-Markt allerdings nicht scharf zu trennen. Deshalb haben wir in der Studie ausgerechnet, wie viel Umsatz über den Onlinekanal generiert wird. Ganz unabhängig davon, ob im Einzelfall ein Autobastler bestellt, ein Schwarzarbeiter oder eine Werkstatt. Bei den meisten Shops liegt der Schwerpunkt immer noch bei privaten Anwendern, die über gewisse Fachkenntnis verfügen.Wie lassen sich die Webshops einteilen?Man findet sowohl spezialisierte Anbieter, die sich auf ein Segment wie Reifen oder Beleuchtung spezialisiert haben, als auch Generalisten. Daneben gibt es Marktplätze wie Ebay oder Amazon. Unter Ebay Motors beispielsweise tummeln sich rund 15.000 Shops, die auf dieser Plattform ihre Kfz-Teile anbieten.Welcher Shop ist derzeit der größte gemessen am Umsatz?Das ist ganz klar Ebay und zwar mit weitem Abstand zum Rest. Ebay Motors macht mit 980 Millionen Euro fast 50 Prozent des Online-Umsatzes im Teilebereich. Amazon wächst als Wettbewerber ebenfalls im Kfz-Teilemarkt. Im Moment werden dort vor allem leicht verständliche Dinge wie Öl oder Scheibenwischer gehandelt. Wir rechnen bei Amazon mit einem deutlichen Wachstum, ebenso bei großen Shops wie kfzteile24 oder ATP.Was ist zur Qualität der gehandelten Teile zu sagen?Wir haben das nicht untersucht. Aber jeder Shop hat Identteile namhafter Anbieter im Programm. Natürlich sind auch Produkte aus Fernost unter eigener Marke zu finden. Die Preise der Premium-Marken sind teilweise so niedrig, dass die Budget-Produkte gar nicht so attraktiv sind. Das größere Problem ist also das Pricing und nicht die Qualität.Hat der klassische Teilehandel das Thema Online verschlafen?Die klassischen Anbieter wollen mit ihren traditionellen Händlern nicht in Konflikt kommen indem sie Teile im Internet zu anderen Preisen anbieten. Natürlich würde jeder gerne das Geschäft mitnehmen, aber alle Marktteilnehmer stehen unter der Beobachtung des klassischen Handels. Bisher hat es niemand geschafft, beide Kanäle erfolgreich zu kombinieren. Am besten funktioniert das bei den Ketten wie ATU oder Vergölst. Im Ausland ist die Situation anders: Europe Car Parts ist in Großbritannien der größte Distributor und gleichzeitig der größte Online-Händler. Der klassische Teilehandel in Deutschland tut sich derzeit schwer mit klaren Aussagen, wie man mit der Herausforderung Onlinehandel strategisch umgeht.

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