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Neues Klima-Kältemittel: Experte empfiehlt weitere Tests

27.10.2011 13:14 Uhr
Prof. Alex Lechleuthner
Prof. Alex Lechleuthner
© Foto: Alex Lechleuthner

Der Leiter des Instituts für Notfallmedizin der Berufsfeuerwehr Köln sieht weiteren Informationsbedarf hinsichtlich der Gefährlichkeit von R-1234yf. Reine Laborversuche hätten eine zu geringe Aussagekraft.

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Verwirrung gibt es nach wie vor um das neue Klimaanlagen-Kältemittel R-1234yf, nachdem kürzlich bekannt wurde, dass es selbst innerhalb der Feuerwehr unterschiedliche Auffassungen zur Gefährlichkeit der Chemikalie im Fall eines Fahrzeugbrands gibt (wir berichteten). Wir haben bei einem Experten nachgefragt: Prof. Alex Lechleuthner ist seit 1995 Leiter des Instituts für Notfallmedizin der Berufsfeuerwehr Köln und seit 2005 nebenamtlicher Professor am Institut für Rettungsingenieurwesen und Gefahrenabwehr an der Fachhochschule Köln. Ein Arbeitsschwerpunkt des promovierten Mediziners und Naturwissenschaftlers ist dabei das Management von Gefahrstoffunfällen mit Personenschaden. asp: Herr Prof. Lechleuthner, der Berufsverband Feuerwehr fordert ein Verbot des neuen Klimaanlagen-Kältemittels R-1234yf, der Deutsche Feuerwehr Verband erkennt kein höheres Risiko. Wie gefährlich ist R-1234yf wirklich? Prof. Lechleuthner: Eine seriöse Einschätzung einer konkreten Gefährdung durch R-1234yf in Autoklimaanlagen ist mit den bisher vorliegenden Informationen aus rettungsmedizinischer Sicht noch nicht möglich. Aus diesem Grund bleiben nur Bewertungen der Informationen der Hersteller bzw. der Institutionen übrig, die sich zu R-1234yf äußern. Naturgemäß fallen diese Bewertungen je nach Blickwinkel sehr unterschiedlich aus. asp: Aber es gibt doch bereits zahlreiche Tests! Prof. Lechleuthner: Bei den Ergebnissen derartiger unter speziellen und meist auch nicht genau nachvollziehbaren Bedingungen gemachter Tests eröffnet sich ein breiter Raum für Spekulationen, wie sich in der Presse auch nachlesen lässt. asp: Dort war kürzlich u.a. ein durch Flusssäure verunstalteter Schweinekopf zu sehen... Prof. Lechleuthner: Die derzeit größte Befürchtung scheint in der Tat nicht die Entflammbarkeit des Kältemittels zu sein, da es auch zahlreiche andere Brandlasten und Brandquellen gibt, sondern die beim Abbrand des Kältemittels entstehende Flusssäure. Festzuhalten ist aber, dass in Brandgasen regelmäßig giftige Gase enthalten sind. Hier ist an erster Stelle Kohlenmonoxyd zu nennen. Insofern muss man bei der Betrachtung von Giftigkeit und Schäden bei Menschen immer die gesamte Zusammensetzung und die typischen Ereignisse, sowie die Abstände zu Personen betrachten. Eine isolierte Betrachtung einer einzelnen Chemikalie bzw. eines Giftstoffes lenkt dabei häufig die Aufmerksamkeit auf einen Bestandteil, der in einem konkreten Brandgas nur in sehr geringen Anteilen enthalten ist. Häufig sind hier z.B. Diskussionen um Blausäure, das isoliert betrachtet hochgiftig ist, in vielen Brandgasen jedoch eindeutig von einer hohen Konzentration an Kohlenmonoxyd im Hinblick auf die Giftwirkung übertroffen wird. asp: Das heißt, Flusssäure ist zwar schädlich, aber andere Gifte bei einem Fahrzeugbrand sind noch schädlicher? Prof. Lechleuthner: Bei R-1234yf stellt sich die Frage, ob es bei der praktischen Anwendung in Klimaanlagen von Fahrzeugen bei Unfällen bzw. Bränden zu so hohen Konzentrationen an Flusssäure in die Brandgase kommen kann, dass Menschen in typischen Abständen weitere Schäden erleiden können, also Schäden die z.B. über Kohlenmonoxyd hinaus entstehen. Ich sage es nochmal: Nach dem derzeitigen Informationsstand können bislang keine verlässlichen Angaben dazu gemacht werden. asp: Die Feuwehrleute und andere Einsatzkräfte werden nun aber sicherlich nicht Versuchskaninchen spielen wollen, oder? Prof. Lechleuthner: Aufgrund der zahlreichen Befürchtungen sind die Hersteller des Kältemittels sicher gut beraten weiter zu klären, was R-1234yf im konkreten Anwendungsfall "Autoklimaanlage" für ein Verhalten im Brandfall bzw. bei anderen Störungen zeigt und welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. asp: Sollte die Feuerwehr nicht selbst solche Tests durchführen oder zumindest fachlich begleiten? Prof. Lechleuthner: Damit derartige Tests aussagekräftig sind, muss ein sehr hoher apparativer und personeller Aufwand im Sinne von "Laborbedingungen" betrieben werden. Feuerwehren sind einsatzbezogen ausgerüstet und geschult. Derartige Tests und Untersuchungen können nur hochspezialisierte Einrichtungen leisten. Das Interview führte Niko Ganzer.

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