Die Chemiker arbeiten bereits eifrig an den Ölen, die morgen in den Verkaufsregalen stehen. Dabei ist die Marschrichtung bei der Entwicklung neuer Motorenöle klar: Kombilösungen, also Schmierstoffe, die den Vorgaben verschiedener Auto-Hersteller genügen, sind ein Auslaufmodell. "Die eierlegende Wollmilchsau gehört der Vergangenheit an. Wir werden in wenigen Jahren eine deutlich gestiegene Produktvielfalt sehen", prophezeit Volker Clasen, Technik-Experte bei Castrol. Die Vorgaben der Hersteller würden bei der Entwicklung von Ölen immer spezifischer, Motorenöle sollen exakt an die Motorencharakteristik angepasst sein. Die raschen Veränderungen in der Motorentechnik geben den Takt vor: Das Prinzip "Downsizing" bei der Motorenentwicklung, also gleiche Leistung bei weniger Hubraum, geht einher mit höheren Drücken und steigenden Temperaturen im Brennraum. Das Druckniveau aktueller Antriebe ist innerhalb eines Jahrzehnts um rund 25 Prozent gestiegen. Die Temperatur liegt bei modernen Kolben bei bis zu 350 Grad. Das muss das Motorenöl aushalten. Der Trend geht zu niedrigen Viskositäten - mit den 5W-30-Motorenölen ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. In den nächsten Jahren wird ein Wechsel bei den SAE-Klassen stattfinden. 5W-16 und 0W-16-Motorenöle heißen die nächsten Stationen. Schon in zehn Jahren könnten Viskositäten von 12 und 8 an der Tagesordnung sein. Glaubt man den Herstellern, werden mineralölbasierte und teilsynthetische Schmierstoffe künftig praktisch keine Rolle mehr spielen. An ihre Stelle treten Vollsyntheseöle mit neu entwickelten Additivpaketen.
Die Bedeutung der freien Werkstätten hat in den letzten Jahren zugenommen. Das wissen auch die Ölhersteller und haben diesen Vertriebskanal genau im Blick. Neben Marketingmaßnahmen und Schulungen sichern sich die Hersteller über den Teilegroßhandel die Präsenz im Servicebetrieb. Dort wird der Beratungsbedarf beim Ölwechsel eher zunehmen. Die Betriebe sollten darauf vorbereitet sein.
Die wichtigsten Trends
Der Markt für Motorenöle wird wegen längeren Wechselintervallen und kleineren Motoren insgesamt leicht zurückgehen. Dafür werden die Anforderungen an das Öl anspruchsvoller:- Downsizing der Motoren bedingt höhere Drücke und Temperaturen.- Der Trend geht zu geringerer Viskosität, um Reibungsverluste zu minimieren und den Kraftstoffverbrauch zu senken.- Die heute gängigen 5W-30-Schmierstoffe werden ersetzt, in wenigen Jahren werden sogar Öle der Viskoseklassen SAE 0W-16, 0W-12 und 0W-8 an der Tagesordnung sein.- Produkte, die Vorgaben mehrerer Hersteller erfüllen, verlieren an Bedeutung.
EXXON MOBILNiedrigviskosDer Trend zu geringeren Viskositäten macht sich in der Produktpalette von Exxon Mobil bemerkbar. Sowohl für den asiatischen als auch für den amerikanischen Markt werden laut Hersteller derzeit Motorenöle in den Viskositätsklassen SAE 0W-16, 0W-12 sowie 0W-8 entwickelt und auch in Europa werden deren Einsatzmöglichkeiten geprüft. Der Hersteller weist darauf hin, dass mit der zu erwartenden Einführung des Abgaspartikelfilters für Ottomotoren künftig spezielle Low-Ash-Schmierstoffe erforderlich sein könnten. Längerfristig werde sich auch das Belastungsprofil der Motorenöle durch die Hybridisierung der Fahrzeuge ändern, weil der Verbrennungsmotor dann nur noch sporadisch betrieben wird. Bis Mitte 2016 werden laut Exxon Mobil zahlreiche europäische Fahrzeughersteller den Einsatz von Schmierstoffen der Viskositätsklasse SAE 0W-20 zugelassen haben.diwiTOTALSpritsparen im FokusTotal reagiert mit seinen Produkten unter anderem auf die Erhöhung von biogenen Komponenten in Kraftstoffen sowie die Euro-6-Norm für Pkw. Biokomponenten enthalten höhere Säureanteile. Außerdem entsteht bei der Verbrennung mehr Ruß, den das Öl "abfangen" muss, um Verschlammungen zu verhindern. Neue Werkstoffe im Motor stellen zudem höhere Ansprüche an Basisöle und Additive. Neue Abgasnachbehandlungssysteme im Pkw funktionieren mit besonderen Additivpaketen im Motorenöl optimal. diwiSHELLÖle aus ErdgasDie Produktlinien des niederländischen Produzenten umschließen ein Basisportfolio für die gängigen Automobilmarken. Diese Produktreihe wird ergänzt durch die ECT Reihe (Emission Compatible Technology), die für Fahrzeuge mit Dieselpartikelfilter optimiert ist. Die ECT Reihe ist laut Shell maßgeschneidert für die Bedürfnisse der freien Werkstätten und Mehrmarkenbetriebe, da diese Produkte eine Vielzahl von namentlichen Herstellerfreigaben enthalten. Dies verringert die Lagerflächenbindung einer Werkstatt sowie die Kapitalbindung. Darüber hinaus bietet Shell eine Professional Produktreihe an, die aufgrund ihrer Einzelfreigaben hauptsächlich in Autohäusern zum Einsatz kommt.diwiPETRONASSupercool mit Formel-1-TechnikFür die hohen Anforderungen in modernen Motoren hat Petronas Öl "Petronas Syntium CoolTech" entwickelt. Die Wurzeln des Schmierstoffs liegen in der Formel 1. Als Ausrüster des Mercedes Team AMG Petronas Formula One haben die Ingenieure von Petronas eine neue Ölstruktur entwickelt, die jetzt auch dem normalen Autofahrer zur Verfügung steht. Selbst bei Extrembedingungen bleibt die Schmierung des Motors erhalten.diwiLIQUI MOLYParallele EntwicklungDer Ulmer Ölspezialist konzentriert sich bei der Entwicklung von Produkten sowohl auf die klassischen Diesel- und Ottomotoren als auch auf Hybridtechnologien. Hybridfahrzeuge stellen andere Anforderungen an das Öl: Neue Materialien und andere Motorenanforderungen fordern anders komponierte Additivpakete; beispielsweise für permanent auf einer Drehzahl laufende Hybridmotoren. Beim Verbrennungsmotor werden 5W-30-Schmierstoffe mit niedriger Viskosität immer wichtiger. diwiCASTROLMit TitanenkraftCastrol bietet für freie Werkstätten ein breites Motorenölsortiment an, außerdem ein vielfältiges Programm zur Marketingunterstützung mit Werbemittelpaketen und Verkaufsfördermaßnahmen. Die drei Produktlinien im Bereich Pkw-Motorenöle werden unter den Namen Castrol Edge, Castrol Magnatec und Castrol GTX vermarktet. Castrol verweist auf die wachsende Bedeutung leistungsstarker Additiv-Zusätze. Jüngstes Beispiel ist das Motorenöl Castrol Edge mit Titanium FST. Unter dem Namen "Titanium FST" vermarktet der Hersteller eine neue Formulierung, mit der die Reibung im Motor noch mal um 15 Prozent verringert werden kann. Durch Zusatz des chemischen Elements Titan wird der Schmierfilm zwischen den Metallteilen verstärkt, was auch bei extremer Beanspruchung das Reißen des Ölfilms verhindert. Für Anfang nächsten Jahres hat Castrol zwei neue Produkte angekündigt: Castrol Edge 5W-30 C3 und Castrol Edge 5W-30 LL. Beide Hochleistungsöle stärken den besonders gefragten Bereich der 5W-30-Öle und decken zusammen eine Vielzahl von Herstellerfreigaben ab.Zuletzt hat Castrol mit der Vorstellung der Ölpatrone "Nexcel" auf sich aufmerksam gemacht. Mit der batteriegroßen Ölzelle soll das Prinzip, das mit Tintenkartuschen bei Druckern bestens funktioniert, auf den Motor übertragen werden - sofern die Autohersteller mitspielen. Das Öl wird nicht mehr einfach in den Motor gekippt, sondern befindet sich in einer kompakten Ölkartusche, die den Ölfilter und die Verbindung zur Steuerelektronik enthält. Die Zelle lässt sich bei Bedarf wie eine Batterie austauschen.diwiMOTULSynthetischDer französische Schmierstoffproduzent Motul besitzt nach eigenen Angaben sämtliche bestehenden und aktuellen Freigaben der Fahrzeughersteller. Zu den Bestsellern zählen Longlife-Öle wie Motul Specific 504 00 507 00 5W-30, Motul 8100 X-clean+ 5W-30, Motul 8100 X-clean 5W-40 oder Motul 8100 X-clean FE 5W-30. Der Absatz professioneller Pkw-Schmierstoffe wird nach Einschätzung des Ölherstellers auch künftig stabil bleiben. Der Verbrennungsmotor werde den Markt bis auf Weiteres dominieren. Bei Pkw-Motorenölen sieht Motul eine klare Verschiebung in Richtung vollsynthetischer Ultraleichtlauföle. diwi.FUCHSSpezial-ÖlDer Schmierstoff-Entwickler Fuchs hat das Hochleistungsöl Titan GT1 PRO V SAE 0W-20 vorgestellt. Es wurde speziell für den Einsatz in der neuen Volvo VEA (Volvo Engine Architecture) Motorengeneration entwickelt und freigegeben. Das Öl ist für Volvo Benzin- und Dieselmotoren geeignet, welche die Spezifikation Volvo VCC RBS0-2AE 0W-20 benötigen. Hintergrund: Die speziellen Aggregate der VEA Motorengeneration dürfen ausschließlich mit der neuen Füllvorschrift Volvo VCC RBS0-2AE 0W-20 befüllt werden.diwi
- Ausgabe 11/2015 Seite 12 (1.5 MB, PDF)